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Allgemein Kündigung, personenbedingt Sonderkündigungsschutz

Achtung Sonderkündigungsschutz: der Gewässerschutzbeauftragte

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Beim Thema Sonderkündigungsschutz sind die „Klassiker“ – Betriebsratsmitglieder, Schwangere oder Schwerbehinderte – wohl jedem hinlänglich bekannt. Daneben genießen auch einige Sonderbeauftragte im Betrieb besonderen Kündigungsschutz. Den Abfallbeauftragten haben wir bereits in unserem Beitrag vom 7. März 2019 vorgestellt. Dieser Beitrag soll einen weiteren Betriebsbeauftragten beleuchten: den Gewässerschutzbeauftragten. Sie fragen sich zu Recht: Was die Aufgaben eines Gewässerschutzbeauftragten und in welchen Fällen ist er zu bestellen? Und unter welchen Voraussetzungen kann das Arbeitsverhältnis eines Gewässerschutzbeauftragten beendet werden?

Verpflichtung zur Bestellung eines Gewässerschutzbeauftragten

Der Gewässerschutzbeauftragte schützt unsere wertvollste Ressource – Wasser. Die Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten ergeben sich aus § 65 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). In erster Linie berät der Gewässerschutzbeauftragte das Unternehmen in allen Angelegenheiten, die für den Gewässerschutz bedeutsam sein können. Nach § 64 Abs. 1 WHG sind Unternehmen, die 750 m³ oder mehr Abwasser pro Tag einleiten dürfen, verpflichtet, einen Gewässerschutzbeauftragten zu bestellen. Werden weniger als 750 m³ Abwasser produziert, kann die zuständige Behörde die Bestellung eines Gewässerschutzbeauftragten anordnen (§ 64 Abs. 2 WHG). Auf das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber als Gewässerbenutzer und dem Gewässerschutzbeauftragten finden gemäß § 66 WHG die §§ 55 bis 58 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) entsprechende Anwendung.

Vor der Bestellung des Gewässerschutzbeauftragten ist der Betriebsrat über die übertragenen Aufgaben zu unterrichten (§ 66 WHG i. V. m. § 55 Abs. 1, 1a BImSchG). Praktisch erfolgt die Bestellung des Gewässerschutzbeauftragten durch eine privatrechtliche, der Schriftform bedürftige Willenserklärung des Anlagenbetreibers und ist in einer Bestellungsurkunde oder auch im schriftlichen Arbeitsvertrag niederzulegen (§ 66 WHG i. V. m. § 55 Abs. 1 Satz 1 BImSchG). In der Bestellungsurkunde sind die dem Beauftragten obliegenden Aufgaben genau zu bezeichnen. Die Bestellungsurkunde ist vom Anlagenbetreiber zu unterzeichnen und dem Beauftragten auszuhändigen oder auf andere Weise zuleiten (vgl. BAG v. 26.3.2009 – 2 AZR 633/07). Nach erfolgter Bestellung ist die zuständige Behörde hierüber zu informieren.

Sonderkündigungsschutz des Gewässerschutzbeauftragten

Nach seiner Bestellung genießt der Gewässerschutzbeauftragte Sonderkündigungsschutz (§ 66 WHG i. V. m. § 58 Abs. 2 BImSchG). Während der Amtszeit als Gewässerschutzbeauftragter ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen. Weiterhin zulässig bleibt der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, welche jedoch das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt (§ 626 Abs. 1 BGB). Nach seiner Abberufung genießt der ehemalige Gewässerschutzbeauftragte nachwirkenden Kündigungsschutz für die Dauer eines Jahres (§ 66 WHG i. V. m. § 58 Abs. 2 BImSchG). Die ordentliche Kündigung eines Gewässerschutzbeauftragten unter Einhaltung der jeweils einschlägigen Kündigungsfrist ist somit erst nach Ablauf eines Jahres seit seiner Abberufung möglich.

Vom Arbeitsverhältnis abzugrenzen ist die Amtsstellung als Gewässerschutzbeauftragter: Das Amt als Gewässerschutzbeauftragter wird nur durch das Verbot der Benachteiligung wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben geschützt (§ 66 WHG i. V. m. § 58 Abs. 1 BImSchG). Die Abberufung als Gewässerschutzbeauftragter ist jederzeit bei Vorliegen sachlicher Gründe gerechtfertigt, sofern sie in Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Abs. 1 GewO im Rahmen billigen Ermessens erfolgt (vgl. LAG Düsseldorf v. 29.09.2009 – 6 Sa 492/09). Sachliche Gründe können etwa vorliegen, wenn der Beschäftigungsbedarf für die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit des Beauftragten entfallen ist und die Abberufung erfolgt, weil das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen beendet werden soll (vgl. LAG Hamm v. 9.2.2012 – 16 Sa 1195/11). Sowohl bei der Abberufung als auch beim späteren Ausspruch einer Kündigung ist vorab der Betriebsrat anzuhören (§ 66 WHG i. V. m. § 55 Abs. 1a Satz 2 BImSchG).

Handlungsempfehlung

Insbesondere bei Restrukturierungen hat das Thema Sonderkündigungsschutz einen hohen Stellenwert. Dabei sollten Arbeitgeber neben den „alten Bekannten“ (Betriebsratsmitglieder, Schwangere oder Schwerbehinderte) auch den Sonderkündigungsschutz von Betriebsbeauftragten wie dem Gewässerschutzbeauftragten im Blick haben. Aufgrund des nachwirkenden Sonderkündigungsschutzes für ein Jahr nach der Abberufung muss seitens des Arbeitgebers schnell gehandelt werden. Die Abberufung des Gewässerschutzbeauftragten bei Wegfall seines regulären Arbeitsplatzes ist in der Regel zulässig. Mit der Abberufung beginnt die einjährige Frist des nachwirkenden Sonderkündigungsschutzes zu laufen. Danach ist auch die ordentliche Kündigung des ehemaligen Gewässerschutzbeauftragten wieder möglich. Bei Restrukturierungen sollten daher bereits in einem frühen Stadium mögliche Optionen zur Abberufung und Kündigung eines Gewässerschutzbeauftragten geprüft werden.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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