Arbeitgeber verwenden oft viel Zeit auf Bewerbungsverfahren, um bei einer Einstellung eine informierte Entscheidung zu treffen und es zu vermeiden, ungeeignete Kandidaten einzustellen, die nach kurzer Zeit kündigen bzw. gekündigt werden. Neben dem klassischen Bewerbungsgespräch nutzen Arbeitgeber oft noch auch modernere Tools und Möglichkeiten der Informationsgewinnung wie E-Recruiting und Backgroundchecks. Dem Interesse des Unternehmens an möglichst umfassenden Informationen über Kandidaten steht das Recht der Bewerber auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber. Dieser Beitrag gibt einen Überblick, welche Informationen Unternehmen einholen dürfen und inwieweit Arbeitgebern Grenzen gesetzt sind.
Datenschutzrechtliche Risiken im Rahmen von Bewerbungsverfahren
Datenschutzrechtliche Verstöße im Rahmen von Bewerbungsverfahren können empfindliche Bußgelder und Schadensersatzpflichten nach sich ziehen. Die spanische Datenschutzbehörde hat beispielsweise gegen eine Tochtergesellschaft eines großen Onlineversandhändlers wegen zu weitgehender Backgroundchecks ein Bußgeld in Höhe von 2 Millionen Euro verhängt (Entsch. v. 11.2.2022 – No: PS/00267/2020). Bewerber konnten ihre Bewerbung nur dann über eine App übermitteln, wenn sie gleichzeitig auch ein eintragungsfreies polizeiliches Führungszeugnis hochluden und der Übermittlung der Daten an alle Konzernunternehmen des Onlineversandhändlers und an einen externen Dienstleister mit Sitz in den USA zustimmten.
Arbeitgeber sollten sich vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und reputationsbezogenen Risiken zu weitgehender Bewerberprüfungen mit den rechtlichen Grenzen vertraut machen.
Im Bewerbungsgespräch: Das Fragerecht des Arbeitgebers
Datenverarbeitungen – und hierzu zählt auch die Datenerhebung i. S. einer erstmaligen Einholung von Informationen – stehen datenschutzrechtlich unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, dass es für die Verarbeitung von Daten einer Rechtfertigung bedarf. Informationen, die ein Arbeitgeber im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs abfragt, müssen einen konkreten Bezug zur zu besetzenden Stelle aufweisen und damit geeignet sein, eine konkrete Aussage über die Eignung des Bewerbers zu treffen. Liegt diese Voraussetzung vor, besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Information – die Datenerhebung ist dann erforderlich. Fragen ohne sachlichen Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Stelle sind demgegenüber nicht vom Fragerecht gedeckt.
Das Fragerecht des Arbeitgebers im Bewerbungsprozess wird darüber hinaus durch das Benachteiligungsverbot des AGG begrenzt: Ein Fragerecht besteht nicht, sofern eine unterschiedliche Behandlung von Bewerbern oder Arbeitnehmern aufgrund eines abgefragten Umstands nicht gerechtfertigt ist. Die Frage nach einer Schwangerschaft ist daher unzulässig.
Überschreitet ein Arbeitgeber die Grenzen seines Fragerechts, steht es Bewerbern frei, die Frage nicht zu beantworten oder sogar die Unwahrheit zu sagen (sog. Recht zur Lüge).
Zulässige Fragen sind von Bewerbern hingegen wahrheitsgemäß zu beantworten. Hat ein Bewerber den künftigen Arbeitgeber arglistig getäuscht oder unterliegt der Arbeitgeber infolge der Antwort einem Irrtum über Eigenschaften des Bewerbers (z. B. über das Vorliegen eines bestimmten Schul- oder Ausbildungsabschlusses oder von Sprachkenntnissen), kann der Arbeitsvertrag angefochten werden.
Background Checks: Nutzung von Suchmaschinen und sozialen Netzwerken
Viele Bewerber geben online vielfältige Informationen von sich preis, ohne zu bedenken, dass auch ein potenzieller Arbeitgeber diese einsehen kann. Online-Überprüfungen von Unternehmen sind dennoch auf die erforderlichen berufsrelevanten Informationen zu beschränken.
Daten aus Suchmaschinen, d. h. Daten, die allgemein zugänglich sind, dürfen von Arbeitgebern nur dann weiterverarbeitet werden, wenn hierdurch keine schutzwürdigen Interessen des Bewerbers beeinträchtigt werden und der Arbeitgeber an der Datenerhebung ein berechtigtes Interesse hat. Arbeitgeber dürfen deshalb wiederum nur solche Daten aus Suchmaschinen verarbeiten, die einen Bezug zu der zu besetzenden Stelle aufweisen und geeignet sind, eine konkrete Aussage über den Bewerber zu treffen. Bei Daten, welche die politische Haltung oder Hobbies betreffen, ist dies regelmäßig nicht der Fall – Ausnahmen sind jedoch möglich. Unvorteilhafte Party-Fotos aus lang vergangenen Jugendzeiten dürften regelmäßig im Bewerbungsprozess außer Betracht zu lassen sein.
Diese Grundsätze gelten auch bei Daten aus sozialen Netzwerken: Soweit die Informationen einen Stellenbezug haben, dürfen sie verarbeitet werden. Dabei dürfte es entgegen einer früher vielfach propagierten Differenzierung für die Zulässigkeit der Datenerhebung nicht mehr allein darauf ankommen, ob Daten in beruflichen oder privaten Netzwerken hinterlegt sind, weil die Grenzen zunehmend verschwimmen. Nach wie vor für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung entscheidend ist jedoch, ob der Bewerber Daten freiwillig öffentlich zur Verfügung gestellt oder nur für bestimmte Nutzer freigeschaltet hat. Es ist Arbeitgebern insbesondere nicht erlaubt, sich den Zugang zu nur beschränkt geteilten Informationen des Bewerbers zu erschleichen und auf diese Weise erlangte Daten im Bewerbungsverfahren zu verarbeiten.
Was haben Arbeitgeber bei der Überprüfung von Bewerbern zu beachten?
Arbeitgeber sollten Daten im Bewerbungsverfahren möglichst direkt beim Bewerber erheben. Im Übrigen dürfen nur solche Informationen – z. B. durch Online-Recherchen – erhoben werden, die einen konkreten Bezug zur ausgeschriebenen Stelle haben. Nutzen Arbeitgeber zur Informationsgewinnung neben den Bewerbungsunterlagen und dem Bewerbungsgespräch weitere Quellen, ist der Bewerber hierüber zu informieren.