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Individualarbeitsrecht Mutterschutz / Elternzeit Neueste Beiträge

EuGH rügt zu kurze Fristen zur Klageerhebung für Schwangere

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Schwangere Arbeitnehmerinnen haben besonderen Kündigungsschutz. Ihre Kündigung ist nach § 17 MuSchG nur zulässig, wenn sie von der zuständigen Behörde auf Antrag des Arbeitgebers ausnahmsweise für zulässig erklärt worden ist.  In einem kürzlich ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (C-284/23) ging es um die gerichtliche Geltendmachung des Kündigungsschutzes, wenn eine schwangere Arbeitnehmerin erst nach ihrer Kündigung von der Schwangerschaft erfährt. Die Drei-Wochen-Frist, die es bei einer Kündigungsschutzklage einzuhalten gilt, ist dann oft bereits verstrichen. Der Schwangeren stehen dann nur zwei Wochen zur Verfügung, um einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage nach § 5 KSchG zu stellen und so doch noch gegen die Kündigung vorzugehen. 

Ausgangspunkt und Entscheidungsgründe des EuGH

Im konkreten Fall hatte eine schwangere Pflegerin erst nach Erhalt der Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfahren. Die dreiwöchige Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG war bereits abgelaufen. In diesem Fall kommt eine nachträgliche Zulassung der Klage nach § 5 KSchG in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses gestellt werden. Auch diese Frist hatte die klagende Arbeitnehmerin allerdings versäumt. Hätte sie bereits bei der Kündigung von ihrer Schwangerschaft gewusst, hätte sie eine Frist von drei Wochen gehabt.

Das Arbeitsgericht Mainz, das die verspätete Klage eigentlich hätte abweisen müssen, hatte indes Bedenken, ob diese kurze Frist nicht gegen europäisches Recht verstoße und rief den EuGH an. Der EuGH kritisierte tatsächlich die zweiwöchige Frist und argumentierte, dass die diese nicht ausreichend sei, um eine fundierte Klage vorzubereiten und rechtlichen Beistand zu suchen. Diese Regelung benachteilige schwangere Frauen unverhältnismäßig und erschwere es ihnen, ihre Rechte effektiv zu verteidigen. Dem EuGH zufolge verstößt diese Fristenregelung gegen die Mutterschutz-Richtlinie. Sie untergrabe den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Letztlich ist es nach Ansicht des EuGH Sache des Arbeitsgerichts zu prüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.

Änderung der Rechtslage?

Es ist unwahrscheinlich, dass sich aufgrund der Entscheidung des EuGH etwas an der geltenden Rechtslage ändert. Am Ende, das machte der EuGH auch deutlich, muss das Arbeitsgericht im Einzelfall entscheiden, ob die Frist mit zwei Wochen zu kurz war oder ist, um gegen eine etwaige Kündigung in der Schwangerschaft vorzugehen.

Das dürfte nicht der Fall sein, wenn versäumt wird, unverzüglich einen Rechtsbeistand zu kontaktieren o.ä. Man wird aber künftig eine richtlinienkonforme Auslegung erwägen müssen.

Auswirkungen der Entscheidung für Arbeitgeber

Doch selbst eine richtlinienkonforme Auslegung wird für Arbeitgeber keine allzu großen praktischen Auswirkungen haben. Denn es geht dabei nicht um die Frage, ob eine Schwangere gekündigt werden durfte oder nicht, sondern vielmehr darum, wie lange sie das geltend machen kann. Sinn und Zweck der Frist des § 4 S. 1 KSchG soll den Arbeitsvertragsparteien zeitnah Rechtssicherheit geben. § 5 KSchG verlagert dieses Risiko, das aber bereits nach jetziger Rechtslage besteht, nach hinten. Insofern ändert sich nicht viel daran, außer dass ggf. hier anstatt der zwei im Gesetz angegebenen Wochen auch im Einzelfall mal eine längere Frist als ausreichend angesehen werden könnte.

Arbeitgeber müssen also damit rechnen, dass eine etwaige Rechtssicherheit erst später eintritt. Dessen sollten sie sich bewusst sein und ihre Personalabteilungen auch entsprechend über diese Möglichkeit nach dieser Entscheidung informieren, damit diese in einem Fall, in dem – vielleicht auch plötzlich – von einer Schwangerschaft die Rede ist, daran denken. In jedem Fall ist ratsam, eine sorgfältige Dokumentation aller relevanten Entscheidungen und Umstände rund um eine Kündigung sicherzustellen.

Ein proaktiver Ansatz könnte auch beinhalten, schwangere Mitarbeiterinnen besser zu unterstützen und frühzeitig mit ihnen über ihre Situation zu sprechen, um Missverständnisse und mögliche rechtliche Konflikte bis zum Rechtsstreit zu vermeiden.

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