Nach § 40 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Davon können Rechtsanwaltskosten für die Vertretung des Betriebsrates im Rahmen bzw. im Vorfeld von gerichtlichen oder Einigungsstellenverfahren umfasst sein. Wann der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Kosten für ein Stundenhonorar des Rechtsanwalts zu tragen, war bis zuletzt vom Bundesarbeitsgericht nicht geklärt. Nun entschied es: nur in bestimmten Ausnahmefällen (Beschluss vom 14.12.2016 – 7 ABR 8/15).
Was war passiert?
Die Arbeitgeberin plante weitreichende Strukturveränderungen, die zur Schließung mehrerer Standorte führen sollten. Von den ursprünglich über 1.000 Arbeitnehmern der Arbeitgeberin waren von der Umstrukturierung 667 Arbeitnehmer durch Kündigung, Versetzung oder in sonstiger Weise betroffen. Für die anlässlich dieser Restrukturierungsmaßnahmen durchgeführten Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen beauftrage der zuständige Gesamtbetriebsrat den Rechtsanwalt B mit seiner Vertretung. Er sagte Rechtsanwalt B, der den Betriebsrat schon seit Jahren berät und vertritt, für diese Verhandlungen ein Honorar von 290,00 Euro je Tätigkeitsstunde und 100,00 Euro je Reisestunde zzgl. Reiseauslagen zu. Die Muttergesellschaft der Arbeitgeberin hatte Rechtsanwalt B im Rahmen einer früheren Verhandlung über eine Betriebsänderung bei der Muttergesellschaft ein Stundenhonorar gezahlt. Die Arbeitgeberin weigerte sich allerdings im aktuellen Fall, die von Rechtsanwalt B gestellte Rechnung zu begleichen.
Kostentragungspflicht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber hat die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt zu tragen, dessen Heranziehung der Betriebsrat in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren oder in einem Einigungsstellenverfahren (oder in deren Vorfeld) zur Durchsetzung oder Ausübung eines von ihm in Anspruch genommen Mitbestimmungsrechts für erforderlich halten durfte. Solange der Rechtsanwalt den Betriebsrat zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte vertritt und nicht bloß Wissen vermittelt, greifen die Einschränkungen der § 80 Abs. 3 BetrVG und § 111 S. 2 BetrVG nicht ein. Es muss also keine Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat hinsichtlich der Person, des Honorars und des Gegenstandes der Sachverständigentätigkeit getroffen werden. Der Betriebsrat hat vielmehr einen Beurteilungsspielraum bei der Einschätzung der Frage, ob die Hinzuziehung des Rechtsanwalts erforderlich ist. Bei dieser Beurteilung muss er die Interessen der Belegschaft gegen die Interessen des Arbeitgebers, insbesondere an der Begrenzung seiner Kostentragungspflicht, abwägen. Stehen im also mehrere Möglichkeiten zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte offen, die gleich geeignet sind, muss er die für den Arbeitgeber kostengünstigste wählen.
Der Betriebsrat muss bei der Beurteilung der Erforderlichkeit insbesondere zwei Stufen unterscheiden, bezüglich derer sein Abwägungsergebnis abweichen kann. Zunächst ist zu ermitteln, ob die Beauftragung eines Rechtsanwalts an sich erforderlich ist. Anschließend ist die Erforderlichkeit der Vergütung des Rechtsanwalts durch ein Stundenhonorar zu beurteilen.
Erforderlichkeit der Beauftragung
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Betriebsrat ist erforderlich, wenn schwierige Rechtsfragen zu klären sind, die zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber umstritten sind und kein Betriebsratsmitglied über den notwendigen juristischen Sachverstand zur sachgerechten Interessenwahrnehmung verfügt. Ein Indiz für das Vorliegen einer solchen Situation ist es, wenn sich auch der Arbeitgeber von einem Rechtsanwalt vertreten lässt. Im vom BAG entschiedenen Fall, ließ sich der Arbeitgeber von einem Rechtsanwalt vertreten und die im Rahmen der umfassenden Restrukturierung aufgeworfenen Rechtsfragen schätzte das Gericht als hoch komplex ein. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts durfte der Betriebsrat daher für erforderlich halten.
Erforderlichkeit der Honorarzusage
Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Betriebsrat aus mehreren gleichgeeigneten Möglichkeiten, die für den Arbeitgeber kostengünstigste auszuwählen hat, darf er es in der Regel nicht für erforderlich halten, eine Honorarzusage zu treffen, die zu höheren als den gesetzlichen Gebühren führt. Laut BAG sollen die etwaigen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der gesetzlichen Gebühren nicht zur Erforderlichkeit der Honorarvereinbarung führen, vielmehr hat der Betriebsrat im Zweifel von der Erteilung einer Honorarzusage abzusehen.
Eine Honorarzusage, die zu Kosten führt, die die gesetzlichen Gebühren übersteigen, ist nach dem Gericht nur in drei Fällen erforderlich:
- wenn der Arbeitgeber mit der Vereinbarung einverstanden ist,
- wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen die Erteilung einer Honorarzusage stets akzeptiert hat oder
- wenn der Rechtsanwalt über im Einzelfall notwendige Spezialkenntnisse verfügt, zur Übernahme des Mandates nur gegen ein Stundenhonorar bereit ist und der Betriebsrat keinen vergleichbar qualifizierten Rechtsanwalt zu günstigeren Konditionen findet.
Im vorliegenden Fall hatte die Arbeitgeberin weder die Honorarvereinbarung akzeptiert, noch eine solche in der Vergangenheit gebilligt. Die Vereinbarung zwischen der Muttergesellschaft und Rechtsanwalt B hatte insofern keine Auswirkung. Die Erforderlichkeit der Honorarzusage nach der dritten Überlegung schied aus, da der Betriebsrat nicht vorgetragen hatte, dass Rechtsanwalt B nur gegen ein Stundenhonorar bereit war, das Mandat zu übernehmen.
Fazit
In dieser Entscheidung folgt das BAG seinem etablierten Grundsatz, dass der Betriebsrat das Interesse des Arbeitgebers an einer Kostenbegrenzung ausreichend berücksichtigen muss (vgl. BAG, Beschluss vom 20.10.1999 – 7 ABR 25/98) und trägt zur Rechtssicherheit bei, indem es konkrete Ausnahmefälle benennt, in denen dennoch ein Stundenhonorar zugesagt werden darf. Dies ist aus Sicht der Arbeitgeber begrüßenswert. Dennoch ist zu bedenken, dass es in Situationen, in denen der Arbeitgeber zeitnah eine Einigung mit dem Betriebsrat herbeiführen möchte, sinnvoll sein kann, zumindest ein Pauschalhonorar oder gegebenenfalls sogar ein gedeckeltes Stundenhonorar zu akzeptieren.