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BAG bestätigt: Kein Urlaubsanspruch für Zeiten von Kurzarbeit Null

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Die Frage der Berechnung des Urlaubsanspruchs für Zeiten von Kurzarbeit Null hat bei der hohen Zahl von Kurzarbeitern in den Jahren 2020 und 2021 eine enorm hohe praktische Relevanz. Das BAG hat nun mit einer neuen Entscheidung die Position von Arbeitgebern gestärkt.

Das BAG hat in der vorletzten Woche eine in der Fachpresse als „Grundsatzurteil“ bezeichnete Entscheidung zum Urlaubsanspruch für Zeiten von Kurzarbeit Null getroffen, die Arbeitgebern zugutekommt. Das BAG folgt mit seiner Entscheidung den Vorinstanzen. Über die entsprechende Entscheidung des LAG Düsseldorf hatten wir bereits im Frühjahr auf unserem Blog berichtet.

Der Sachverhalt

Die klagende Arbeitnehmerin war auf Basis einer 3-Tage-Woche bei der Beklagten teilzeitbeschäftigt. Nach ihrem Arbeitsvertrag stand ihr bei einer 6-Tage-Woche ein jährlicher Urlaubsanspruch von 28 Werktagen zu. Bei der vereinbarten 3-Tage-Woche entsprach dies einem jährlichen Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen.

Aufgrund pandemiebedingten Arbeitsausfalls führte die Beklagte Kurzarbeit auf individualvertraglicher Grundlage ein. Die Klägerin war daraufhin in den Monaten April, Mai und Oktober 2020 vollständig von der Arbeitspflicht befreit, in den Monaten November und Dezember 2020 arbeitete sie insgesamt nur an fünf Tagen.

Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen die Neuberechnung des Urlaubsanspruchs durch die Beklagte in Höhe von 11,5 Arbeitstagen für das Jahr 2020. Die Klägerin war der Ansicht, kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden. Die Beklagte sei daher nicht berechtigt gewesen, den Urlaub zu kürzen. Für das Jahr 2020 stünden ihr daher weitere 2,5 Urlaubstage zu.

Die Entscheidung des BAG

Das BAG entschied mit Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21 –, dass die Klägerin keinen Anspruch auf weitere 2,5 Arbeitstage Erholungsurlaub für das Kalenderjahr 2020 habe und wies die Klage ab.

Nach der bislang nur als Pressemitteilung vorliegenden Begründung des Gerichts rechtfertigt der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage eine Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. Der Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2020 übersteige deshalb nicht die von der Beklagten berechneten 11,5 Arbeitstage. Schon allein bei Zugrundelegung der drei Monate, in denen die Arbeit der Klägerin vollständig ausgefallen sei, stehe der Klägerin lediglich einen Urlaubsanspruch von 10,5 Arbeitstagen zu.

In einer weiteren Entscheidung vom selben Tag (9 AZR 234/21) entschied das BAG zudem, dass diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn die Kurzarbeit nicht auf individualvertraglicher Grundlage, sondern wirksam aufgrund einer Betriebsvereinbarung eingeführt wurde.

Einordnung der Entscheidung und Ausblick

Die Entscheidung des BAG war so zu erwarten. Sie liegt auf einer Linie mit geltendem EU-Recht. Der EuGH hatte bereits im Jahr 2012 entschieden, dass während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entstehe. Gleichwohl gibt das Urteil des BAG nun die notwendige Rechtssicherheit zur Berechnung des Urlaubsanspruchs für Zeiten von Kurzarbeit Null.

Vanessa Meißner, LL.M.

Rechtsanwältin

Senior Associate
Vanessa Meißner berät nationale und internationale Unternehmen vorwiegend in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs-, und Abwicklungsverträgen. Darüber hinaus konzentriert sie sich auf betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
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