open search
close
Compliance Datenschutz ESG Neueste Beiträge Unternehmensführung

Diversity Monitoring: In Deutschland (noch) problematisch

Print Friendly, PDF & Email

Viele Unternehmen haben sich mittlerweile die Förderung einer diversen Belegschaft zum Ziel gegeben. Hierfür könnte ein Diversity Monitoring ein erster sinnvoller Schritt sein. Bislang stößt eine derartige Abfrage von Diversity-Faktoren auf rechtliche Bedenken. Doch das könnte sich demnächst aufgrund europarechtlicher Vorgaben ändern.

Bedeutung von Diversity Monitoring in Deutschland

Das Diversity Monitoring, d.h. die gezielte Sammlung von Informationen über Diversity-Eigenschaften der Belegschaft (wie Migrationshintergrund, Religion, Behinderung, soziale Herkunft u.a.), rückt in Deutschland immer stärker in den Fokus der Unternehmensführung. Im anglo-amerikanischen Raum sind derartige Prozesse aufgrund gesetzlicher Vorgaben weit verbreitet. Insbesondere deutsche Tochtergesellschafter internationaler Konzerne werden darum immer häufiger mit Anfragen zur Diversität ihrer Belegschaft konfrontiert. Dieser Trend wird sich künftig noch verstärken – dazu unten mehr.

Aktuelle Rechtslage in Deutschland

Immer mehr Unternehmen nehmen für sich in Anspruch, eine diverse Belegschaft fördern zu wollen. Gleichzeitig ist ein gezieltes Einstellen von Bewerbern aufgrund von Diversity-Faktoren mit dem AGG unvereinbar. Eine Bestandsaufnahme über die Diversität der Belegschaft könnte aber in einem ersten Schritt helfen, um in einem zweiten Schritt geeignete Maßnahmen zur Förderung der Diversität ermitteln und ergreifen zu können.

Doch auch wenn die erlangten Erkenntnisse wünschenswert sein mögen – Diversity Monitoring begegnet nach aktueller Rechtslage erheblichen Bedenken. Eine Erforderlichkeit der Datenerhebung und -verarbeitung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes dürfte in den meisten Fällen nicht vorliegen (ausgenommen z.B. Informationen über eine Schwerbehinderung, die der Arbeitgeber für die Erfüllung der Pflichten aus dem SGB IX kennen muss).

Denkbar ist natürlich eine Abfrage und Datenverarbeitung auf freiwilliger Basis. Dann bedarf es aber einer Einwilligung der Beschäftigten. Eine derartige Einwilligung müsste insbesondere den Umfang und Zweck der Datenverarbeitung erkennen lassen, und sie wäre jederzeit für den Arbeitnehmer widerruflich. Spätestens bei einer Datenübermittlung in die USA gelten aufgrund der Schrems-II-Entscheidung des EuGH strenge Anforderungen. In aller Regel werden die Diversity-Kriterien zudem über technische Einrichtungen verarbeitet oder gespeichert werden. In diesem Falle müsste der Arbeitgeber die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wahren.

In Summe stößt ein Diversity Monitoring nach bisheriger Rechtslage auf erhebliche rechtliche Herausforderungen. Allein die Abfrage einer Konzerngesellschaft, die entsprechende Daten für ihr Reporting benötigt, dürfte keine ausreichende Grundlage für eine Datenerhebung und -verarbeitung darstellen.

Neue europarechtliche Vorgaben in 2022

Auch in der deutschen Rechtsordnung wird das Thema Diversity aber zwangsläufig an Bedeutung gewinnen. Hintergrund ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU, die noch 2022 in Kraft treten dürfte und voraussichtlich schon mit Wirkung zum Geschäftsjahr 2023 in die nationalen Rechtsordnungen umzusetzen sein wird. Die Richtlinie schreibt für eine Vielzahl von Unternehmen Berichtspflichten über ESG-Faktoren (Environmental, Social, Governance) vor – insbesondere über Diversity-Kriterien.

Wenn aber Unternehmen verpflichtet sind, über die Diversität ihrer Beschäftigten zu berichten, benötigen sie die zugehörigen Daten. Wie sich die erforderlichen Daten unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Vorgaben sammeln lassen, beantwortet der aktuelle Stand der Richtlinie nicht. Umso aufmerksamer sollten Arbeitgeber die bevorstehende Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht beobachten. Je nach der Ausgestaltung lässt sich nach der Umsetzung ggf. die Zulässigkeit eines Diversity Monitorings leichter bejahen. Über den Stand auf europäischer und nationaler Ebene werden wir fortlaufend auf unserem Blog berichten.

KLIEMT.Arbeitsrecht




Wir sind Deutsch­lands führende Spe­zi­al­kanz­lei für Arbeits­recht (bereits vier Mal vom JUVE-Handbuch als „Kanzlei des Jahres für Arbeitsrecht“ ausgezeichnet). Rund 90 erst­klas­sige Arbeits­rechts­exper­ten beraten Sie bundesweit von unseren Büros in Düs­sel­dorf, Berlin, Frankfurt, München und Hamburg aus. Kompetent, persönlich und mit Blick für das Wesent­li­che. Schnell und effektiv sind wir auch bei komplexen und grenz­über­schrei­ten­den Projekten: Als einziges deutsches Mitglied von Ius Laboris, der weltweiten Allianz der führenden Arbeitsrechtskanzleien bieten wir eine erstklassige globale Rechtsberatung in allen HR-relevanten Bereichen.
Verwandte Beiträge
ESG Internationales Arbeitsrecht Neueste Beiträge

Update Nachhaltigkeitsberichterstattung: CSRD nun auch in Deutschland

Gut eineinhalb Jahre hat es gedauert, nun wurde der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) für ein deutsches Umsetzungsgesetz der europäischen CSRD-Richtlinie (CSRD) am 22. März 2024 veröffentlicht. In diesem setzt das BMJ die Richtlinie im Wesentlichen 1:1 um. Doch was bedeutet das für in Deutschland ansässige Unternehmen? Die deutsche Umsetzung der CSRD Hinter dem Akronym „CSRD“ steckt die als „Corporate Social Responsibility Directive“ benannte…
ESG Internationales Arbeitsrecht Neueste Beiträge

Update CSDDD: Die europäische Lieferkettenrichtlinie kommt

Die EU-Mitgliedstaaten haben am 15.03.2024 der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) zugestimmt, die Unternehmen verpflichtet, ihre Lieferketten auf nachhaltige Umwelt- und Arbeitspraktiken zu überprüfen. Nachdem die Abstimmung zuletzt mehrfach verschoben wurde, kam doch noch eine Einigung auf den Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft zustande, welcher einen reduzierten Anwendungsbereich und eine gestaffelte Umsetzung vorsieht. Um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, wird Deutschland vermutlich Anpassungen beim…
Compliance ESG Internationales Arbeitsrecht Neueste Beiträge

EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte bringt „versteckte“ arbeitsrechtliche Sorgfaltspflichten

Am 30. Juni 2023 trat die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten, die EU Deforestation Regulation (im Folgenden „EUDR“) in Kraft. Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, ergeben sich aus dieser Regelung nicht nur umweltbezogene, sondern auch arbeitsrechtliche Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Insbesondere dann, wenn Sie in den Branchen Herstellung und Handel mit (bestimmten) Lebensmitteln oder Holz- und Papierprodukten, als Automobilzulieferer oder Hersteller technischer Bauteile aktiv…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert