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Internationale Freelancer:innen gesucht – Voraussetzungen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels

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Für deutsche Unternehmer:innen ist es oftmals attraktiv, auf spezialisierte Freelancer:innen aus dem Ausland zurückzugreifen. Es ist längst klar, dass dies nicht nur ein vorübergehender Trend ist, denn auf dem deutschen Arbeitsmarkt zeichnet sich deutlich ab, dass die Zahl ausländischer Freelancer:innen stetig steigt. Flexibel einsetzbare Projektleiter:innen aus Drittstaaten sind insbesondere im IT-Bereich begehrte Mitarbeiter:innen. Möchten deutsche Unternehmer:innen ausländische Freelancer:innen für sich tätig werden lassen, müssen sie sich nach § 4a Abs. 5 AufenthG einen entsprechenden Aufenthaltstitel zeigen lassen. Welche Voraussetzungen müssen also zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis für eine selbständige Tätigkeit vorliegen?

Anwendungsbereich

  • Alle Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaates genießen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Unionsgebiet. Unionsbürger:innen können im Bundesgebiet unter denselben Bedingungen wie Deutsche selbständigen Erwerbstätigkeiten nachgehen, oder vorübergehend Dienstleistungen erbringen. Gewerberechtliche Vorschriften müssen selbstverständlich beachtet werden, eine gesonderte Arbeitserlaubnis o.ä. ist nicht erforderlich.
  • Staatsangehörige aus Drittstaaten benötigen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit grundsätzlich einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit gem. 21 AufenthG, der entweder bei der deutschen Auslandsvertretung (Botschaft oder Generalkonsulat) im jeweiligen Heimatstaat oder in bestimmten Fällen bei der zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland zu beantragen ist.
  • Die selbständige Tätigkeit im Sinne des § 21 AufenthG ist im Unterschied zur Tätigkeit als Arbeitnehmer:in vor allem dadurch geprägt, dass eine unabhängige Stellung gegenüber den Dienstleistungsnehmer:innen sowie selbstständige Organisation und Eigenverantwortlichkeit auch im Verhältnis zu Kund:innen besteht. Hierunter fallen eben auch die sog. Freelancer:innen. Die freien Mitarbeiter:innen zeichnen sich maßgeblich durch die Übernahme eines eigenen Unternehmerrisikos, freigestaltete Arbeitszeit und Entscheidungsautonomie aus. Dabei gilt es unbedingt die Abgrenzung zwischen freier Mitarbeit und abhängiger Beschäftigung zu beachten.

Voraussetzungen für die Erteilung

Wer sich als Unternehmer:in also entscheidet, Dienstleistungen selbständiger Freelancer:innen in Anspruch zu nehmen, muss sich als Dienstleistungsnehmer:in gem. § 4a Abs. 5 AufenthG einen die Tätigkeit erlaubenden Aufenthaltstitel zeigen lassen. Aus dem Aufenthaltstitel ist erkennbar, inwiefern eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist (§ 4a Abs. 3 AufenthG). Liegt kein Aufenthaltstitel vor, der die Dienstleistung erlaubt, darf der/die Ausländer:in nicht mit der Dienstleistung beauftragt werden, sonst drohen unter anderem hohe Bußgelder.

Eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in Deutschland kann Freelancer:innen nach § 21 Abs. 1 AufenthG von der Auslandsvertretung oder Ausländerbehörde erteilt werden, wenn

  • ein wirtschaftliches Interesse oder ein regionales Bedürfnis an der Tätigkeit besteht,
  • die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und
  • die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist.

Diese Voraussetzungen müssen sämtlich vorliegen. Die Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis liegt im Ermessen der zuständigen Behörden. Das Gesetz gibt folgende Kriterien vor, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollen:

  • Tragfähigkeit der zugrunde gelegten Geschäftsidee
  • Unternehmerische Erfahrungen der Ausländer:innen
  • Höhe des Kapitaleinsatzes
  • Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation
  • Beitrag für Innovation und Forschung

Die zuständige Behörde muss bei der Entscheidung dem gesetzgeberischen Ziel, die Zuwanderung von ausländischen Unternehmer:innen mit guten und gefragten Geschäftsideen zu erleichtern, Rechnung tragen.

Besonderheiten

  • 21 AufenthG sieht einige Besonderheiten für die Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis vor, die wir im Folgenden kurz zusammenfassen:
  • Dem Wortlaut des 21 Abs. 4 AufenthG nach, wird die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke einer selbständigen Tätigkeit für eine Dauer von längstens drei Jahren erteilt. Entsprechend dem Gesetzeszweck ist vielmehr vorgesehen, dass mit dessen Ablauf eine Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) erteilt wird, sofern der/die Ausländer:in die geplante Tätigkeit erfolgreich verwirklicht und sein/ihr Lebensunterhalt ausreichend gesichert ist.
  • 21 Abs. 2a AufenthG ermöglicht Absolvent:innen deutscher Hochschulen eine selbständige Tätigkeit im Zusammenhang mit den im Studium erworbenen Kenntnissen aufzunehmen.
  • Eine Erleichterung ist auch für Ausländer:innen vorgesehen, die in freien Berufen tätig sind (21 Abs. 5 AufenthG), da sie regelmäßig nicht in der Lage sein werden, die Voraussetzungen von § 21 Abs. 1 AufenthG zu erfüllen.  Freiberufler:in ist, wer auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation und schöpferischer Begabung persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig Dienstleistungen höherer Art erbringt: z. B. Ärzt:innen, Anwält:innen, Schriftsteller:innen, Künstler:innen, aber i. d. R. auch Ingenieur:innen, hauptberufliche Sachverständige. Sofern für bestimmte freie Berufe, wie beispielweise Apotheker:innen, Steuerberater:innen, Ärzt:innen eine spezielle Berufserlaubnis erforderlich ist, muss diese erteilt oder in Aussicht gestellt sein.
  • Für Ausländer:innen, die bereits in Deutschland leben und einen Aufenthaltstitel zu anderen Zwecken besitzen, kann unter Beibehaltung dieses bestehenden Aufenthaltszwecks die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in Form einer Nebenbestimmung erlaubt werden. Es kann dann nur noch verlangt werden, dass berufs- und gewerberechtliche Regelungen eingehalten werden ( 21 Abs. 6 AufenthG).
  • Mit einigen Drittstaaten wurden völkerrechtliche Vereinbarungen zur Erleichterung der Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit getroffen; ggf. erleichtern also zwischenstaatliche Vereinbarungen wie Freundschafts-, Handels- und Niederlassungsverträge mit Meisterbegünstigungs- oder Wohlwollensklauseln  die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Einzelfall ( 21 Abs. 2 AufenthG).
  • Ausländer:innen, die älter als 45 Jahre sind, kann eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn sie über eine angemessene Altersversorgung verfügen ( 45 Abs. 3 AufenthG).

Praxishinweise

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für selbständige Tätigkeiten liegt im Ermessen der zuständigen Behörden. Unternehmer:innen sollten genau prüfen, ob Drittstaatsangehörige, deren Beauftragung mit Dienstleistungen in Deutschland erwogen wird, einen entsprechenden Aufenthaltstitel vorlegen können. Falls nicht, muss ein solcher vor Beginn der Tätigkeit unter Beachtung der obigen Kriterien für die Erteilung beantragt werden.

Vielen Dank an Jana Schön (wissenschaftliche Mitarbeiterin im Berliner Büro) für die Mitwirkung bei der Erstellung des Beitrags.

KLIEMT.Arbeitsrecht




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