Wie eine perfekte Restrukturierung funktioniert, haben wir gezeigt. Wie sieht es aber aus, wenn Dinge nicht gut laufen? Hier zeigen wir in loser Folge rechtliche und strategische Fehler bei einer Restrukturierung und wie Unternehmen „epic fails“ vermeiden. Los geht es mit dem Rahmeninteressenausgleich.
Situation: Bitte alles ganz schnell und in einem Rutsch
Nehmen wir an, die Geschäftsführung hat Pläne für Umstrukturierungsmaßnahmen, die viele Betriebe eines Unternehmens betreffen. Zeitlich ist noch nicht klar, wann die Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Unklar ist auch, welche konkreten Positionen betroffen sein werden und welche Auswirkungen in einzelnen Betrieben zu erwarten sind. Kurz: Über das „Ob“ und „Wie“ der teils weit in der Zukunft liegenden Maßnahmen besteht kein genaues Bild. Lange planen möchte die Geschäftsführung aber nicht, weil der Gesellschafter Lösungen sehen möchte. Es sollen vielmehr schnell mit Betriebsräten Verhandlungsergebnisse erzielt werden. In einem anberaumten Strategiemeeting bekommt HR die Hausaufgabe, die Situation zu lösen. Dabei soll möglichst wenig verhandelt und alles „in einem Rutsch“ erledigt werden.
Falscher Ansatz: Der „schlanke“ Rahmeninteressenausgleich
Spontan angedacht und teils auch umgesetzt wird in dieser Situation manchmal ein „schlanker“ Rahmeninteressenausgleich mit dem Gesamtbetriebsrat oder dem Konzernbetriebsrat. Dieser soll möglichst viele zukünftige und noch nicht klar umrissene Betriebsänderungen erfassen. Der ungefähre Plan wird niedergeschrieben, ein (womöglich teuer dotierter) (Rahmen-)Sozialplan vereinbart und das Unternehmen sieht die Situation als gelöst an. Dies stellt sich häufig als Trugschluss dar, wenn z.B. ein lokaler Betriebsrat im weiteren Verlauf der Umsetzung der Maßnahmen für dann konkretisierte Planungen plötzlich Verhandlungen zu einen „eigenen“ Interessenausgleich verlangt. Noch größer ist die Überraschung, wenn die Umsetzung der dann konkreten Betriebsänderung per einstweiliger Verfügung vom Arbeitsgericht gestoppt wird. Denn ein Rahmeninteressenausgleich verbraucht in der Regel nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 111 BetrVG. Dies ist regelmäßig immer dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rahmeninteressenausgleichs das „Ob“ und „Wie“ der (zukünftigen) Betriebsänderung unklar sind.
Richtiger Ansatz: Prozessorientierte Kollektivvereinbarung
Zeitlich weit in der Zukunft liegende Maßnahmen lassen sich aber dennoch mit dem Betriebsverfassungsgesetz durch Kreativität lösen. Dies gelingt durch eine vorausschauende Planung und geschickte Formulierungen im Interessenausgleich, um die Kriterien der Rechtsprechung zum Verbrauch von Mitbestimmungsrechten „zu erwischen“. Ist auch beim besten Willen eine auch nur annähernd valide Planung nicht möglich, kommt der Abschluss einer prozessorientierten Kollektivvereinbarung in Betracht. In dieser können z.B. der weitere Verlauf von einzelnen Verhandlungsschritten zum Interessenausgleich bzw. zukünftigen Teilinteressenausgleich festgelegt werden. Bei guter Gestaltung können solche Vereinbarungen ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleisten. Bei Einsatz der richtigen Tools kann zudem eine hohe Umsetzungsgeschwindigkeit für einzelne derzeit noch nicht konkrete Maßnahmen sichergestellt werden. Und es bleiben unliebsame Überraschungen bei Gesprächen mit Betriebsräten und beim Arbeitsgericht aus.
… to be continued …