Bei Scheitern der Verhandlungen in bestimmten mitbestimmten Angelegenheiten können Arbeitgeber bzw. Betriebsrat ein Einigungsstellenverfahren initiieren. Hierzu muss ein unparteiischer Vorsitzender bestimmt werden (einvernehmlich oder gerichtlich). Der Einfluss des Einigungsstellenvorsitzenden ist kaum zu unterschätzen, weil er großen Spielraum bei Verfahrensfragen und Sachentscheidung hat. Nicht selten erleben Arbeitgeber böse Überraschungen, wenn die „falsche“ Person Einigungsstellenvorsitzender wird. Doch wer bestimmt die Besetzung dieser Schlüsselposition? Und welche Möglichkeiten haben Arbeitgeber, auf eine geeignete Besetzung hinzuwirken? Eine weniger übliche Konstellation hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln zuletzt zu entscheiden (Beschluss vom 24.2.2017 – 9 TaBV 11/17).
Worum ging es?
Verhandlungen mit dem Betriebsrat über eine Arbeitszeitregelung scheiterten. Daher beantragte der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht, einen bestimmten Einigungsstellenvorsitzenden zu bestellen. Der Betriebsrat lehnte diesen Vorsitzenden ab. Das Arbeitsgericht schlug einen anderen Kandidaten vor. Mit diesem erklärte sich der Arbeitgeber ausdrücklich einverstanden. Daraufhin beschloss das Arbeitsgericht die Einsetzung der Einigungsstelle unter Vorsitz des vom Arbeitsgericht vorgeschlagenen Kandidaten. Diese Entscheidung griff der Arbeitgeber in zweiter Instanz an und wollte seinen ursprünglichen Wunschkandidaten durchsetzen.
Was hat das LAG Köln entschieden?
Der Arbeitgeber war mit seinem Begehren nicht erfolgreich. Er musste den vom Arbeitsgericht in erster Instanz festgelegten Einigungsstellenvorsitzenden akzeptieren. Das LAG Köln stellte klar:
- Das Arbeitsgericht habe einen eigenen Vorschlag bezüglich eines unparteiischen Vorsitzenden unterbreiten dürfen.
- Da der Arbeitgeber in erster Instanz mit dem Vorschlag einverstanden war und auch in zweiter Instanz keine Einwände gegen den Kandidaten vorgebracht habe, bestehe kein Ansatzpunkt für eine ermessensfehlerhafte Auswahl des Vorsitzenden.
Was aus der Entscheidung folgt
Wenn beim gerichtlichen Einsetzungsverfahren ein möglicher Vorsitzender zur Diskussion steht und der Arbeitgeber gegen diesen Kandidaten Vorbehalte hat, muss er diese Vorbehalte ausdrücklich benennen. Andernfalls kann dieser Kandidat zum Vorsitzenden bestimmt werden, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber in seinem Antrag eine andere Person benannt hatte.
Was hat den Arbeitgeber getrieben?
Warum erklärte der Arbeitgeber in erster Instanz sein Einverständnis mit dem vom Gericht vorgeschlagenen Alternativkandidaten und äußerte in zweiter Instanz keine Bedenken? Möglicherweise wollte er das Verhältnis zum Alternativkandidaten im Vorfeld des Einigungsstellenverfahrens nicht belasten. Allerdings könnte das Verhältnis zu diesem bereits deshalb belastet sein, weil der Arbeitgeber in zweiter Instanz nochmals versuchte, den ursprünglichen Kandidaten durchzubringen – wenn auch ohne Begründung. Diese wenig stringente Strategie konnte nicht aufgehen.
Die Strategie muss passen
Doch welche Strategie ist die richtige, um „seinen“ Einigungsstellenvorsitzenden durchzusetzen?
- Einvernehmlich vor einseitig
In aller Regel sollte versucht werden, mit dem Betriebsrat eine (Regelungs-)Abrede zu treffen, in der auch der Vorsitzende festgelegt wird. Dadurch können Arbeitgeber ein zeitintensives gerichtliches Verfahren verhindern. Dieses kann mehrere Wochen bis wenige Monate dauern und das Einigungsstellenverfahren erheblich verzögern. Zudem sind Arbeitgeber bei einvernehmlichem Vorgehen nicht dem Risiko des unsicheren Ausgangs des gerichtlichen Verfahrens ausgesetzt. Allerdings können diese möglichen Nachteile nicht jedes Zugeständnis bei einvernehmlicher Besetzung des Vorsitzes aufwiegen.
- Welche (Ersatz-)Kandidaten kann der Arbeitgeber aufbieten?
Arbeitgeber sollten mehrere geeignete Kandidaten mit zeitlicher Verfügbarkeit benennen können. Die Reihenfolge, in der die Kandidaten benannt werden, sollte geschickt gewählt sein. Der Top-Kandidat sollte nicht durch einen zu frühen Vorschlag „verbrannt“ werden. Denn häufig äußern Betriebsräte schon aus Prinzip Bedenken gegen die „erste Wahl“ des Arbeitgebers.
- Welche Kandidaten hat das Gericht im Auge?
Arbeitgeber sollten mögliche Kandidatenvorschläge des Gerichts antizipieren und auch insoweit vorbereitet sein. So wurden im Fall vom Arbeitsgericht Köln Kandidatenvorschläge in der mündlichen Verhandlung unterbreitet. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollten Arbeitgeber ein klares Bild darüber haben, ob sie mit den vorgeschlagenen Kandidaten leben können und wollen.
Der „perfekte“ Kandidat
Einigungsstellenvorsitzende können den Verlauf und das Ergebnis der Einigungsstelle maßgeblich beeinflussen. Der Wunschkandidat für diese Position sollte daher Verhandlungsgeschick, spezielles Know-how sowie Integrität aufweisen, da er mit seiner Stimme die Entscheidung in der Einigungsstelle herbeiführen kann.
Welche Bedeutung das Einigungsstellenverfahren im Rahmen von Restrukturierungen hat, lesen Sie im Blogbeitrag „Managed Service Deals – Arbeitsrecht als Faktor für den Business Case (Teil 1)“ von Dr. Markus Janko