Die Einführung und ständige Aktualisierung von modernen IT-Systemen ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, um wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Die technischen Rahmenbedingungen des Wirtschafts- und Arbeitslebens unterliegen einem stetigen und rasanten Wandel.
Eine Bremse für diese Entwicklung: Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Dank der enorm weiten Auslegung der Rechtsprechung greift dieses nämlich bei fast allen neu einzuführenden IT-Systemen. Das ist besonders frustrierend für einen Arbeitgeber, der keinerlei Verhaltens- oder Leistungskontrolle mit dem IT-System geplant hat. Noch schlimmer, wenn die Einführung im Rahmen eines größeren Restrukturierungsprojekts stattfinden soll/muss und von Betriebsratsseite bewusst als Verhandlungsmasse instrumentalisiert wird bzw. sich Konfliktherde aus anderen Themen auf ein eigentlich „harmloses“ IT-System ausweiten.
Ein gut beratener Arbeitgeber, sollte sich daher nicht nur damit beschäftigen, wann dieser Mitbestimmungstatbestand eingreift. Er sollte sich vielmehr insbesondere auch damit beschäftigen, was passiert, wenn die Verhandlungen mit dem Betriebsrat hierzu nicht funktionieren: Dem Einigungsstellenverfahren.
Was ist die Einigungsstelle?
Die Einigungsstelle ist eine vom Gesetz vorgesehene Schlichtungsstelle, die der Lösung von Interessenkonflikten zwischen den Betriebsparteien dient. Die Einigungsstelle besteht aus betrieblichen oder externen Beisitzern, die je zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat bestellt werden, sowie einem unparteiischen Vorsitzenden (im Regelfall ein Arbeitsrichter). Die Einigungsstelle hat im Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung – also insbesondere auch bei § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – eine sog. „Spruchkompetenz“. Sie kann die Streitigkeit zwischen den Betriebsparteien also verbindlich entscheiden.
Wann Einigungsstelle?
Die Betriebsparteien können nicht sofort einseitig die Einigungsstelle anrufen. Sie müssen zunächst mit einem ernsthaften Willen zur Einigung über eine Lösung verhandeln. Erst wenn solche ernsthaften Verhandlungen gescheitert sind oder sich eine Betriebspartei Gesprächen widersetzt, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Ein Scheitern der Verhandlungen wird allgemein schon dann angenommen, wenn nach subjektiver Einschätzung einer Partei eine Einigung ohne externe Hilfe nicht möglich ist. Insoweit ist den Betriebsparteien also ein subjektiver Beurteilungsspielraum eingeräumt, der im Rahmen der gerichtlichen Einsetzung der Einigungsstelle nur einer Missbrauchskontrolle unterliegt.
Einigungsstelle mit welchen Beteiligten ?
Bei dem Einigungsstellenverfahren im Rahmen der Einführung neuer IT-Systeme ist auch von besonderer Bedeutung, mit welchem Betriebsratsgremium die Einigungsstelle durchlaufen werden soll/muss. Gerade bei einer Vielzahl von einzuführenden IT-Systemen gilt es aus Arbeitgebersicht eher zu vermeiden, in parallele Einigungsstellenverfahren zu geraten. Von daher ist genau zu prüfen, ob sich für das fragliche IT-System die Zuständigkeit des Gesamt- bzw. des Konzernbetriebsrats begründen lässt. Dies setzt insbesondere voraus, dass eine unternehmens- bzw. konzerneinheitliche Regelung „zwingend notwendig“ ist. Dies kann insbesondere aus technischen Gründen der Fall sein. Zum Beispiel wenn eine Software nur einheitlich aufgespielt werden kann, verschiedene Versionen innerhalb des Unternehmens bzw. des Konzerns also technisch nicht umsetzbar sind.
Was steht am Ende der Einigungsstelle?
Wenn auch im Rahmen der Einigungsstelle keine Einigung zwischen den Betriebsparteien zustande kommt, entscheidet die Einigungsstelle durch den – oft zu Unrecht gefürchteten – „Spruch“. Allerdings zeigt der mögliche Inhalt eines solchen Einigungsstellenspruchs, dass der Arbeitgeber jedenfalls bei der Einführung von Standardsoftware nicht so viel befürchten muss:
Die Einigungsstelle wird und kann in aller Regel nichts an dem geplanten IT-System ändern. Dies wird ohnehin in den meisten Fällen von einem Drittanbieter zur Verfügung gestellt, sodass inhaltliche Einflussmöglichkeiten von Vornherein nicht bestehen.
Da der Spruch der Einigungsstelle auf seine Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden kann, wird der Spruch – als Beurteilungsgrundlage – eine Beschreibung des IT-Systems enthalten. Damit ist das inhaltliche „Risiko“ für einen Arbeitgeber gering.
Fazit: Die Einigungsstelle kann das geringere Übel darstellen
Gerade bei Einführung von Standardsoftware muss ein Arbeitgeber inhaltlich nicht unbedingt Angst vor der Einigungsstelle haben. Da die Programme in der Regel extern vorgegeben sind, besteht kaum ein Risiko, dass die Einigungsstelle an deren inhaltlichen Gestaltung etwas ändert.