Als „red flags“ bezeichnet man im M&A-Jargon Risiken, die im Rahmen einer „Due Diligence“-Prüfung bei den Zielgesellschaften einer Unternehmenstransaktion identifiziert werden. Dieser Beitrag befasst sich mit ausgewählten arbeitsrechtlichen red flags, die für den Erwerber schnell zur Kostenfalle werden können.
Management
Arbeitsrechtliche Stolpersteine einer Unternehmenstransaktion finden sich häufig in den Anstellungsverträgen des Managements der Zielgesellschaft. Neben den Regelungen zur Vergütung sind insbesondere die Bestimmungen zur Laufzeit bzw. Kündbarkeit der Anstellungsverhältnisse risikobehaftet.
Klassische red flags in diesem Zusammenhang können sog. change of control-Klauseln sein. Diese begründen, abhängig von der Struktur der Transaktion, ein Sonderkündigungsrecht des Managements, sich kurzfristig von dem bestehenden Anstellungsverhältnis mit der Zielgesellschaft zu lösen.
In Konstellationen, in denen der Erwerber zur Fortführung der Zielgesellschaft auf die Personen des Managements angewiesen ist (z.B. wegen persönlicher Kundenkontakte oder des Know-hows des Managements), kann das Abwandern der „Köpfe“ der Zielgesellschaft empfindliche Folgen für den Erwerber haben. Gepaart mit unzureichenden nachvertraglichen Wettbewerbsregelungen potenziert sich das Risiko dahingehend, dass die „ehemalige“ Führungsmannschaft der Zielgesellschaft nach der Transaktion fortan für Wettbewerbsunternehmen tätig werden kann.
Freelancer
Beim Einsatz von Freelancern bestehen red flags insbesondere in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht, wenn vermeintlich selbstständige Freiberufler de facto in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit der Zielgesellschaft stehen (sog. „Scheinselbstständigkeit“).
Die Kostenfalle für den Erwerber schnappt dann zu, wenn die Scheinselbstständigkeit nach Abschluss der Transaktion durch die Rentenversicherung festgestellt wird. Der Erwerber haftet dann nicht nur für den ausstehenden Arbeitgeber- sondern auch für den ausstehenden Arbeitnehmeranteil. Hinzu kommen entsprechende Säumniszuschläge, die je nach Anzahl der eingesetzten Scheinselbstständigen empfindliche finanzielle Folgen für den Erwerber haben können.
Das Thema Scheinselbstständigkeit erschöpft sich aber nicht in finanziellen Risiken. Wegen der (auch) strafrechtlichen Relevanz des Einsatzes von Scheinselbstständigen birgt dieser zudem persönliche Risiken für das Management der Zielgesellschaft.
Leiharbeitnehmer
Mit der Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) wurde der rechtliche Rahmen für eine zulässige Arbeitnehmerüberlassung enger und strenger. Verstöße gegen das AÜG werden mit u.U. empfindlichen Bußgeldern von bis zu EUR 500.000 pro Fall geahndet. Zudem führen formale Fehler bei der Bezeichnung der Arbeitnehmerüberlassung und die Überschreitung der zulässigen Höchstüberlassungsdauer zu einem gesetzlich fingierten Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer. Risiken für den Erwerber eines entleihenden Zielunternehmens bestehen daher in vielerlei Hinsicht.
Oft übersehen wird, dass der aus der gesetzlichen Fiktion resultierende Zuwachs der Belegschaft für das Überschreiten mitbestimmungsrechtlich relevanter Schwellenwerte bedeutsam werden kann. Je nach Überlassungsdauer kann weiterhin die Auflösung der mit den Leiharbeitnehmern fingierten Arbeitsverhältnisse durch die Anwendbarkeit der gesetzlichen Kündigungsschutzvorschriften erschwert werden.
Kollektivvereinbarungen
Die Bestimmungen von Kollektivvereinbarungen (Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen) gelten in bestimmten Fällen auch im Anschluss an die Transaktion bei der Zielgesellschaft weiter. Vom Erwerber einzukalkulierende Risiken können beispielsweise darin liegen, dass noch gültige Interessenausgleiche und Sozialpläne mit einer vom Erwerber geplanten Umstrukturierung der Zielgesellschaft in Konflikt stehen. Auch im Übrigen können in Kollektivvereinbarungen geregelte Sonderkündigungsrechte oder Arbeitnehmerbenefits zur Stolperfalle werden. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn die jeweiligen Benefits vom Erwerber nicht oder nur mit zusätzlichen Kosten fortgeführt werden können (so z.B. Phantom Share-Programme).
Best Practice
In jedem Stadium der Transaktion gilt es, die oben dargestellten Risiken frühzeitig zu identifizieren, zu bewerten und an der richtigen Stelle zu adressieren. Soweit das identifizierte Risiko nicht ohnehin zum „deal-killer“ wird, sollten zwingend entsprechende Garantien bzw. Freistellungen in den zugrundeliegenden Kaufvertrag aufgenommen werden. Bei kalkulier- und kontrollierbaren Risiken bietet sich zudem ein „Einpreisen“ der identifizierten Risiken in den Kaufpreis an.
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Die arbeitsrechtliche Due Diligence #1