Mit „Due Diligence“ bezeichnet man bspw. die dem Unternehmenskauf, der Unternehmensübernahme oder Gründung eines Joint Ventures vorausgehende Prüfung des Kauf- oder Übernahmeobjekts. Der Begriff der Due Diligence verweist darauf, dass hierbei die „erforderliche Sorgfalt“ einzuhalten ist. Die arbeitsrechtliche Due Diligence dient der Bewertung von Chancen, Risiken und Schwachstellen, die aus der Übernahme von Personal bei Unternehmenskäufen resultieren können.
In Teil 1 der Serie in unserem Blog vom 7. März 2017 haben wir die Zielsetzung und den Ablauf der Due Diligence, in Teil 2 am 21. März 2017 die Prüfungsschwerpunkte einer Due Diligence vorgestellt. In Teil 3 der Serie stellen wir dar, welche Besonderheiten bei einem Asset Deal bzw. einem Share Deal bereits im Rahmen der Due Diligence und bei dem Entwurf des Kaufvertrags zu beachten sind.
Asset Deal in Abgrenzung zum Share Deal
Unter einem Asset Deal versteht man eine Einzelrechtsübertragung. Der Veräußerer überträgt folglich die einzelnen Bestandteile des Vermögens des Unternehmens („assets“) im Wege der Übereignung bzw. Abtretung auf den Erwerber. Abhängig von Art und Umfang der Übertragung kann ein Asset Deal einen Betriebsübergang auslösen. Auf der Grundlage eines solchen Betriebsübergangs gehen die Arbeitsverhältnisse per Gesetz vom Veräußerer auf den Erwerber über, wenn die Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen. Der Erwerber tritt in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ein.
Bei einem Share Deal wird ein Unternehmen als Rechtsträger im Wege eines Verkaufs der Geschäftsanteile übertragen. Es erfolgt somit lediglich ein Wechsel im Gesellschafterkreis der Zielgesellschaft. Bei einem Share Deal finden die Rechtsvorschriften zum Betriebsübergang keine Anwendung. Die arbeitsrechtliche Zuordnung der Arbeitsverhältnisse ändert sich nicht. Da die gesetzliche Regelung zum Betriebsübergang keine Anwendung findet, übernimmt der Erwerber die Arbeitgeberstellung, ohne dass für die Arbeitnehmer eine Widerspruchsmöglichkeit besteht. Dies ist vorteilhaft, wenn der Verkäufer die gesamte Belegschaft zur Fortführung des Unternehmens benötigt.
Welche Besonderheiten sind bei einem Asset Deal zu berücksichtigen?
Sofern mit einem Asset Deal ein Betriebsübergang verbunden ist, sind diverse Besonderheiten zu beachten:
Arbeitsverhältnisse
Widersprechen die Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber nicht, gehen alle dem Betrieb(steil) zuzuordnenden Arbeitsverhältnisse unmittelbar vom Veräußerer auf den Erwerber über. Bei dem Entwurf des Kaufvertrags ist daher aus Sicht des Erwerbers eine Regelung aufzunehmen, die den Übergang der gewünschten Arbeitnehmer absichert und zumindest das finanzielle Risiko eines Übergangs nicht erwünschter Arbeitnehmer mindert.
Der Veräußerer drängt hingegen in der Regel auf eine Formulierung, wonach der Erwerber etwaige Kosten einer Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit widersprechenden Arbeitnehmern trägt. In der konkreten Umsetzung bedeutet dies, dass die erwünschten Arbeitnehmer in einem dem Kaufvertrag beigefügten Anhang namentlich gelistet sein sollten. Über eine weitere Regelung muss geklärt werden, wer die finanziellen Lasten eines Übergangs von Mitarbeitern, die nicht in der Liste genannt werden, trägt. Sofern das Know-How der Mitarbeiter für den Erwerber ein oder der entscheidende Grund für den Unternehmenskauf war, wird der Erwerber ein Rücktrittsrecht für den Fall vereinbaren wollen, dass eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern oder aber bestimmte Schlüsselmitarbeiter dem Betriebsübergang widersprechen.
Auch die gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern zu treffenden Maßnahmen wie bspw. der Ausspruch von Beendigungs- oder Änderungskündigungen vereinbaren die Vertragsparteien oft schon im Kaufvertrag. Häufig liegt weiterhin eine Versicherung des Erwerbers, den Betrieb tatsächlich fortzuführen, im Interesse des Veräußerers.
Haftungsverteilung
§ 613a Abs. 2 BGB trifft bereits eine Regelung über die Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber hinsichtlich der finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern. Veräußerer und Erwerber können sich jedoch im Kaufvertrag auf hiervon abweichende Regelungen im Innenverhältnis einigen. Für Ansprüche aus bspw. Arbeitszeit- oder Urlaubskonten aus dem Zeitraum vor der Transaktion lässt sich der Erwerber in der Regel einen Ausgleich gewähren. Denkbar ist selbstverständlich auch ein Abzug beim Kaufpreis.
Unterrichtung der Arbeitnehmer
Der Veräußerer und der Erwerber sind schließlich nach § 613a Abs. 5 BGB verpflichtet, die Arbeitnehmer rechtzeitig über den Betriebsübergang zu unterrichten. Empfehlenswert ist es, den Beitrag der Parteien zum Unterrichtungsschreiben zumindest in groben Zügen bereits im Kaufvertrag zu regeln. Ebenso regeln die Parteien häufig, wer zu welchem Zeitpunkt seinen Unterrichtungspflichten nachkommt. Auch eine Einstandspflicht für die Richtigkeit der Angaben der jeweils anderen Partei kann in den Vertrag aufgenommen werden.
Um Streitigkeiten über die Eigentumsverhältnisse an den Personalakten zu vermeiden (vgl. OLG Thüringen, Urteil vom 2. Mai 2012 – 7 U 971/11), sollte außerdem die Verpflichtung zur Herausgabe der Personalakten zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Betriebsübergang in den Kaufvertrag aufgenommen werden.
Betriebliche Altersversorgung
Ansprüche der aktiven Arbeitnehmer aus betrieblicher Altersversorgung gehen als Folge des Betriebsübergangs auf den Erwerber über. Vorteilhaft ist aus Sicht des Erwerbers, dass bei einem Asset Deal die betrieblichen Altersvorsorgeansprüche ausgeschiedener Arbeitnehmer nicht nach § 613a BGB von dem Betriebsübergang erfasst werden.
Geschäftsführer und Vorstände
Bei einem Asset Deal ist weiterhin zu beachten, dass die Dienstverhältnisse mit den Organmitgliedern, also der Vorstände oder Geschäftsführer, nach der Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts nicht im Wege des Betriebsübergangs auf den Erwerber übergehen (vgl. nur BAG, Urteil vom 13.2.2003 – 8 AZR 654/01). Dies gilt ebenso für die Organverhältnisse. Sollte der Veräußerer daher an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit interessiert sein, muss er eigenständige Vereinbarungen mit den Geschäftsführern oder Vorständen treffen. Insofern kann auch eine Bemühensklausel hinsichtlich des Einsatzes des Veräußerers für eine Fortführung der Dienst- und Organverhältnisse mit dem Erwerber aufgenommen werden.
Abzuwarten bleibt allerdings, ob der Europäische Gerichtshof wie zuletzt in seiner Entscheidung zur Berücksichtigung von Fremdgeschäftsführern im Rahmen der Massenentlassungsanzeige (EuGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – Rs. C-229/14 -Balkaya) zu einem abweichenden Ergebnis kommt und der Betriebsübergangsrichtlinie den Übergang des Anstellungsverhältnisses mit dem Fremdgeschäftsführer auf den Erwerber entnimmt.
Welche Besonderheiten sind bei einem Share Deal zu berücksichtigen?
Ein Share Deal löst keinen Betriebsübergang aus, wenn mit dem Share Deal nicht weitere Änderungen auf betrieblicher Ebene verbunden sind. Dies hat folgende Auswirkungen:
Kontinuität bei den Arbeitsverhältnissen
Da sich bei einem Share Deal die arbeitsrechtliche Zuordnung der Arbeitsverhältnisse nicht ändert, sind die oben für den Fall eines Betriebsübergangs geschilderten Regelungen nicht in den Kaufvertrag aufzunehmen. Im Falle eines Share Deals bleiben die Arbeitsverhältnisse nebst arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten unverändert bestehen. In der Regel werden im Kaufvertrag allerdings wie bei einem Asset Deal umfangreiche Regelungen zur Feststellung des Status Quo aufgenommen. Die Auflistung aller Arbeitnehmer in einer Anlage zum Kaufvertrag ist auch bei einem Share Deal sinnvoll, um umfassende Kenntnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse zu erlangen.
Geschäftsführer und Vorstände
Hinsichtlich der Organverhältnisse sowie der Dienstverträge mit den Geschäftsführern oder Vorständen bleibt ebenfalls Kontinuität gewahrt. Daher muss der Erwerber mit den Geschäftsführern oder Vorständen keine Regelungen treffen, sondern kann die Dienstverhältnisse unverändert fortführen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Dienstverträge sog. Change of Control-Sonderkündigungsrechte enthalten. Anpassungsbedarf kann gegebenenfalls bei Vergütungsvereinbarungen bestehen, die einen Bezug zur (bisherigen) Muttergesellschaft haben. Hier muss nach alternativen Lösungen gesucht werden, wenn der Anknüpfungspunkt aufgrund der nicht mehr bestehenden Konzernangehörigkeit entfällt.
Betriebliche Altersversorgung
Der Erwerber übernimmt anders als bei einem zu einem Betriebsübergang führenden Asset Deal auch die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung der ausgeschiedenen und nicht nur die Ansprüche der derzeitigen Arbeitnehmer des Unternehmens. Bei Direktzusagen gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern sind daher die Bilanzen auf Rückstellungen hin zu überprüfen.
Fazit
Für die Entscheidung, ob ein Unternehmenskauf als Asset oder Share Deal erfolgt, sind in der Regel steuerrechtliche Erwägungen maßgeblich. Aus Sicht des arbeitsrechtlichen Beraters sind sodann die arbeitsrechtlichen Konsequenzen des Asset bzw. des Share Deals umfassend gegenüber dem Mandanten zu erläutern. Der Berater muss außerdem die kaufvertraglichen Regelungen mit Blick auf die typischerweise aus Asset bzw. Share Deals folgenden Risiken und mit Blick auf das Veräußerer- bzw. Erwerberinteresse sorgfältig gestalten.
Hallo Frau König,
mit Interesse habe ich Ihre Ausführungen gelesen und mir stellt sich nur folgende Frage.
Im Fall einer vorliegenden Insolvenz werden wesentliche Vermögensgegenstände in Form eines Asset-Deals an eine neu gegründete Gesellschaft übertragen. Somit besteht erst Recht bei der Übernahme des Personal ein Betriebsübergang nach § 613a BGB.
Welche arbeitsrechtlichen Altlasten übernimmt der Erwerber in diesem Fall der Insolvenz bzgl. der Betriebszugehörigkeit und damit zusammenhängenden Kündigungsfristen, Abfindungen etc….?
Mit freundlichen Grüßen
René Koch
Hallo Herr Koch,
vielen Dank für Ihr Interesse und die weiterführende Frage zu unserem Blog-Beitrag. § 613a BGB findet auf die Übernahme eines Betriebes oder Betriebsteils vom Insolvenzverwalter Anwendung, jedoch nicht uneingeschränkt. So sind die Bestandsschutzregelungen des § 613a BGB im Insolvenzverfahren uneingeschränkt anwendbar, die Haftungsanordnungen der Vorschrift jedoch nicht.
Daher sind bei einem Betriebsinhaberwechsel die beim Betriebsveräußerer erbrachten Beschäftigungszeiten bei der Berechnung der Kündigungsfrist grundsätzlich zu berücksichtigen (jedoch schafft die Insolvenzordnung Erleichterungen für Kündigungen durch den Insolvenzverwalter, die unter Umständen auch dem Betriebserwerber zugutekommen können). Hinsichtlich der Haftungsregelungen des § 613a BGB steht der Betriebserwerber grds. nicht für solche Ansprüche ein, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits entstanden waren. Insoweit gehen die Verteilungsgrundsätze des Insolvenzverfahrens vor – das hat das BAG in ständiger Rechtsprechung klargestellt.
Freundliche Grüße
Ihr Team von Arbeitsrecht. Weltweit.