Achtung: Erleichterte Darlegung einer Benachteiligung bei schwerbehinderten Stellenbewerbern

Besteht eine Vermutung der Benachteiligung schwerbehinderter Stellenbewerber, trägt der („potentielle“) Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz im Rahmen des Auswahl- und Stellenbesetzungsverfahrens durch die Ablehnung nicht verletzt worden ist. Der Arbeitgeber muss grundsätzlich die Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung des Bewerbers geführt…

Job-Absage mangels „flinker Frauenhände“ – ein Fall für das AGG?

Absagen in Bewerbungsverfahren sind heute oft standardisiert. Das hat gute Gründe. Denn unbedachte Formulierungen können teuer werden. Anschaulich zeigt dies eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg: Das LAG urteilte über die Frage, ob die Absage gegenüber einem männlichen Bewerber mit dem Hinweis, die Tätigkeit sei „eher etwas für flinke Frauenhände“, eine Benachteiligung wegen des Geschlechts darstellen kann. Der Fall Die Beklagte stellt Modellfahrzeuge im Maßstab 1:87…

Equal Pay – wenn Verhandlungsgeschick nicht genügt (Video)

Das Thema Entgeltgerechtigkeit ist in Unternehmen bereits von hoher Bedeutung und wird nach der jüngsten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 16. Februar 2023 – 8 AZR 450/21, Pressemitteilung des BAG) weiter an Fahrt aufnehmen. Das Bundesarbeitsgericht bestätigt darin zunächst eine frühere Entscheidung aus dem Jahr 2021 (Urteil vom 21. Januar 2021 – 8 AZR 488/19), wonach bereits eine unterschiedliche Vergütung zwischen weiblichen und männlichen Kollegen…

Wenig Aufwand, hoher Gewinn: AGG-Entschädigung bei Bewerbung über Chatfunktion

Kommt es im Rahmen eines Bewerbungsprozesses zu einer Diskriminierung, sind grundsätzlich Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche aus dem AGG möglich. Voraussetzung dafür ist der „Bewerberstatus“. Doch wie wird man eigentlich zum „Bewerber“? Reicht dazu eine einfache Nachricht oder müssen dem (potenziellen) Arbeitgeber auch prüffähige Bewerbungsunterlagen übermittelt werden? Zu dieser Frage entschied das LAG Schleswig-Holstein kürzlich im Fall einer Bewerbung über eBay-Kleinanzeigen. Durch das AGG sollen Beschäftigte im…

AGG-Verstoß bei fehlender Zustimmung des Integrationsamtes?

Soll ein schwerbehinderter Arbeitnehmer gekündigt werden, bedarf die Kündigung der Zustimmung des Integrationsamtes. Eine Kündigung ohne Zustimmung ist nichtig. Zusätzlich können auf den Arbeitgeber Entschädigungszahlungen nach dem AGG zukommen. Worauf bei Kündigungen von schwerbehinderten Arbeitnehmern zu achten ist, erläutert dieser Beitrag. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wann eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers „offenkundig“ ist und ob diesem eine Entschädigung nach § 15…

Umsetzung der „Work-Life-Balance-Richtlinie“ – was kommt auf Unternehmen zu?

Bis zum 2. August 2022 muss der Gesetzgeber die sog. „Work-Life-Balance-Richtlinie“ umsetzen. Mit Spannung wurde erwartet, ob auch in Deutschland der „Vaterschaftsurlaub“ möglich wird. Schnell wird aber klar: Der „große Wurf“ bleibt vorerst aus. Welche Änderungen dennoch bereits ab dem 2. August auf Unternehmen zukommen, soll der folgende Beitrag zeigen. Im Jahr 2021 haben rund 1,9 Millionen Frauen und Männer Elterngeld erhalten. Der Männeranteil beim…

EuGH: Erhöhtes Kündigungsschutzniveau für schwerbehinderte Menschen?

Innerhalb der ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses besteht auch für schwerbehinderte Arbeitnehmer:innen kein besonderer Kündigungsschutz. An eine Kündigung innerhalb dieser Zeit sind damit grundsätzlich keine besonderen Anforderungen geknüpft. Das könnte sich jetzt ändern: In einer aktuellen Entscheidung zur Kündigung eines Gleisarbeiters hat der EuGH (Urt. v. 10.02.2022 in der Rechtssache C-485/20 HR Rail) festgestellt, dass die Kündigung von Arbeitnehmer:innen mit Schwerbehinderung auch während der „Probezeit“…

#outinchurch – Der Anfang vom Ende des bisherigen Kirchenarbeitsrechts?

Mehr als 100 Mitarbeiter der katholischen Kirche haben sich vergangene Woche unter dem Hashtag #OutInChurch als queer geoutet. Folgt jetzt eine Reform des Kirchenarbeitsrechts? Das bislang größte Coming Out in der Geschichte der katholischen Kirche dürfte die Debatte maßgeblich prägen. Die Kirche wird nicht länger ungehindert an ihren bisherigen Maßstäben festhalten können: Die eigene sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität dürfen keinen Kündigungsgrund darstellen. Dieser…

Keine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch Überstundenreglung des TVÖD-K

Kollektivrechtliche Regelungen sehen teilweise unterschiedliche Regelungen für Voll- und Teilzeitbeschäftigte vor – gerade zu Überstunden. Werden Teilzeitbeschäftigte durch eine solche Regelung diskriminiert? Nein, entschied das Bundesarbeitsgericht. Wir stellen die Entscheidung vor. Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser TVöD-K sieht für das Entstehen, den Ausgleich und die Vergütung von Überstunden unterschiedliche Regelungen für Voll- und Teilzeitbeschäftigte vor. Teilzeitbeschäftigte erhalten danach erst dann…

Diskriminierungsrecht: Vorsicht bei Kinderzuschlägen in Sozialplänen und Freiwilligenprogrammen

Wenn ein Arbeitsplatz abgebaut werden muss, gibt es meist Zuschläge für diejenigen, die durch den Wegfall besonders betroffen sind. Das Kriterium „Lohnsteuerabszugsmerkmal Kinderfreibetrag“ ist nun kürzlich von einem Gericht als mittelbar diskriminierend gegenüber Frauen eingestuft worden. Was sich dadurch ändert, zeigt dieser Blogbeitrag. Häufig werden in Sozialplänen und Freiwilligenprogrammen zusätzlich zur Grundabfindung noch Zuschläge für Mitarbeiter vereinbart, die besonders durch den Wegfall des Arbeitsplatzes betroffen…