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Warum Arbeitgeber Mitarbeiter zum Hinweisgeberschutzgesetz schulen sollten

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In vielen Unternehmen steht derzeit die Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) auf der Agenda. Angefangen bei dem Entwurf von Whistleblowing-Policies bis hin zur Frage, wie die interne Meldestelle aufgesetzt und von wem diese betreut werden soll, die neue Whistleblowing-Gesetzgebung stellt Arbeitgeber vor einige Herausforderungen. Ein Baustein zur erfolgreichen Implementierung eines Hinweisgebersystems ist die gezielte Schulung von Mitarbeitern zu sämtlichen Fragen rund um das interne Meldesystem. Dies beugt nicht nur vermeidbaren Falschmeldungen vor, sondern schärft auch das Bewusstsein der Mitarbeiter, sich bevorzugt an die interne Meldestelle zu wenden – möglichst bevor kritische Informationen nach außen gegeben werden. 

Welche Schulungspflichten sieht das Gesetz vor?

Eine gesetzliche Schulungspflicht besteht ausdrücklich für diejenigen Mitarbeiter, die mit der Betreuung der internen Meldestelle beauftragt sind (sog. Meldestellenbeauftragte). So ist der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 2 HinSchG verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen über die notwendige Fachkunde verfügen, die für die Bearbeitung von eingehenden Meldungen erforderlich ist. Dadurch sollen die Funktionsfähigkeit der internen Meldestelle sowie der gesetzlich normierte Hinweisgeberschutz abgesichert werden. Das bedeutet für die betriebliche Praxis, dass die Meldestellenbeauftragten nicht nur über die Aufgaben, Kompetenzen und Unabhängigkeit der Meldestelle Bescheid wissen, sondern auch die notwendige Kenntnis über den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzes und das gesetzlich normierte Vertraulichkeitsgebot vorweisen müssen.

Andernfalls besteht für den Arbeitgeber insbesondere das Risiko, dass Meldungen fälschlicherweise nicht dem Schutzbereich des HinSchG zugeordnet werden oder zu Unrecht kein Rechtsverstoß festgestellt wird, weil Sachverhalte aufgrund der Komplexität der Rechtsmaterie falsch beurteilt werden. Eine Schulung der Meldestellenbeauftragten zum gesetzlichen Hinweisgeberschutz und den wichtigsten Compliance-Themen ist daher unerlässlich, um die nötige Fachkunde und Qualifikation zu gewährleisten und Haftungsrisiken auf Unternehmensseite zu begrenzen. Gleiches gilt im Übrigen auch für HR- und Compliance-Verantwortliche oder andere Führungskräfte, die zusammen mit den Meldestellenbeauftragten im Rahmen der Aufklärung und Verfolgung von Rechts- und Compliance-Verstößen, z.B. bei internen Untersuchungen, tätig werden sollen. Auch für sie ist eine ausreichende Fachkunde zwingend notwendig, um einen sachgerechten Umgang mit potentiell haftungsträchtigen Fällen zu gewährleisten.

Es bleibt zudem zu erwarten, dass zu der neuen Whistleblowing-Gesetzgebung in Zukunft auch stetig neue Rechtsprechung ergehen wird, welche die gesetzlichen Rechte und Pflichten weiter konkretisieren wird. Vor diesem Hintergrund wird es unerlässlich sein, dass die Meldestellenbeauftragten und sonstigen Mitarbeiter in Schlüsselpositionen regelmäßig nachgeschult werden.

Warum ist es sinnvoll alle Mitarbeiter zum HinSchG zu schulen?

Neben der gesetzlich zwingenden Schulung der Meldestellenbeauftragten ist es für Unternehmen jedoch auch sinnvoll, die übrige Belegschaft zu den Grundzügen des Hinweisgeberschutzes zu schulen. Hierzu bieten sich beispielsweise gezielte Workshops an, in denen nicht nur die Existenz der internen Meldestelle unternehmensweit bekannt gemacht werden kann, sondern auch ein Verständnis der Mitarbeiter dafür geschaffen werden kann, für welche Sachverhalte der interne Meldekanal genutzt werden soll und darf. Solche Workshops bieten aus Arbeitgebersicht vor allem folgende Vorteile:

  • Aufklärung über die neuen Rechte und Pflichten nach dem HinSchG, um Wissenslücken auf Seiten der Mitarbeiter zu schließen und Haftungsrisiken auf Unternehmensseite zu minimieren;
  • Bekanntmachung der internen Meldestelle, um einen Anreiz zur Nutzung des internen Meldekanals zu schaffen, bevor sich Mitarbeiter an externe Stelle oder die Öffentlichkeit wenden;
  • Sensibilisierung der Mitarbeiter für melderelevante Sachverhalte, um Kapazitäten der internen Meldestelle bestmöglich nutzen zu können und ihre Funktionsfähigkeit zu gewährleisten;
  • Hinweis der Mitarbeiter auf die Sanktionen des HinSchG (Bußgelder und Schadensersatzpflicht!), um fahrlässige und vorsätzliche Falschmeldungen vorzugreifen.

Denn nur wenn alle Mitarbeiter auch über die nötige Kenntnis und Fachkunde zur internen Meldestelle verfügen, bietet das neu geschaffene Whistleblowing-Verfahren des HinSchG für Unternehmen die Chance, frühzeitig Kenntnis von Rechts- und Compliance-Verstößen zu erlangen und diese abstellen zu können, bevor sich Mitarbeiter an externe Stellen oder die Öffentlichkeit wenden und dies zu ggf. irreparablen Image- und Reputationsschäden für das Unternehmen führt.

Wie können wir Sie unterstützen?

Wir von KLIEMT.Arbeitsrecht unterstützen Sie gerne durch maßgeschneiderte Schulungen und Workshops zum Thema Whistleblowing und Hinweisgeberschutz für Meldestellenbeauftragte, HR- und Compliance-Verantwortliche sowie Mitarbeiter und Führungskräfte. Sprechen Sie uns gerne an.

Lena Fersch

Rechtsanwältin

Senior Associate
Lena Fersch berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät sie ihre Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "Whistleblowing und Compliance".
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