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Update: EU-Parlament beschließt Richtlinie zur Nachhaltigkeits­berichterstattung

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Aufbauend auf der politischen Einigung des Europäischen Ministerrats und des Europäischen Parlaments im Juni 2022 lag die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung („Corporate Sustainability Reporting Directive” – CSRD) dem EU-Parlament nunmehr in erster Lesung zur Entscheidung vor. Der Entwurf zur CSRD wurde am 10. November 2022 mit großer Mehrheit (525 Ja-Stimmen, 60 Nein-Stimmen und 28 Enthaltungen) beschlossen.

Bereits im Februar 2022 hatten wir in unserem Blog über aktuelle Entwicklungen zu ESG, CSR oder Sustainability aufgrund neuer EU-Gesetzgebung berichtet. Mit der Annahme des Entwurfs zur CSRD durch das EU-Parlament am 10. November 2022 werden diese Entwicklungen nun konkreter.

Hintergrund: EU-Richtlinie zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen

Die EU-Kommission hatte mit der Richtlinie 2014/95/EU bereits im Oktober 2014 Anforderungen für bestimmte Unternehmen festgeschrieben, wonach diese eine „nichtfinanzielle Erklärung“ zu wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekten abzugeben haben („Non-Financial Reporting Directive“ – NFRD). Die NFRD wurde in Deutschland über das Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten („CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz“) im April 2017 umgesetzt. Seit 2018 ist daher bereits eine Nachhaltigkeitsberichterstattung über nichtfinanzielle Informationen (bspw. Umweltschutz, soziale Verantwortung, Umgang mit Mitarbeitenden, Achtung der Menschenrechte, Antikorruption, Bestechung und Diversität in Unternehmensvorständen) im Lagebericht oder in einer separaten Anlage für große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Banken und Versicherungen, die mehr als 500 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt beschäftigen, verpflichtend.

EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Das EU-Parlament forderte schon 2018 eine Überarbeitung der NFRD zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen und legte 2020 seine Empfehlungen zur nachhaltigen Unternehmensführung vor. Diese werden nun durch die „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD) umgesetzt. Der Entwurf zur CSRD wurde am 10. November 2022 durch das EU-Parlament beschlossen. Die CSRD wird die NFRD mit detaillierteren Berichtspflichten für einen erweiterten Kreis der betroffenen Unternehmen ersetzen. Sie ist Teil einer umfassenden EU-Politik, um Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte und zur Verringerung ihrer Auswirkungen auf unseren Planeten zu verpflichten.

Ausweitung der berichtspflichtigen Unternehmen

Der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen wurde deutlich ausgeweitet:

  • Die neue Berichtspflicht greift für Unternehmen, wenn zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sind: Das Unternehmen beschäftigt über 250 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt (unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung) und/oder die Bilanzsumme beträgt über 20 Millionen Euro und/oder der Umsatz beträgt über 40 Millionen Euro.
  • Ferner sind auch alle kapitalmarktorientierten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), mit Ausnahme von Kleinstunternehmen betroffen. Als klein gelten Unternehmen, wenn zwei der drei folgenden Kriterien erfüllt sind: Das Unternehmen beschäftigt über 10 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt und/oder die Bilanzsumme beträgt über 350.000 Euro und/oder der Umsatz beträgt über 700.000 Euro.
  • Schließlich werden ab 2028 auch nicht europäische Unternehmen, die in der EU einen Umsatz von mehr als 150 Millionen Euro erzielen und mindestens eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU haben, zur Vorlage eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet.

Zeitpunkt der neuen Berichtspflichten

Für die neuen Berichtspflichten gilt ein Stufenmodell:

  • Ab dem 1. Januar 2024 gelten die neuen Berichtspflichten für Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern, die bereits der NFRD unterliegen, mit einer Berichtspflicht im Jahr 2025.
  • Ab dem 1. Januar 2025 gelten die neuen Berichtspflichten für große Unternehmen, die derzeit nicht der NFRD unterliegen, mit mehr als 250 Mitarbeitern und/oder 20 Millionen Euro Bilanzsumme und/oder 40 Millionen Euro Umsatz, mit einer Berichtspflicht im Jahr 2026.
  • Ab dem 1. Januar 2026 gelten die neuen Berichtspflichten für börsennotierte KMU sowie für kleine und nicht-komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen, mit einer Berichtspflicht im Jahr 2027, aber mit einer Opt-Out-Möglichkeit bis 2028.

Form der Berichterstattung

Bisher konnten die Unternehmen wählen, ob sie den nichtfinanziellen Bericht im Lagebericht integrieren oder als eigenständigen Bericht veröffentlichen wollten. Künftig muss er zwingend im Lagebericht integriert werden. Ferner soll die Veröffentlichung in einem elektronischen Berichtsformat erfolgen, wodurch eine bessere Vergleichbarkeit und Auswertbarkeit ermöglicht werden soll.

Inhalte der Berichterstattung

Durch die CSRD werden detailliertere Berichtspflichten zu den Auswirkungen von Unternehmen auf die Umwelt, Menschenrechte und Sozialstandards sowie Governance-Faktoren eingeführt, welche auf Kriterien im Einklang mit den EU-Klimazielen basieren. Die notwendigen Informationen beziehen sich bspw. auf das Geschäftsmodell, die Nachhaltigkeitsziele, die Rolle von Management und Aufsichtsorganen, nachhaltigkeitsbezogene Unternehmensrichtlinien, die Wertschöpfungskette des berichtenden Unternehmens und wichtige Risikoinformationen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsbelangen. Die konkreten Inhalte werden durch verbindliche europäische Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards („European Sustainability Reporting Standards“ – ESRS) definiert, welche derzeit von der europäischen Beratungsgruppe für Rechnungslegung („European Financial Reporting Advisory Group“ – EFRAG) im Auftrag der EU-Kommission erarbeitet werden. Die ersten Standards sollen der EU-Kommission noch in diesem Jahr vorgelegt werden, so dass sie von ihr bis zum 30. Juni 2023 angenommen werden können.

Die Richtlinie stellt ferner klar, dass Unternehmen verpflichtet sind, sowohl über die Auswirkungen der Tätigkeiten des Unternehmens auf Mensch und Umwelt als auch über die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsaspekte auf das Unternehmen zu berichten, wobei jeder Wesentlichkeitsaspekt eigenständig zu betrachten ist und Unternehmen sowohl Informationen offen zu legen haben, die nach beiden Aspekten wesentlich sind, als auch Informationen, die nur nach einem Aspekt wesentlich sind.

Nächste Schritte

Der Europäische Rat wird den Vorschlag der Richtlinie voraussichtlich noch Ende November 2022 annehmen. Danach wird er unterzeichnet und im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Richtlinie tritt dann 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft. Im Anschluss daran haben die Mitgliedstaaten die Richtlinie innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umzusetzen.

Dr. Alexa Paehler, LL.M.

Rechtsanwältin
Fach­an­wäl­tin für Arbeitsrecht
Principal Counsel
Alexa Paehler berät Arbeitgeber schwerpunktmäßig bei Kün­di­gungs­rechts­strei­tig­kei­ten, zu Organverhältnissen (Geschäfts­füh­rer/Vorstände), kollektivarbeits­recht­li­chen Fragen sowie zu Unter­neh­mens­käufen.
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