Sich auf Kosten des Arbeitgebers fortbilden lassen und dann kündigen – das kann teuer für den Arbeitgeber werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber die Fortbildungskosten jedoch zurückverlangen –vorausgesetzt die Rückzahlungsklausel ist wirksam. Trotz zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen zu den Grenzen vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten von Rückzahlungsklauseln, treten in der Praxis immer wieder Probleme auf. In einer neueren Entscheidung hat das LAG Hamm (Urt. v. 11.10.2019 – 1 Sa 503/19) zum wiederholten Mal einen Rückzahlungsanspruch wegen einer unwirksamen Rückzahlungsklausel abgelehnt. Der Rückzahlungsanspruch knüpfte u.a. an eine Kündigung „auf Wunsch“ des Mitarbeiters an.
Worum ging es?
Die Klägerin schloss 2016 mit dem Beklagten einen Fortbildungsvertrag ab, in dem sich die Klägerin zur Übernahme der Ausbildungskosten bei Fortzahlung der Vergütung verpflichtete.
Der Fortbildungsvertrag legte fest, dass es der Klägerin möglich sein sollte, die Rückzahlung dieser Kosten u.a. verlangen zu dürfen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Beendigung der Fortbildung „auf Wunsch“ des Mitarbeiters beendet wird. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zu dem Monat, in dem er die Ausbildung erfolgreich abschloss.
Daraufhin forderte die Klägerin insgesamt 13.628,15 € Kosten zurück, die ihm im Zuge der Fortbildung des Beklagten entstanden seien. Der Beklagte verweigerte die Zahlung, woraufhin die Klägerin zunächst vor dem ArbG Herne klagte.
Sowohl erst- als auch zweitinstanzlich wurde ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin verneint und die Klage abgewiesen.
Die Entscheidung
Das LAG Hamm und die Vorinstanz lehnten einen Rückzahlungsanspruch ab, da die Rückzahlungsklausel des Fortbildungsvertrages den Beklagten unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei.
Anders als von der Klägerin behauptet, sei die Kündigung „auf Wunsch“ des Arbeitnehmers nicht so auszulegen, als dass davon nur eine Eigenkündigung „aus freien Stücken“ und gerade ohne Einflussnahme der Klägerin umfasst sei. Vielmehr müsse man die Formulierung so verstehen, dass unterschiedslos jede Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung umfasst sei. In der Folge dürfe auch bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers auf Grund von Pflichtverletzungen des Arbeitgebers Rückzahlung der Fortbildungskosten verlangt werden. Dass in solchen Fällen eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, hatte das BAG bereits 2018 entschieden (Urt. v. 11.12.2018 – 9 AZR 383/18). Dem Arbeitnehmer werde mit einer solchen Klausel die Möglichkeit genommen, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen.
Schließlich hat das LAG Hamm auch die Klausel für insgesamt unwirksam erklärt. Eine geltungserhaltende Reduktion mit dem Inhalt, die Rückforderung greife nur bei einer Eigenkündigung aus Gründen, die dem Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers entstammen, komme bei allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich nicht in Betracht.
Praxishinweis
Über einige Stolpersteine bei der Formulierung von Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten haben wir bereits Anfang und Ende 2018 berichtet. Damit die Rückzahlung von Fortbildungskosten im Falle einer Kündigung tatsächlich verlangt werden kann, muss stets die aktuelle Rechtsprechung im Auge behalten werden. Die Gefahr einer unwirksamen Klausel ist angesichts der arbeitnehmerfreundlichen Rechtsprechung hoch – genau wie das Kostenrisiko, wenn die Rückzahlungsklausel nicht greift und die Investition in die Fortbildung des Mitarbeiters bei einer zeitnahen Kündigung verloren geht. In jedem Fall sollte diese Entscheidung Anlass zur Überprüfung bieten, ob die zu verwendende Rückzahlungsklausel die Rückzahlungspflicht an Eigenkündigungen aus dem Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers knüpft. Unklare und zu weite Formulierungen können die ganze Klausel „kippen“, wie das LAG Hamm erneut aufgezeigt hat.