Häufig nehmen Arbeitnehmer eine neue Stelle im laufenden Kalenderjahr an – und nicht erst zu Jahresbeginn. Wechseln Arbeitnehmer unterjährig den Job, stellt sich die Frage, was mit den Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers passiert und welche Regeln gelten.
Der Jobwechsel soll grundsätzlich nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer doppelten Urlaub erhalten. Häufig vergessen Arbeitgeber jedoch von neu eingestellten Mitarbeitern im laufenden Kalenderjahr eine entsprechende Urlaubsbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers einzufordern. Gerade bei Arbeitnehmern, die am Ende des ersten Halbjahres eingestellt werden, kann der neue Arbeitsgeber den bereits gewährten Urlaubsanspruch häufig anrechnen. Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gewährt darüber Aufschluss, wie viel Urlaub der Folgearbeitgeber in diesen Fällen noch gewähren muss.
Ausschluss von Doppelansprüchen
Das BUrlG sieht vor, dass Arbeitnehmern in jedem Kalenderjahr nur einmal Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub zusteht. Nach § 6 Abs. 1 BUrlG besteht ein Anspruch auf Urlaub bei einem Wechsel des Arbeitgebers während des Urlaubsjahres dann nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Anrechenbar ist nicht nur der erfüllte Urlaub in Form der bezahlten Freizeit, sondern auch eine erhaltene Urlaubsabgeltung des ehemaligen Arbeitgebers. Die Vorschrift schließt somit zugunsten des Folgearbeitgebers Doppelansprüche aus.
Dabei dient die Urlaubsbescheinigung nach § 6 Abs. 2 BUrlG dann der Dokumentation der Frage der möglichen Doppelansprüche. Hiernach ist der ehemalige Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. Der Folgearbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer einen entsprechenden Anspruch auf Aushändigung der Urlaubsbescheinigung, um feststellen zu können, wie viel bereits gewährten bzw. abgegoltenen Urlaub er anrechnen kann.
Wechsel des Arbeitgebers im ersten Halbjahr
Mitarbeiter erwerben für jeden Monat, in dem sie arbeiten, 1/12 des jährlichen Urlaubsanspruchs. Wird ein Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte des Kalenderjahres beendet und hat das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden, steht dem betroffenen Arbeitnehmer nur so viel Urlaub zu, wie er bis dahin „erarbeitet“ hat (sog. Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 lit. c BUrlG). Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht genommen werden konnte, ist von dem ehemaligen Arbeitgeber gem. § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.
Sofern ein Mitarbeiter vor dem 1. Juli eines Jahres in ein neues Arbeitsverhältnis eintritt und dort die sechsmonatige Wartezeit erfüllt, erwirbt er bei seinem neuen Arbeitgeber einen vollen Urlaubsanspruch. Von diesem Urlaubsanspruch muss der Arbeitnehmer sich die bereits genommenen bzw. abgegoltenen Urlaubstage beim ehemaligen Arbeitgeber gem. § 6 Abs. 1 BUrlG abziehen lassen.
Rechtlich kompliziert kann es werden, wenn der frühere Arbeitgeber nicht oder nicht in vollem Umfang den (anteilig) entstandenen Urlaubsanspruch erfüllt bzw. abgegolten hat. Insoweit ist umstritten, ob der Arbeitnehmer vom ehemaligen Arbeitgeber Urlaubsabgeltung verlangen oder bei dem Folgearbeitgeber den Anspruch auf bezahlte Freistellung geltend machen kann. Nach herrschender Meinung steht dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zu.
Wechsel des Arbeitgebers im zweiten Halbjahr
Endet das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte und besteht das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate beim ehemaligen Arbeitgeber, steht dem Arbeitnehmer ab dem 1. Juli ein voller Urlaubsanspruch gegen den ehemaligen Arbeitgeber zu, als auch ein Teilurlaubsanspruch gegen den Folgearbeitgeber. Sofern der ehemalige Arbeitgeber dem ausscheidenden Arbeitnehmer vor Ende seines Arbeitsverhältnisses bereits seinen vollen Urlaubsanspruch erteilt hat, hat der Arbeitnehmer gegen den neuen Arbeitgeber keine Urlaubsansprüche mehr. Hat der Arbeitnehmer dagegen nicht alle Urlaubstage verbraucht, besteht ein Urlaubsanspruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber in Höhe der Differenz, also anteilig entsprechend der Beschäftigungsdauer im zweiten Halbjahr.
Diese Grundsätze betreffen allerdings nur die Konkurrenz von einem Vollurlaub mit einem Teilurlaub in einem Urlaubsjahr; möglich sind dagegen auch zwei Teilurlaube in einem Urlaubsjahr: Scheidet ein Mitarbeiter bspw. zum 30. Juni eines Jahres aus, hat er einen entsprechenden Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 lit. c BurlG und es entsteht ein neuer (Teil-)Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber, der nach § 5 Abs. 1 lit. a BUrlG gekürzt wird. Eine Überschneidung von Urlaubsansprüchen und somit mögliche doppelte Ansprüche kommen in diesem Fall nicht in Betracht.
Praxishinweis
Um am Ende nicht doppelten Urlaub zu gewähren, sind Arbeitgeber gut damit beraten, sich direkt bei einer neuen Einstellung oder bei Vorlage eines Urlaubsantrages eine Urlaubsbescheinigung des ehemaligen Arbeitgebers von dem Mitarbeiter vorlegen zu lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der neue Arbeitgeber die Urlaubsgewährung solange hinausschieben, bis der Arbeitnehmer die Urlaubsbescheinigung vorlegt oder anderweitig nachweist, ob und wie viel Urlaub ihm bereits gewährt worden ist. Im Streitfall trägt der Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast, dass ihm der begehrte Urlaub noch nicht gewährt bzw. abgegolten wurde.