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Kündigung, verhaltensbedingt

Emoticons auf Facebook als Kündigungsgrund?

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Emoticon

Wieder hatte sich die arbeitsrechtliche Rechtsprechung mit sozialen Medien zu beschäftigen und wieder ging es um Äußerungen eines Arbeitnehmers auf Facebook. In einer öffentlich einsehbaren Facebook-Unterhaltung hatte der Arbeitnehmer seinen Unmut über Vorgesetzte kundgetan, sich dabei aber in seiner Wortwahl – und der Verwendung von Emoticons – vergriffen. Die Arbeitgeberin, ein Maschinenbauunternehmen, veranlasste dies zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.06.2016 – 4 Sa 5/16) allerdings gab der dagegen erhobenen Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt.


Der Fall

Ein wegen eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig erkrankter Mitarbeiter der Arbeitgeberin (M.I.) postete seine Verletzung in seiner Facebook-Chronik, woraufhin eine lebhafte Diskussion entfachte, an der sich schließlich 21 Personen beteiligten, u.a. der Kläger (L.F.) und vier weitere Mitarbeiter der beklagten Arbeitgeberin (G.L., J.N., I.T. und M.S.). Die Diskussion in der Facebook-Kommentarfunktion über die Erkrankung und den Zeitpunkt der Rückkehr des M.I. in den Betrieb der Arbeitgeberin nahm sodann den im obigen Bild ersichtlichen Verlauf.

Die verwendeten Emoticons und die dahinterstehenden Äußerungen veranlassten die Arbeitgeberin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger. Die Beleidigungen als „Fettes Schwein“ (gerichtet an einen bei der Arbeitgeberin beschäftigten Produktionsleiter) und als „Bärenkopf“ (gerichtet an einen bei der Arbeitgeberin beschäftigten Gruppenleiter) seien ehrabschneidend. Sie seien außerdem, so die Arbeitgeberin, dadurch besonders schwerwiegend, als dass der betroffene vorgesetzte Produktionsleiter korpulent sei und der Gruppenleiter aufgrund einer Knochenerkrankung besonders markante Gesichtszüge aufweise. Außerdem seien die groben Beleidigungen vollkommen anlasslos gewesen und in einer für jedermann einsehbaren, öffentlichen Facebook-Chronik erfolgt.

Das Urteil

Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten sind grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (z.B. BAG, Urteil vom 07.07.2011 – 2 AZR 355/10). Dabei kann bereits die erstmalige Ehrverletzung kündigungsrelevant sein, die Beleidigung muss allerdings stets, so die Rechtsprechung, mit einer erheblichen Verletzung verbunden sein. Dies kann dann einen gewichtigen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen.

Eine solche Pflichtverletzung durch die Beleidigung von Vorgesetzten und damit von Repräsentanten der Arbeitgeberin hatte auch, so das LAG Baden-Württemberg, der hiesige Kläger begangen. Die Bezeichnung eines Vorgesetzten als „Fettes Schwein“ unter Verwendung eines Schwein-Emoticons sei ohne Zweifel eine Beleidigung. Auch die Verwendung eines Bärenkopf-Emoticons könne dann als Beleidigung angesehen werden, wenn sich dies – wie hier – im konkreten Einzelfall auf krankheitsbedingt ausgeprägte Gesichtszüge einer anderen Person beziehe.

Wirksam war die außerordentliche Kündigung aber trotz der festgestellten Pflichtverletzung dennoch nicht. Zwar liege der für eine außerordentliche fristlose Kündigung notwendige wichtige Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB vor, allerdings gehe die Interessenabwägung zu Gunsten des klagenden Arbeitnehmers aus. Diese sog. Interessenabwägung ist im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung einer außerordentlichen Kündigung stets auf zweiter Stufe vorzunehmen. Dabei ist zu prüfen, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortsetzung überwiegt. Die Umstände des Einzelfalls und dabei u.a. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Sozialdaten des Arbeitnehmers, die Intensität seines Fehlverhaltens und auch vorhergehendes, unter Umständen bereits abgemahntes Fehlverhalten sind abzuwägen. Die außerordentliche Kündigung ist insoweit nur dann wirksam, wenn es für den Arbeitgeber keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind.

Hier sei in diesem Sinne aber, so meinte das LAG Baden-Württemberg, eine Abmahnung als „Gelbe Karte“ ausreichend gewesen, um die Pflichtverletzung zu sanktionieren. Den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung befand das Landesarbeitsgericht als unverhältnismäßig. Schließlich sei der Kläger aufgrund seiner persönlichen Umstände sozial schutzwürdig und weise mit 16 Jahren eine lange – und ungestörte – Betriebszugehörigkeit auf, wozu das Landesarbeitsgericht also den vom BAG entwickelten „Vertrauensbonus“ bemühte. Außerdem wertete das Landesarbeitsgericht zugunsten des Klägers, dass ihm die Tragweite seines Tuns und die Reichweite seiner Beleidigungen so offenbar nicht bewusst waren.

Fazit: Beleidigung in sozialen Medien (nur) im Einzelfall kündigungsrelevant

Arbeitnehmern kann man vor diesem Hintergrund raten, bei der Nutzung von Facebook & Co. keine unüberlegten Äußerungen zu tätigen (wir berichteten auch bereits hier „Hetze auf Facebook als Kündigungsgrund?“). Das Internet vergisst nicht und die Anonymität der sozialen Netzwerke verleitet zu Polemik. Dies kann leicht den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährden. Ob allerdings eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und von einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen ab. Auch wenn solch ein Arbeitnehmerverhalten inakzeptabel ist und die Gefahr einer schnellen Verbreitung an einen großen Empfängerkreis in kürzester Zeit die Pflichtverletzung noch intensiviert, kann es im Ergebnis vor Gericht dennoch – wie in der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg – heißen „Pflichtverletzung ja, Kündigung nein“.

Dr. Daniela Quink-Hamdan 

Rechtsanwältin
Fach­an­wäl­tin für Arbeitsrecht
Counsel
Daniela Quink-Hamdan berät Arbeitgeber vor allem zu Umstruk­tu­rie­run­gen sowie zu Fragen des Betriebs­ver­fas­sungs- und Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­rechts. Im Rahmen der Pro­zess­ver­tre­tung bringt sie ihre Erfah­run­gen als ehemalige Richterin in der Arbeits­ge­richts­bar­keit ein. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung".
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