Nachdem bereits im Frühjahr die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattgefunden haben, ist nunmehr auch der Startschuss für die Wahlen der Schwerbehindertenvertretung gem. § 177 SGB IX gefallen (1. Oktober bis 30. November), die in Betrieben mit wenigstens fünf schwerbehinderten (oder diesen gleichgestellten behinderten) Menschen gewählt wird. Im Folgenden zeigen wir ausgewählte Gemeinsamkeiten – aber auch Unterschiede – beider Wahlen .
Vierjahresturnus
Sowohl der Betriebsratswahl als auch der Wahl der Schwerbehindertenvertretung liegt ein Vierjahresturnus zugrunde, wobei die regelmäßigen Betriebsratswahlen jeweils im Frühjahr stattfinden. Anders als das Betriebsverfassungsgesetz enthält das SGB IX jedoch keine Öffnungsklausel für Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, die einen abweichenden Wahlzeitpunkt ermöglichen.
Ausnahmen vom vorgegebenen Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. November sind lediglich in folgenden Fällen vorgesehen:
- Das Amt der Schwerbehindertenvertretung erlischt vorzeitig und ein stellvertretendes Mitglied rückt nicht nach,
- die Wahl wurde erfolgreich angefochten oder
- es wurde noch keine Schwerbehindertenvertretung gewählt.
Wahlberechtigung
Wahlberechtigt sind alle am Wahltag beschäftigten schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen. Im Gegensatz zu den Betriebsratswahlen gibt es jedoch kein Mindestalter für die Wahlberechtigung. Somit steht auch minderjährigen Auszubildenden ein aktives Wahlrecht zu. Ebenso sind schwerbehinderte (und diesen gleichgestellte) leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 und 4 BetrVG wahlberechtigt.
Weiterhin keine „Online“-Wahl
Trotz unaufhaltsamer Digitalisierung auch in der Arbeitswelt (Stichwort „Arbeiten 4.0“) ist derzeit davon auszugehen, dass die „Online“-Wahl der Schwerbehindertenvertretung unzulässig und eine entsprechende Wahl zwar wohl nicht nichtig, aber zumindest anfechtbar wäre.
Wahl von Vertrauensperson und Stellvertreter(n)
Die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder ist unmittelbar an die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer gekoppelt. Hingegen wirkt sich die Zahl der im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten (und gleichgestellten) Menschen mittelbarer aus, da das Gesetz ungeachtet der Anzahl der Wahlberechtigten lediglich die Wahl der Vertrauensperson sowie wenigstens eines Stellvertreters vorschreibt.
Heranziehung von Stellvertretern
Die Zahl der im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten (und gleichgestellten) Menschen ist aber insoweit von Relevanz, als dass es der Vertrauensperson obliegt, ab einem Schwellenwert von mehr als 100 beschäftigten schwerbehinderten (und gleichgestellten) Menschen das mit der höchsten Stimmzahl gewählte stellvertretende Mitglied auch ohne Vorliegen eines Vertretungsfalls zur Aufgabenerfüllung heranziehen (§ 178 Abs. 1 S. 4 SGB IX).
Für jeweils 100 weitere Personen ist die Heranziehung eines weiteren Vertreters möglich. Die Heranziehung der Stellvertreter soll der Vertrauensperson die Möglichkeit der Entlastung geben.
Auch wenn der Arbeitgeber die Heranziehung von (weiteren) Stellvertretern gemäß der Schwellenwerte letztlich nicht verhindern kann, so muss diese sich doch am Willkürverbot messen lassen und es wird dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt, eine Begründung für die Heranziehung zu fordern.
Rechtsstellung der herangezogenen Stellvertreter
Auch der herangezogene Stellvertreter genießt einen Anspruch auf Dienstbefreiung unter Entgeltfortzahlung und einen Kündigungs- sowie Versetzungsschutz.
Gesamt- und Konzernschwerbehindertenvertretung
Anknüpfend an die Existenz von Gesamt- oder Konzernbetriebsräten schließt sich an die Wahl der Schwerbehindertenvertretung die Errichtung einer Gesamt- und ggf. Konzernschwerbehinderternvertretung an (§ 180 SGB IX).