Garantierter Urlaub während der Sommermonate? Für viele Arbeitnehmer ein sehnlichster Wunsch. Arbeitgeber bringen die Urlaubswünsche ihrer Mitarbeiter jedoch nicht selten in Bedrängnis und nicht jedem Urlaubswunsch kann entsprochen werden. Kein Wunder also, dass Arbeitnehmer vor diesem Hintergrund mitunter kreativ werden. So sehen sich Unternehmen nicht selten mit Teilzeitanträgen konfrontiert, die neben einer Arbeitszeitreduzierung auch bestimmte Verteilungswünsche der arbeitsfreien Tage zum Inhalt haben. Ein solches Teilzeitbegehren kann sich jedoch unter Umständen als rechtsmissbräuchlich erweisen.
Das LAG Nürnberg hat jüngst entschieden (LAG Nürnberg vom 27. August 2019 – 6 Sa 110/19), dass ein Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit um ein Zwölftel mit dem Ziel der dauerhaften Freistellung im Ferienmonat August rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn dieser Monat regelmäßig zu den arbeitsintensivsten Monaten zählt und Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer dadurch deutlich eingeschränkt werden.
Worum ging es?
Der Kläger und Vater eines schulpflichtigen Kindes war als Ingenieur in einem bayerischen Unternehmen tätig. Sein Antrag auf Teilzeitarbeit enthielt den Wunsch, das gesamte Jahr in Vollzeit zu arbeiten – mit Ausnahme des Monats August –, der in Bayern regelmäßig in die Ferienzeit fällt. Im August wollte der Kläger gar nicht arbeiten. Der Arbeitgeber lehnte das Begehren des Klägers unter Berufung auf entgegenstehende betriebliche Gründe ab.
Die Entscheidung des LAG Nürnberg
Das LAG Nürnberg befand, dass dem Teilzeitbegehren des Klägers betriebliche Gründe entgegenstünden. Der Arbeitgeber habe ein Organisationskonzept dargelegt, wonach im umsatzstarken und gleichzeitig beliebten Ferienmonat August zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes maximal 10 Urlaubstage, in einzelnen Ausnahmefällen 15 Urlaubstage, pro Mitarbeiter gewährt werden können. Durch dieses Konzept solle eine möglichst gerechte Urlaubsgewährung gesichert werden. Der Teilzeitwunsch des Klägers unterlaufe dieses Konzept und schränke die Chancen anderer Arbeitnehmer ein, in dieser Zeit Urlaub gewährt zu bekommen.
Der Teilzeitwunsch des Klägers war nach Ansicht des LAG Nürnberg auch rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB. Der Verringerungswunsch des Klägers bezwecke das Organisationskonzept des Arbeitgebers zu unterlaufen und dem Kläger entgegen der gesetzlichen Regelung des § 7 BUrlG den Urlaub im Ferienmonat August zu sichern. Der Kläger habe damit erreichen wollen, dass Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer zur selben Zeit dauerhaft nicht berücksichtigt werden können und eine Entscheidung über die Urlaubsgewährung nach billigem Ermessen im Sinne des § 7 BUrlG nicht mehr erfolgen könne. Dies sei vor allem vor dem Hintergrund zu vermuten, dass der Kläger nur eine geringe Reduzierung seiner Arbeitszeit beantragt habe. Er habe so – unter Inkaufnahme einer nur unwesentlich geringeren Arbeitszeit und damit der Vergütung – eine bestimmte Verteilung seiner Arbeitszeit begehrt, auf die er ohne den Teilzeitantrag keinen Anspruch gehabt hätte.
Rechtsprechung des BAG
Die Entscheidung des LAG Nürnberg fügt sich in die bisherige Rechtsprechung ein. Das BAG entschied bereits mit Urteil vom 11. Juni 2013, dass Teilzeitanträge, bei denen der Verringerungsumfang sehr gering ist, rechtsmissbräuchlich sein können. Der vor dem BAG entschiedene Fall betraf einen Flugkapitän, der eine Verringerung seiner Arbeitszeit um 3,29 % beantragte und dies mit dem Verteilungswunsch kombinierte, jeweils vom 22. Dezember eines Jahres bis zum 2. Januar des Folgejahres frei zu haben. Die betroffene Fluggesellschaft lehnte den Antrag mit der Begründung der Rechtsmissbräuchlichkeit ab. Das BAG betonte, § 8 TzBfG enthalte grundsätzlich keine Vorgaben hinsichtlich des Umfangs der Vertragsänderung und nenne auch kein Mindestmaß der Arbeitszeitverringerung. Ein Rechtsmissbrauch könne daher nicht per se bei einem nur geringfügigen Verringerungsverlangen angenommen werden. Etwas anderes könne jedoch im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände gelten, die darauf schließen lassen, der Arbeitnehmer wolle die ihm nach dem TzBfG zustehenden Rechte zweckwidrig nutzen. Ein Rechtsmissbrauch könne insbesondere angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer unter Inkaufnahme einer unwesentlichen Verringerung der Arbeitszeit und Vergütung eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit bezwecke, auf die er ohne die Arbeitszeitreduzierung keinen Anspruch gehabt hätte. Ein Rechtsmissbrauch war im Fall des Flugkapitäns gegeben, da die begehrte Freistellung über die Weihnachtstage sowie den Jahreswechsel erfahrungsgemäß einen Zeitraum umfasst, der als Urlaubszeit bei der Belegschaft besonders begehrt ist.
Rechtsfolgen für die Praxis
Arbeitgeber müssen bei der Prüfung von Teilzeitanträgen beachten, dass ein solcher nicht schon deswegen abgelehnt werden kann, weil die begehrte Verringerung nur geringfügig ist und eine bestimmte Verteilung der arbeitsfreien Tage begehrt wird. Es muss vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob der Verringerungswunsch gezielt dazu genutzt wird, Gestaltungen der Arbeitszeit durchzusetzen, auf die sonst kein Anspruch bestünde. Erst dann kann ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen angenommen werden. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer sich unbeliebten Arbeitszeiten grundlos entziehen möchte oder eine Art Urlaubsgarantie für besonders beliebte Ferienmonate erhalten will, um auf diese Weise die Einschränkungen des BUrlG zu umgehen.