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Kündigung nach „privater“ Weihnachtsfeier im betriebseigenen Weinkeller

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Weihnachtsfeier

Die Tage werden kürzer – Weihnachtsfeiern werfen ihre Schatten voraus. Dass es hierbei auch arbeitsrechtlich brenzlig werden kann, ist kein Geheimnis. Ein beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf kürzlich anhängiges Kündigungsschutzverfahren machte dies erneut deutlich. Ist eine Kündigung infolge eines unerlaubten Trinkgelages im betriebseigenen Weinkeller im Anschluss an eine Weihnachtsfeier auch ohne Abmahnung wirksam?

Feucht-fröhlicher Sachverhalt

Der Kläger war Gebietsmanager im Außendienst einer in Süddeutschland ansässigen Winzergenossenschaft.

Diese lud ihre Mitarbeiter zur Weihnachtsfeier in ein Restaurant. Im Anschluss bestand die Möglichkeit, mit einem Bus zurück zum Betrieb zu fahren und von dort den Heimweg anzutreten. Eine Fortsetzung der Weihnachtsfeier auf dem Firmengelände war nicht vorgesehen – eigentlich.

Für den Kläger war es noch deutlich zu früh, um den Abend enden zu lassen. Gemeinsam mit einem Arbeitskollegen beschloss man die Fortsetzung der Weihnachtsfeier „privat“ auf dem Firmengelände. Mit der Zugangskarte verschafften sich beide Zutritt zur firmeneigenen Kellerei, wo die Feier zu zweit weiterging. Mindestens vier Flaschen Wein fielen der privaten Weihnachtsfeier zum Opfer.

Sie hinterließen ein Chaos. Das Hoftor stand offen. Leere Flaschen und Zigarettenstummel waren ebenso vorzufinden wie zerquetschte Mandarinen, die zuvor an die Wand geworfen wurden. Auch war (mindestens) einem der Mitarbeiter der ganze Abend offensichtlich auf den Magen geschlagen.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Abmahnung erforderlich?

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Pflichtverletzung sei nicht derart erheblich, dass von einer Abmahnung abgesehen werden könne. Es handele sich um ein steuerbares Verhalten des Klägers, bei dem eine Abmahnung ausreichend gewesen sei.

Das sah das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gänzlich anders. Eine Abmahnung sei im Hinblick auf die Schwere der Pflichtverletzung nicht ausreichend.

„Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, wie man hätte annehmen können, dass man mit der Chipkarte um Mitternacht das Firmengelände betreten dürfte.“

Es sei auch offensichtlich, dass sich der Mitarbeiter nicht an den Weinflaschen seiner Arbeitgeberin bedienen dürfe. Anhaltspunkte für eine von der Arbeitgeberin ausgehenden und für den Kläger erkennbare Duldung dieses Verhaltens seien nicht ersichtlich. Es stelle sich allein die Frage, ob das Verhalten bereits eine fristlose Kündigung rechtfertige oder die Interessenabwägung zu einer ordentlichen Kündigung führen müsse.

Vor diesem Hintergrund einigten sich die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem späteren Zeitpunkt und ein wohlwollendes Zeugnis, das hinsichtlich des Weinkeller-Vorfalls schweigt.

Fazit

Das Landesarbeitsgericht blieb im Rahmen seiner vorläufigen rechtlichen Einschätzung auf einer Linie mit der Rechtsprechung des BAG. Bei erstmaligen Pflichtverletzungen ist sorgfältig zu prüfen, ob eine Abmahnung entbehrlich ist. Handelt es sich jedoch um eine besonders schwerwiegenden, für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbaren Pflichtverletzungen, ist eine Abmahnung dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten. Das Arbeitsverhältnis ist für ihn nicht mehr haltbar.

Für die Praxis gilt alle Jahre wieder: Keine „private“ Fortsetzung der beendeten Weihnachtsfeier auf dem Firmengelände – erst recht nicht in der firmeneigenen Kellerei.

Fabio Aru

Rechtsanwalt

Associate
Fabio Aru berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben der Führung von Kündigungsrechtsstreitigkeiten berät er seine Mandanten im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung.
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