Unter Hochdruck wurde innerhalb der letzten Monate nach einem Impfstoff gegen Sars-CoV-2 (das „Corona-Virus“) geforscht – mit Erfolg. Die Pharmaunternehmen BioNTech/Pfizer und Moderna beantragten nun eine Zulassung ihres Impfstoffes bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA).
Auch für Arbeitgeber ist dies eine erfreuliche Nachricht. So könnte durch eine (möglichst) flächendeckende Impfung der Beschäftigten eine „Rückkehr in die Betriebsstätten“ und ein effektiver Gesundheitsschutz im Betrieb ermöglicht werden. Im Zusammenhang mit Impfprogrammen und Massenimpfungen im Betrieb stellt sich jedoch eine Vielzahl rechtlicher Fragen, welche im Folgenden thematisiert werden.
Keine Impfpflicht gegen Sars-CoV-2
Das Infektionsschutzgesetz erlaubt die Anordnung einer Impfpflicht für bedrohte Teile der Bevölkerung, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. Eine gesetzliche Impfpflicht gibt es in Deutschland bisher allerdings nur gegen Masern. Seit Inkrafttreten des Masernschutzgesetzes am 1. März 2020 dürfen bestimmte Arbeitnehmergruppen (z.B. Erzieher, Lehrer und medizinisches Personal) nur tätig werden, wenn sie einen Impfnachweis erbringen können.
Die Bundesregierung ließ bereits verlauten, dass sie keine Impfpflicht gegen das Corona-Virus plane. Solange keine gesetzliche Impfpflicht besteht, ist auch die Einführung einer (arbeitsvertragliche) Impfpflicht durch den Arbeitgeber rechtlich nicht zulässig. Schließlich stellt eine Impfung stets einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte körperliche Unversehrtheit dar und kann nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung des Geimpften gerechtfertigt sein. Das Grundrecht des Arbeitnehmers auf körperliche Unversehrtheit überwiegt insofern das Interesse des Arbeitgebers an einer Impfung der Belegschaft.
Einführung von „Impfprämien“
Das Dilemma des Arbeitgebers, seiner Pflicht zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer nachzukommen und zugleich nicht unverhältnismäßig in deren Grundrechte einzugreifen, könnte durch die Gewährung vom „Impfprämien“ entschärft werden. Eine Impfprämie könnte in Form einer Sonderzahlung an Arbeitnehmer geleistet werden, die sich freiwillig gegen das Corona-Virus impfen lassen und dem Arbeitgeber hierüber einen entsprechenden Nachweis erbringen. Zu beachten ist dabei, dass die Einführung einer solchen Sonderzahlung mitbestimmungspflichtig sein kann und am allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist. Eine entsprechende Impfprämie müsste daher so gewährt werden, dass kein Arbeitnehmer sachgrundlos benachteiligt wird. Eine Differenzierung zwischen „regulären“ Vollzeitbeschäftigten und Beschäftigten in Teilzeit, Minijobbern, Werkstudenten etc. wird daher voraussichtlich nicht argumentiert werden können, da der Arbeitgeber von der Impfung sämtlicher Beschäftigten profitiert – unabhängig von deren Status und Beschäftigungsgrad.
Vor der praktischen Umsetzung empfiehlt es sich daher, die Voraussetzungen einer Impfprämie, deren Höhe und Zahlungsmodalitäten zunächst präzise zu durchdenken, bevor diese „vorschnell“ an die Belegschaft kommuniziert wird.
Nachweispflicht des Arbeitnehmers
Um etwaigen Missbrauchsfällen entgegenzutreten, sollte die Auszahlung der Impfprämie nur unter Vorlage des Impfnachweises veranlasst werden. Wird die Impfung durch den Arbeitgeber selbst angeboten und durchgeführt (etwa durch den betriebsärztlichen Dienst), kann ein Impfnachweis auch durch den Arbeitgeber selbst erhoben werden. Lässt sich der Arbeitnehmer hingegen bei einer externen Stelle – wie etwa dem Hausarzt – impfen, ist ein von dieser Stelle ausgestellter Impfnachweis vorzulegen. Eine Verpflichtung zur Vorlage des vollständigen Impfpasses wird aus datenschutzrechtlichen Gründen (Grundsatz der Datensparsamkeit) hingegen regelmäßig nicht gerechtfertigt sein. Gleiches gilt für die Speicherung des Impfnachweises in Personalakte des Arbeitnehmers. Dies vor dem Hintergrund, dass der Nachweis über die Impfung – nach gegenwärtigen Stand –nicht für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sein wird, § 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz.
Fazit
Eine Corona-Impfung ist für Arbeitnehmer derzeit nicht verpflichtend. Gleichwohl können Impfprämien für Arbeitnehmer, die sich freiwillig gegen Sars-CoV-2 impfen lassen, zu einer Verbesserung des betrieblichen Gesundheitsschutzes führen. In der praktischen Umsetzung sollten insbesondere auf Aspekte der betrieblichen Mitbestimmung, die geltenden Gleichbehandlungsgrundsätze sowie datenschutzrechtliche Gesichtspunkte vor der Einführung etwaiger Corona-Impfprämien geprüft und berücksichtigt werden.