Die Zusage einer Altersversorgung durch den Arbeitgeber beinhaltet oftmals auch eine Absicherung der Angehörigen für den Fall des Todes des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers. Das Bundesarbeitsgericht hat sich bereits mit verschiedenen Fragen der Hinterbliebenenversorgung in der betrieblichen Altersversorgung beschäftigt (wir berichteten zuletzt hier über Altersabstandsklauseln). Am 19.2.2019 (3 AZR 150/18, Pressemitteilung) hat das Bundesarbeitsgericht nun einen weiteren Fall zur Hinterbliebenenversorgung in der betrieblichen Altersversorgung entschieden. Es ging es um eine Mindestehedauer für den Bezug einer Witwenrente und die Frage, welche Voraussetzungen eine solche Ausschlussklausel erfüllen muss.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall sahen die Versorgungsregelungen eine Zahlung von 50 % der Versorgungsleistungen, die der berechtigte Arbeitnehmer erhalten hätte, an die Witwe des Arbeitnehmers für den Fall seines Todes vor. Die Zahlung einer Witwenrente war nach dem Pensionsvertrag jedoch ausgeschlossen, wenn die Ehe im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat. Da die Ehe des Arbeitnehmers im Zeitpunkt seines Todes diese Voraussetzung nicht erfüllte, zahlte die Arbeitgeberin an die Witwe des Arbeitnehmers keine Witwenrente aus und berief sich auf die Regelungen des Pensionsvertrages. Die Witwe machte den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung daher gerichtlich geltend. In den ersten beiden Instanzen hatte sie damit keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht gab der Witwe des Arbeitnehmers schließlich Recht und verurteilte die Arbeitgeberin zur Zahlung der Witwenrente gemäß dem Pensionsvertrag.
Die Begründung des Bundesarbeitsgerichts
Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass eine Mindesteheklausel von zehn Jahren in einer vorformulierten Versorgungszusage eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten darstellt. Eine solche Klausel sei daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sage der Arbeitgeber eine Hinterbliebenenversorgung zu, entspreche es der im Gesetz angelegten Vertragstypik, dass die Ehepartner der Arbeitnehmer abgesichert sind. Davon weiche der Arbeitgeber ab, wenn er eine mindestens zehn Jahre bestehende Ehe für die Zahlung der Hinterbliebenenversorgung fordere. Das Bundesarbeitsgericht sah in der Ausschlussklausel eine willkürlich festgelegte Zeitspanne ohne inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und zum verfolgten Zweck. Durch eine Mindestehedauer von zehn Jahren sei der Zweck der Hinterbliebenenversorgung gefährdet.
Folgen für die Praxis
Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts steht fest, dass eine Mindesteheklausel in einer vorformulierten Versorgungszusage, die eine Ehedauer von zehn Jahren zur Anspruchsvoraussetzung macht, unwirksam ist. Da bislang nur die Pressemitteilung vorliegt, bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht Arbeitgebern darüber hinaus verlässliche Kriterien an die Hand gibt, ob und unter welchen Voraussetzungen zukünftig Mindesteheklauseln in vorformulierten Versorgungszusagen noch vereinbart werden können. Jedenfalls, soviel ist bereits jetzt klar, muss die in einer solchen Ausschlussklausel gewählte Zeitspanne einen inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und zum verfolgten Zweck der Versorgungsleistung aufweisen. Eine Begrenzung des Versorgungsrisikos des Arbeitgebers, welches die Rechtsprechung in der betrieblichen Altersversorgung durchaus als legitimes Ziel anerkennt, scheint in den Fällen der Mindesteheklausel wohl keine Berücksichtigung mehr zu finden.
Einen Anhaltspunkt für eine zulässige Ausschlussklausel bietet die Regelung zur Mindestehedauer von einem Jahr, die gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI für die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen ist.
Darüber hinaus ist völlig offen, ob und in welchem zeitlichen Umfang Mindesteheklauseln weiterhin Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sein können. Eine AGB-Kontrolle scheidet in diesen Fällen jedenfalls nach § 310 Abs. 4 BGB aus. Es könnte durch eine Mindesteheklausel jedoch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vorliegen, da eine Mindesteheklausel in der Regel ältere Arbeitnehmer betrifft, die spät heiraten.
Bei der Formulierung von Mindesteheklauseln, sei es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in Betriebsvereinbarungen, sollte jedenfalls keine willkürliche zeitliche Festlegung, sondern vielmehr eine sorgfältige Prüfung von Notwendigkeit und Zweck des Ausschlusses erfolgen.