Über die Wirksamkeitsanforderungen von Fortbildungsvereinbarungen, die eine Rückzahlungsverpflichtung für Arbeitnehmer im Falle ihres vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis enthalten, haben wir auf diesem Blog bereits berichtet. Das LAG Hamm hatte kürzlich über die Wirksamkeit einer Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten bei einer personenbedingter Eigenkündigung des Arbeitnehmers zu entscheiden (LAG Hamm v. 18.5.2018 – 1 Sa 49/18). Diese praxisrelevante Konstellation war bislang noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung.
Worum ging es?
Der Beklagte war bei der Klägerin ab dem 15.8.2016 als Verkehrspilot für einen bestimmten Flugzeugtyp beschäftigt. Er nahm zu Beginn des Arbeitsverhältnisses an einer gesetzlich vorgeschriebenen jährlichen Fortbildung teil. In der hierzu als Nebenabrede (AGB) zum Arbeitsvertrag geschlossenen Fortbildungsvereinbarung vereinbarten die Parteien u. a., dass der Arbeitnehmer die Fortbildungskosten anteilig zurückzuzahlen habe, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von sechs Monaten aus einem nicht von der Arbeitgeberin (mit)veranlassten Grund durch den Arbeitnehmer gekündigt werde. Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der sechsmonatigen Probezeit zum 13.2.2017. Die Arbeitgeberin forderte ihn daraufhin zur Rückzahlung der Fortbildungskosten aus der Fortbildungsvereinbarung auf. Ihre Klage war in erster und zweiter Instanz erfolglos.
Risikosphäre der Beendigung
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist es u.a. unzulässig, eine Rückzahlungspflicht uneingeschränkt an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Es bedarf vielmehr einer nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenzierten Betrachtung. Eine Rückzahlungsklausel ist nur dann ausgewogen, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, der Rückzahlungsverpflichtung durch eigene Betriebstreue zu entgehen. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die demgegenüber die Rückzahlung von Fortbildungskosten in jedem Fall einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung vorsieht, ohne solche Kündigungen des Arbeitnehmers auszunehmen, die aus Gründen erfolgen, die der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen sind, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach § 307 Absatz 1 BGB unwirksam.
Keine ausreichende Unterscheidung nach Risikosphären
Vorliegend sah die Vereinbarung zwar nur dann eine Rückzahlungsverpflichtung vor, wenn die vorzeitige Vertragsbeendigung durch den Arbeitnehmer ohne Hinzutun der Arbeitgeberin erfolgte. Das LAG Hamm sah in dieser Regelung aber noch keine ausreichende Differenzierung nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens. Die Rückzahlungsklausel sehe nämlich die Verpflichtung zur Rückzahlung von Fortbildungskosten auch für den Fall einer berechtigten Eigenkündigung des Arbeitnehmers aus personenbedingten Gründen vor. Allerdings: Bei einer berechtigten personenbedingten Eigenkündigung dürfe den Arbeitnehmer nach Auffassung des LAG Hamm keine Rückzahlungspflicht treffen. Beispielsweise könne die Arbeitgeberin nach der vereinbarten Klausel auch dann die Rückzahlung fordern, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung fluguntauglich sei und deshalb das Arbeitsverhältnis durch Ausspruch einer Eigenkündigung beende. Das Risiko, dass der Arbeitnehmer aus verschuldensunabhängigen, personenbedingten Gründen das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen könne und deshalb die Ausbildungsinvestition verloren sei, sei aber alleine der Risikosphäre des Arbeitgebers zuzuweisen. Die Rückzahlungsklausel der Fortbildungsvereinbarung benachteiligte den Kläger daher nach Ansicht des LAG Hamm entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Die Klausel entfiel daher ersatzlos.
Fazit
Nach Auffassung des LAG Hamm müsste in Rückzahlungsklauseln nunmehr differenzierend geregelt werden, dass im Falle einer berechtigten personenbedingten Eigenkündigung keine Rückzahlungspflicht besteht. Bislang in der Praxis typischerweise verwandte Klauseln müssten ggf. entsprechend angepasst werden. Allerdings hat LAG Hamm wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BAG zugelassen. Es ist durchaus zweifelhaft, dass die insgesamt sehr weitgehende Auffassung des LAG Hamm vor dem BAG letztlich Bestand haben kann.