Zur Wirksamkeit von Fortbildungsvereinbarungen, die eine Rückzahlungsverpflichtung für Arbeitnehmer im Falle ihres vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis enthalten, sind in den letzten Jahren immer wieder höchstrichterliche Urteile ergangen. Diese haben zwar strenge, dafür aber recht präzise Anforderungen an die wirksame Gestaltung von Fortbildungsvereinbarungen aufgestellt. Neben der Dauer der Bindungsfristen ist besonderes Augenmerk auf Angabe und Höhe der zu erstattenden Kosten und deren ratierlicher Verringerung, auf die Bindungsdauer sowie auf die Aufnahme der Gründe für das vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers zu legen.
Grundsätzliches zur Rückzahlungsverpflichtung
Der Arbeitgeber ist daran interessiert, dass ein Arbeitnehmer die erworbenen Qualifikationen einer durch ihn finanzierten Fortbildung möglichst lange im Unternehmen einsetzt, die aufgewendeten Kosten sich also mit der Zeit amortisieren. Wird dieses Ziel nicht erreicht, kann der Arbeitgeber als Ausgleich für seine finanziellen Aufwendungen von einem sich vorzeitig vom Unternehmen abwendenden Arbeitnehmer grundsätzlich die Kosten der Fortbildung ganz oder zeitanteilig zurückverlangen (BAG, 11.04.2006 – 9 AZR 610/05). Für eine wirksame Ausgestaltung dieser Klausel müssen aber die Vorteile der Fortbildung für den Arbeitnehmer und die Dauer der Bindung an den Arbeitgeber in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Zudem handelt es sich bei Weiterbildungsvereinbarungen in aller Regel um Allgemeine Geschäftsbedingungen, sodass die Prüfung am strengen Maßstab der §§ 305 ff. BGB vorzunehmen ist.
Voraussetzung ist dabei zunächst, dass der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt. Dieser kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer nach abgeschlossener Fortbildung eine höhere Vergütung erhält, diese zum betrieblichen Aufstieg genutzt werden kann, oder dass die erworbenen Kenntnisse auch bei anderen Arbeitgebern eingesetzt werden können (BAG, 21.11.2001 – 5 AZR 158/00). Nicht möglich sind Rückzahlungsvereinbarungen also, wenn die Fortbildung ausschließlich für den Arbeitgeber von Nutzen ist – der Arbeitnehmer diese bei einem anderen Arbeitgeber also nicht verwerten kann – oder es lediglich um die Auffrischung oder Anpassung bereits vorhandener Kenntnisse am vom Arbeitgeber veranlasste oder zu vertretende neuere betriebliche Gegebenheiten geht.
Höhe der zu erstattenden Kosten
Die Höhe der Rückzahlungskosten, die der Arbeitnehmer im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens zu tragen hat, müssen vom Arbeitgeber im Rahmen des Möglichen in der Fortbildungsvereinbarung dargestellt werden (BAG, 21.08.2012 – 3 AZR 698/10), d.h. der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss wissen, was ggf. „auf ihn zukommt“. Einerseits muss hierfür die Höhe der Fortbildungskosten so genau wie möglich angegeben werden. Andererseits ist anzugeben, ob darüber hinausgehende Kosten übernommen werden und vom Arbeitnehmer im Falle des vorzeitigen Ausscheidens zu erstatten sind und wie diese zu berechnen sind, z.B. in Form einer Kilometerpauschale von Fahrtkosten oder Tagessätzen für Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Es ist auch anzugeben, für welchen konkreten Zeitraum Lohnfortzahlungskosten (bei bezahlter Freistellung) anfallen, ob die Rückzahlungsverpflichtung sich auf die Brutto- oder die Nettosumme erstreckt und ob auch die Beiträge zur Zusatzversorgung zu erstatten sind. Fehlt es an diesen Angaben, ist die gesamte Rückzahlungsklausel unwirksam.
Ratierliche Reduzierung
Zudem müssen sich die Rückzahlungskosten nach abgeschlossener Fortbildung ratierlich reduzieren, wobei als sicherster Weg die Aufnahme eines monatlichen anteiligen Abbaus der Fortbildungskosten in der Vereinbarung gewählt werden sollte, andernfalls könnte der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt sein (LAG Rheinland-Pfalz, 03.03.2015 – 8 Sa 561/14). Jedenfalls dann, wenn die Fortbildungskosten das Bruttoeinkommen des Arbeitnehmers um ein Vielfaches übersteigen, sollte keine grobe, bloß jährliche Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorgesehen werden.
Bindungsklauseln
Die Vorteile der Fortbildung und die Dauer der Bindung müssen daneben in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (BAG, 18.03.2014 – 9 AZR 545/12). Dabei wurden von der Rechtsprechung Regelwerte entwickelt, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind (BAG, Urteil v. 14.01.2009 – 3 AZR 900/07):
Fortbildungsdauer | Bindungsdauer |
bis zu 1 Monat | bis zu 6 Monaten |
bis zu 2 Monaten | bis zu 12 Monaten |
bis zu 4 Monaten | bis zu 24 Monaten |
6 bis 12 Monate | bis zu 36 Monaten |
mehr als 24 Monate | bis zu 60 Monaten |
Werden aber vom Arbeitgeber bspw. erhebliche Mittel aufgewendet und bringt die Fortbildung dem Arbeitnehmer besondere Vorteile, ließe sich ggf. auch eine längere Bindungsdauer begründen. Gleiches gilt umgekehrt bei geringem Aufwand und geringen Vorteilen. Unter „Fortbildungsdauer“ versteht man im Übrigen nur die Zeit der tatsächlichen Freistellung zur Teilnahme an den Fortbildungsmaßnahmen und nicht den gesamten Zeitraum, über den sich die Fortbildung erstreckt.
Grund des vorzeitigen Ausscheidens
Die Rückzahlungspflicht darf letztlich nicht pauschal an das Ausscheiden des Arbeitnehmers geknüpft sein (BAG, 28.05.2013 – 3 AZR 103/12). Der Grund der Beendigung muss vielmehr der Sphäre des Arbeitnehmers entstammen, denn der Arbeitnehmer muss es selbst in der Hand haben, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht zu entgehen. Es genügt insbesondere nicht, wenn nur nach einer vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung unterschieden wird – schließlich kann auch die vom Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers ausgelöst bzw. (mit-)veranlasst worden sein. In so einem Fall wäre es unbillig, den Arbeitnehmer mit den Fortbildungskosten zu belasten. Der Grund für das vorzeitige Ausscheiden muss in der Fortbildungsvereinbarung genau definiert werden.
Fazit
Arbeitnehmer werden mit steigender Lebenserwartung immer länger arbeiten. Entsprechend werden sich Berufswechsler häufen, z.B. vom Handwerks- in den Innendienst. Ein solcher Wechsel erfordert dabei die Wahrnehmung von Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen. Auch aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung in allen Bereichen dürfte von Arbeitnehmern in Zukunft noch mehr erwartet werden, dass diese sich stetig fortbilden. Der Arbeitgeber hat ebenfalls ein Interesse an der Fortbildung seiner Arbeitnehmer, ist aufgrund des Fachkräftemangels aber auch aufgefordert, diese qualifizierten Arbeitnehmer möglichst lange an sein Unternehmen zu binden. Fortbildungsvereinbarungen dürften daher auch in Zukunft für die Arbeitsvertragsparteien von erheblichem Wert sein. Die aktuelle Rechtsprechung verdeutlicht, dass es einiges zu beachten gilt, will der Arbeitgeber eine Fortbildungsvereinbarung mit wirksamer Rückzahlungsverpflichtung abschließen. Durch die erfreulich klaren Vorgaben der Gerichte sind solche in der Praxis aber – bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt – gut umsetzbar.