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Neue gesetzliche Quotenregelung für Frauen nach dem FüPoG II

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Das zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) schreibt erstmalig ein Mindestbeteiligungsgebot von Frauen und Männern für Vorstandsgremien in börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen vor. Auch Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes, Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung sowie der öffentliche Dienst des Bundes müssen künftig Beteiligungsgebote beachten. 

Eine feste Quote für das Minderheitsgeschlecht in Aufsichtsräten von 30 Prozent fand bereits seit 2015 bei den 108 börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen Anwendung. Sie führte zu einer Erhöhung des Frauenanteils auf rund 35 Prozent in den Aufsichtsräten (Woman-On-Board-Index 185 2020, Seite 15 ff.). Die mitbestimmten oder börsennotierten Unternehmen unterlagen hingegen lediglich einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Diese erfolgte durch Zielgrößen im Aufsichtsrat, Vorstand und in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands. Das Ergebnis war in den nicht der Quote unterfallenden börsennotierten Unternehmen lediglich ein leichter Anstieg des Frauenanteils auf 22,8 Prozent im Aufsichtsrat.

Überraschenderweise galt dies nicht nur für die großen deutschen Traditionsunternehmen, sondern auch für die ehemaligen Start-Ups, die in den vergangenen 15 Jahren gegründet wurden und inzwischen in einem der Indizes der DAX-Familie vertreten sind. Auch die Festlegung einer Zielgröße „Null“ für weibliche Vorstandsmitglieder war keine Seltenheit. So legten sich 70 Prozent der Unternehmen auf diese Zielgröße fest.

Nach Ablauf der jeweiligen Übergangsfrist sind nach dem FüPoG II folgende Beteiligungsgebote zu wahren:

Beteiligungsgebot für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen in der Privatwirtschaft

  • Vorstände einer AG oder einer SE mit mehr als drei Personen müssen künftig mindestens mit einer Frau und einem Mann besetzt werden. Diese Mindestbeteiligung wird in der Praxis ganz überwiegend durch die Bestellung einer Frau erfüllt werden müssen.
  • Eine Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter Verstoß gegen das Beteiligungsgebot ist nichtig.
  • Unternehmen, die als Zielgröße für den Frauenanteil im Aufsichtsrat, im Vorstand und in den zwei Leitungsebenen unterhalb des Vorstands „Null“ festlegen, müssen dies ausführlich begründen.
  • Den Unternehmen und ihren zuständigen Organen drohen empfindliche Bußgelder, wenn sie sich keine Zielgröße setzen oder die erforderliche Begründung unterlassen. Verstöße gegen die Berichtspflichten über Zielgrößen, Fristen und Begründungen sind als Ordnungswidrigkeit verfolgbar.
  • Betroffen sind rund 70 Unternehmen, von denen 30 aktuell keine Frau im Vorstand haben.

Beteiligungsgebot für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes

  • Bei mehr als zwei Mitgliedern im Geschäftsführungsorgan gilt das Mindestbeteiligungsgebot von einer Frau und einem Mann.
  • Auch im Aufsichtsrat findet eine Mindestquote von 30 Prozent im Hinblick auf das Minderheitengeschlecht Anwendung.
  • Dies gilt unabhängig von einer Börsennotierung oder einer Mitbestimmung und betrifft ca. 106 Unternehmen wie bspw. die Deutsche Bahn AG oder die Bundesdruckerei GmbH.

Beteiligungsgebot für Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung

  • In Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen und bei Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit wird eine Mindestbeteiligung von mindestens einer Frau im Leitungsorgan eingeführt.
  • Dies betrifft rund 155 Sozialversicherungsträger.

Beteiligungsgebot im öffentlichen Dienst des Bundes

  • Bis 2025 sollen 50 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt sein.
  • Zukünftig gelten die Vorgaben des Bundesgremienbesetzungsgesetzes (BGremBG) auch für Aufsichtsgremien, bei denen der Bund zwei Mitglieder bestimmen kann. Dies betrifft bspw. den Aufsichtsrat der DB Cargo oder den Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Brandburg GmbH sowie rund 107 weitere Gremien des Bundes.

Fazit

Im Rahmen einer mittel- und langfristigen Personalplanung müssen die Beteiligungsgebote nach dem nach dem FüPoG II künftig bei der Besetzung der Leitungsorgane beachtet werden. Die Beteiligungsgebote sind bei Neubestellungen von Vorstandsmitgliedern einer mitbestimmten und börsennotierten AG oder SE nach einem Übergangszeitraum ab dem 1. August 2022 umzusetzen. Bestehende Mandate können bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden.

Dr. Julia Christina König

Rechtsanwältin
Fach­an­wäl­tin für Arbeitsrecht
Counsel
Julia König berät Arbeitgeber sowohl zu Fragen des Arbeit­neh­mer­da­ten­schut­zes als auch im Umstruk­tu­rie­rungkontext. Besondere Expertise besitzt sie im Bereich von Unter­neh­men in kirchlicher Trä­ger­schaft sowie aus dem Gesund­heits­sek­tor.
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