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Fit für 2024 – Wichtige Änderungen für Arbeitgeber

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Zum 1. Januar 2024 gab es wieder eine Reihe wichtiger Änderungen für Arbeitgeber. Wir geben einen Überblick über bereits in Kraft getretene Neuerungen und geben auch einen Ausblick auf anstehende und geplante Gesetzesänderungen in 2024.

Gesetzesänderungen – Was steht fest?

1. Erhöhung des Mindestlohns, der Mindestausbildungsvergütung (MAV) sowie der Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt seit dem 1. Januar 2024 nicht mehr EUR 12,00, sondern EUR 12,41 je tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde. Zum 1. Januar 2025 steigt der Mindestlohn auf EUR 12,82.

Auch die MAV für nicht-tarifgebundene Azubis (§ 17 BBiG) steigt auf EUR 649,00 im 1. Ausbildungsjahr; auf EUR 766,00 im 2. Ausbildungsjahr; auf EUR 876,00 im 3. Ausbildungsjahr und auf EUR 909,00 im 4. Ausbildungsjahr.

Zeitgleich mit der Erhöhung des Mindestlohns wurde auch die Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs auf EUR 538 pro Monat angehoben.

2. Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen und Anhebung der Ausgleichsabgabe

Auch die Beitragsbemessungsgrenzen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung werden angehoben. So steigt die Beitragsbemessungsgrenze für die Kranken- und Pflegeversicherung auf jährlich EUR 62.100 bzw. EUR 5.175 monatlich. Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt in den neuen Bundesländern auf EUR 89.400 jährlich, bzw. EUR 7.450 monatlich und in den alten Bundesländern auf EUR 90.600 jährlich bzw. EUR 7.550 monatlich.

Die Ausgleichabgabe für schwerbehinderte Arbeitnehmer* (§ 160 SGB IX) erfuhr eine deutliche Erhöhung von EUR 320 auf EUR 720 pro Arbeitsplatz und Monat.

Gesetzliche Neuerungen in 2024 – Was steht fest?

1. Ablauf der Umsetzungsfrist des HinSchG

Die Übergangsfrist für die Einrichtung einer internen Meldestelle nach dem HinSchG für Arbeitgeber, die mindestens 50 Arbeitnehmer beschäftigen, ist am 17. Dezember 2023 abgelaufen. Ist eine solche interne Meldestelle bei einem Arbeitgeber mit mindestens 50 Arbeitnehmern nicht eingerichtet, drohen Bußgelder bis zu einer Höhe von EUR 20.000. Zu den Anforderungen des HinSchG siehe Blogbeitrag Maximilian Melles 29. Juni 2023.

2. Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung

So wie bereits zu Pandemiezeiten und gedacht für leichte Infekte, haben Arbeitnehmer seit dem 07. Dezember 2023 die Möglichkeit, sich für die Dauer von maximal fünf Kalendertagen, telefonisch von ihrem Arzt krankschreiben zu lassen. Die Möglichkeit besteht anders als zu Pandemiezeiten nicht nur bei Atemwegserkrankungen, sondern auch für andere Krankheiten, allerdings nur, wenn keine schweren Symptome auftreten und der Erkrankte der Arztpraxis bereits bekannt ist.

3. Neuerungen beim Kinderkrankengeld

Jeder Elternteil kann für jedes gesetzlich versicherte Kind unter 12 Jahren, bis zu 15 Tage pro Jahr (zuvor 10 Tage) Kinderkrankengeld beziehen. Die Corona-Sonderregelung, wonach bis zu 30 Arbeitstage möglich waren, sind zum 31. Dezember 2023 ausgelaufen. Die Höhe des Kinderkrankengeldes bleibt unverändert.

4. Neues Meldeverfahren für Elternzeiten

Seit dem 1. Januar 2024 hat der Arbeitgeber der Krankenkasse den Beginn sowie das Ende der Elternzeit unverzüglich mitzuteilen. Zuvor bestand lediglich die Pflicht einer „Unterbrechungsanzeige“.

5. Auslaufen der Inflationsausgleichprämie

Arbeitgeber können noch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 die steuer- und sozialabgabenfreie Inflationsausgleichsprämie (IAP) bis zu einer Höhe von maximal EUR 3.000 nach § 3 Nr. 11c EStG leisten.

6. Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes

Seit 18. November 2023 tritt das FachkrEG schrittweise in Kraft. Fachkräften mit Berufsausbildung und Fachkräften mit akademischer Ausbildung wird durch die „neue blaue Karte EU“ erleichtert, eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu bekommen. Zusätzlich treten ab März bzw. Juni 2024 weitere Regelungen, unter anderem zur Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen sowie die Einführung einer „Chancenkarte“ in Kraft. Einzelheiten hierzu finden Sie im Blogbeitrag von Dr. Anna Lohmann vom 27. Juni 2023.

7. Erweiterung des Anwendungsbereichs des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Das LkSG findet seit dem 1. Januar 2024 Anwendung auf Unternehmen, die in der Regel mindestens 1.000 Mitarbeiter beschäftigen (2023 lag der Schwellenwert bei 3.000 Mitarbeitern). Bei Verstößen gegen das LkSG drohen Geldbußen von bis zu EUR 800.000. Ein Überblick über das Risikomanagement im LkSG behandelt der Blogbeitrag von Dr. Anne-Kathrin Bertke vom 1. November 2023.

Ausblick auf anstehende Gesetzesvorhaben 2024 – Was ist zu erwarten?

1. Reform des Arbeitszeitgesetzes

Seit dem wegweisenden Beschluss des BAG vom 13. September 2022 zur Arbeitszeiterfassung (1 ABR 22/21), beschäftigt sich das BMAS mit der Reform des ArbZG. Bisher liegt nur ein Referentenentwurf vom April 2023 vor. Mit einer Änderung des Gesetzes dürfte daher nicht mehr im 1. Quartal 2024 zu rechnen sein. Die BAG-Entscheidung und Auswirkungen auf die Praxis erörtert Cornelius Ziegler im Blogbeitrag vom 7. Juni 2023.

2. Neuregelung zur Betriebsratsvergütung

Das „VW-Urteil“ des BGH zur Untreuestrafbarkeit bei überhöhter Betriebsratsvergütung hat nicht nur in vielen Unternehmen für Verunsicherung gesorgt, sondern auch den Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Der Gesetzesvorschlag sieht Folgendes vor: Zum einen soll § 37 Absatz 4 BetrVG – die betriebsverfassungsrechtliche Grundnorm zur Entgeltsicherung von Betriebsratsmitgliedern – erweitert werden. Zum anderen wird eine Konkretisierung des allgemeinen Benachteiligungs- und Begünstigungsverbots in § 78 BetrVG vorgeschlagen. Das Ehrenamtsprinzip als zentrales Element zur Sicherung der Unabhängigkeit des Betriebsrats soll hingegen nicht angetastet werden. Der Regierungsgesetzesentwurf vom 1. November 2023 wurde verabschiedet und wird nun an Bundestag und Bundesrat geleitet. Das VW-Urteil erläutert Jan L. Teusch im Blogbeitrag vom 20. März 2023 und die geplanten Gesetzesänderungen der Betriebsratsvergütung im Blogbeitrag vom 17. Oktober 2023.

3. Einführung Beschäftigtendatenschutzgesetz

Das Beschäftigtendatenschutzgesetz des BMAS war bereits für 2023 angekündigt, ist aber bisher nicht mehr als ein Eckpunktepapier. Mit dem Gesetz soll im Wesentlichen die Überwachung und Kontrolle von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz sowie Datenverarbeitung und -transfers im Konzern geregelt werden. Ob und wann in 2024 mit einem Gesetzesentwurf gerechnet werden kann, ist bisher nicht absehbar. Ein Update zum Beschäftigtendatenschutz gibt unser Blogbeitrag vom 4. April 2023.

4. Einführung Bundes-Tariftreuegesetz

Mit dem BTTG-E verfolgt das BMAS das Ziel, öffentliche Aufträge des Bundes ab ca. EUR 10.000 nur an Unternehmen zu vergeben, welche die vom BMAS festgelegten Arbeitsbedingungen der einschlägigen Tarifverträge einhalten. Der bisherige Referentenentwurf vom Mai 2023 wird heftig debattiert, unter anderem dessen EU-Rechts-Konformität. Das Gesetz sollte 2023 auf den Weg gebracht werden. Ein Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor.

5. Einführung Bürokratieentlastungsgesetz

Zum Abbau bürokratischer Hürden soll noch 2024 das BEG IV verabschiedet werden. Das Eckpunktepapier vom Oktober 2023 sieht besonders praxisrelevante Änderungen, u.a. BGB, NachwG und ArbZG, vor. Insbesondere soll die Verpflichtung zum Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen für die meisten Branchen entfallen, wenn und soweit der Arbeitsvertrag bereits in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde.

6. Einführung Familienstartzeitgesetz

Mit dem FamilienstartzeitG, zu dem aktuell ein Referentenentwurf des BMFSFJ von März 2023 vorliegt, soll die EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158) umgesetzt werden und die Vereinbarkeit von Job und Familie gefördert werden. So soll zukünftig für beschäftigte Partner ein Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Dauer von zehn Arbeitstagen nach der Geburt eines Kindes bestehen. Entgegen der ursprünglichen Planung ist das Gesetz nicht zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten, sondern hängt in der Ressortabstimmung und auch die Finanzierung der Freistellung muss geklärt werden.

7. Aktualisierung der europäischen Betriebsratsrichtlinie

Kein Update gibt es zur diskutierten Änderung der EU-Richtlinie über europäische Betriebsräte (2009/38/EG). Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben wurde bisher noch nicht eingeleitet, sodass in absehbarer Zeit nicht mit einer Änderung zu rechnen ist.

Gerne beraten wir Sie persönlich zu den genannten Themen.

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

Erstellt mit freundlicher Unterstützung der Rechtsreferendare Felix Harrieder und Alexander Wicht.

Miriam Siemen


Rechtsanwältin
Associate
Miriam Siemen berät nationale und internationale Unternehmen in allen Angelegenheiten des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der Ausgestaltung und Beendigung von Arbeits- und Dienstverhältnissen. Sie begleitet Restrukturierungsprozesse und berät Mandant in Kündigungsstreitigkeiten und im Bereich des Betriebsverfassungsrechts. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe „Whistleblowing und Compliance.“
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