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Befristung

Heilung einer formunwirksamen Befristungsabrede?

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Gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform im Sinne des § 126 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), also der beidseitigen Unterzeichnung. Wird gegen dieses Formerfordernis verstoßen, kommt gemäß § 16 S. 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande. Unachtsamkeit kann hier insoweit zu (bösen) Überraschungen auf Arbeitgeberseite führen, insbesondere wenn die Arbeitnehmerin die Arbeit vor beidseitiger Unterzeichnung tatsächlich aufnimmt. Zwei – mehr oder weniger sichere – Lösungsmöglichkeiten bietet das BAG (Bundesarbeitsgericht) in diesem Fall an: zum einen kann genügen, dass der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin vor Arbeitsaufnahme – schriftlich – einen befristeten Arbeitsvertrag angeboten hat. Zum anderen kann eine formunwirksame Befristung durch eine nachträglich formwirksam zustande gekommene Befristungsabrede geheilt werden (Urteil vom 15.02.2017 – 7 AZR 223/15).


Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin war aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse – zuletzt bis zum 11.09.2012 – bei der Arbeitgeberin als Lehrerin beschäftigt. Gleichsam am 11.09.2012 schlossen die Arbeitsvertragsparteien eine sogenannte „gesonderte Vereinbarung“ „im Vorgriff auf ein noch zu begründendes Arbeitsverhältnis“, das Eckdaten der künftigen Beschäftigung regelte, u.a. eine Befristung entweder bis zum 30.07.2012 oder zum 11.09.2013. Grund für den befristeten Einsatz war eine Elternzeitvertretung. Die Arbeitnehmerin setzte sodann am 12.09.2012 ihre Tätigkeit als Lehrkraft fort. Erst am 25.09.2012/08.10.2012 schlossen die Parteien dann einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der eine Befristung für die Dauer der Elternzeitvertretung ab 12.09.2012, längstens jedoch bis zum 10.09.2013 vorsah. Die Arbeitnehmerin erhob Entfristungsklage und vertrat die Auffassung, dass zwischen ihr und der Arbeitgeberin am 12.09.2012 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei, da die Arbeitgeberin vor Abschluss einer schriftlichen Befristungsabrede ihre Arbeitsleistung entgegen genommen habe. Bei Vertragsbeginn habe insoweit keine dem Schriftformgebot entsprechende Befristung vorgelegen. Der Formmangel sei durch den späteren Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages auch nicht geheilt worden.

Entscheidung des BAG

Das BAG vertrat hingegen die Auffassung, die Befristung im Arbeitsvertrag vom 25.09.2012/08.10.2012 genüge dem Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG. Denn in dem Vertrag sei nicht nur eine zuvor formunwirksam vereinbarte Befristung schriftlich niedergelegt worden. Vielmehr enthalte der Vertrag eine eigenständige – neue – Befristungsabrede, mit der erstmals eine Befristung zum 10.09.2013 vereinbart worden sei. Dadurch hätten die Parteien das Arbeitsverhältnis, das am 12.09.2012 entstanden sei, nachträglich formwirksam befristet. Andererseits ließe sich aber, so das BAG weiter, eine formnichtige Befristungsabrede nicht dadurch nachträglich heilen, dass die Parteien das nicht schriftlich Vereinbarte nach der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer schriftlich niederlegten. Im Ergebnis bedarf es also einer Zäsur im Vertragsinhalt der Befristungsabrede.

Daneben stellt das BAG aber klar, ohne dass dies hier weiter entscheidungserheblich war: Habe der Arbeitgeber durch sein vor der Arbeitsaufnahme liegendes Verhalten verdeutlicht, dass er den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages von der Einhaltung des Schriftformgebots abhängig machen will, liege in der bloßen Entgegennahme der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin regelmäßig nicht die Annahme eines vermeintlichen Vertragsangebots. Diese könne das – notwendigerweise – schriftliche und arbeitgeberseitig bereits unterzeichnete Angebot dann vielmehr noch nach der Arbeitsaufnahme durch Unterzeichnung des Arbeitsvertrages annehmen. Nehme die Arbeitnehmerin in diesem Fall vor der Vertragsunterzeichnung die Arbeit auf, entstehe zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis mit jederzeitiger Lossagungsmöglichkeit, weil es an der Abgabe der zum Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen fehle. Ein solches annahmefähiges schriftliches Angebot habe der hiesige Arbeitgeberin allerdings nicht unterbreitet.

Praxisrelevanz

Rechtssicher kann das Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wegen Formmangels nach wie vor nur vermieden werden, wenn vor erstmaliger Arbeitsaufnahme der Arbeitnehmerin der durch beide Parteien unterzeichnete Arbeitsvertrag vorliegt. Darauf sollten Arbeitgeber unbedingt achten. Vorsorglich sollten Arbeitgeber Arbeitnehmern – nachweisbar – bereits vor Arbeitsaufnahme eine schriftliche und unterzeichnete Vertragsversion zuleiten und den Abschluss des Arbeitsvertrages ausdrücklich – und wiederum nachweisbar – von der Wahrung der Schriftform abhängig machen. Beides ist nicht geschehen? Unter Umständen hilft die vom BAG skizzierte Möglichkeit der Heilung: Voraussetzung ist dann allerdings, dass nachträglich eine neue, inhaltlich abweichende formwirksame Befristungsabrede getroffen wird (und ein Sachgrund vorliegt) und nicht nur das zuvor mündlich Vereinbarte schriftlich fixiert wird. Offen bleibt, wann im Einzelfall die Grenzen zum Rechtsmissbrauch überschritten sind.

Dr. Daniela Quink-Hamdan 

Rechtsanwältin
Fach­an­wäl­tin für Arbeitsrecht
Counsel
Daniela Quink-Hamdan berät Arbeitgeber vor allem zu Umstruk­tu­rie­run­gen sowie zu Fragen des Betriebs­ver­fas­sungs- und Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­rechts. Im Rahmen der Pro­zess­ver­tre­tung bringt sie ihre Erfah­run­gen als ehemalige Richterin in der Arbeits­ge­richts­bar­keit ein. Sie ist Mitglied der Fokusgruppe "Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung".
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