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Zehn Fragen und Antworten zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen

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Das wöchentliche Team-Meeting findet ohne den Kollegen aus Bayern statt, denn da ist Mariä-Himmelfahrt. Die Dienstleister in Berlin brauchen Support, aber die Kollegen im Callcenter in Niedersachen feiern Reformationstag. Der Kollege mit deutschem Arbeitsvertrag arbeitet während seiner Dienstreise in Dubai auch an Allerheiligen. In vielen Bundesländern gibt es gesetzliche Feiertage, die in anderen Bundesländern nicht als Feiertage anerkannt sind. Unternehmen mit Standorten in verschiedenen Bundesländern und auch im Ausland müssen damit umgehen. Wir beantworten zehn besonders relevante Fragen zur Arbeit an Feiertagen.

1. Was besagt das Verbot zur Sonn- und Feiertagsarbeit?

Grundsätzlich regelt § 9 ArbZG, dass Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden dürfen. Hiervon kann nicht abgewichen werden, auch nicht auf freiwilliger Basis. Denn diese Verbote sollen nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Allgemeinheit schützen (Stichwort: Sonntagsruhe).

In manchen Berufsfeldern ist Sonn- und Feiertagsarbeit aber zwingend erforderlich. Deshalb sind in § 10 ArbZG Ausnahmen geregelt: Erfasst sind hier insbesondere elementare Versorgungsbranchen wie Not- und Rettungsdienste, aber auch kulturelle Angebote wie Musikaufführungen. Ausnahmen gelten  also im Wesentlichen für Arbeiten, die nicht aufgeschoben werden können.

2. Besteht das gesetzliche Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit auch im Homeoffice?

Die klare Antwort lautet: Ja!

Regelmäßig wird unter „Homeoffice“ die Konstellation erfasst, bei der die Arbeitsleistung gelegentlich, regelmäßig oder ausschließlich in der Privatwohnung des Arbeitnehmers erbracht wird.

Im Rahmen dieser Betrachtung ist aber nicht erforderlich, zwischen verschiedenen Begrifflichkeiten zu differenzieren (vgl. zur Abgrenzung von Homeoffice, Telearbeit und mobiler Arbeit unseren Blogbeitrag vom 27. Juli 2022). Das Verbot wird jedenfalls nicht ausgehebelt, nur weil Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz in das private Arbeitszimmer oder das Strandcafé verlegen.

3. Gibt es Ausnahmen von den Verboten?

§ 13 ArbZG sieht die Möglichkeit vor, auf Antrag Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot zu erwirken. Zuständig sind dafür die lokalen Aufsichtsbehörden, in NRW z. B. die jeweilige Bezirksregierung. In Betracht kommen für Ausnahmen beispielsweise Beschäftigte im Handel, die den Geschäftsbetrieb während eines Feiertages aufrechterhalten müssen. Ausnahmegenehmigungen erteilen die Aufsichtsbehörden durchaus auch dann, wenn ansonsten ein unzumutbarer Nachteil im Wettbewerb entstünde, wenn z. B. das Berliner Callcenter am Internationalen Frauentag nicht erreichbar ist, während das Callcenter der Konkurrenz im Ausland fleißig Anrufe entgegennimmt.

4. Welcher Feiertag ist entscheidend – der am Sitz des Homeoffice oder des Betriebs?

Grundsätzlich gilt, dass der jeweils tatsächliche Arbeitsort maßgeblich ist. Welcher Feiertag gefeiert werden darf, richtet sich also danach, in welchem Bundesland gearbeitet wird (sog. Territorialprinzip).

Für den Arbeitnehmer aus Niedersachen, der seine Arbeit ausnahmsweise gerade in Hessen ausführt, bedeutet dies, dass er an Fronleichnam nicht arbeiten muss. Gleiches gilt für den Mitarbeiter im Homeoffice, der von seinem Wohnort in Berlin am Internationalen Frauentag für seinen Arbeitgeber in Brandenburg arbeitet – er muss am Team-Meeting mit seinen Brandenburger Kollegen nicht teilnehmen.

5. Ein Unternehmen, viele Standorte, verschiedene Bundesländer – was dann?

Bei Unternehmen, die Standorte in mehreren Bundesländern unterhalten, in denen es abweichenden Feiertage gibt, kommt es ebenfalls auf den tatsächlichen Beschäftigungsort an. Es gilt daher die Feiertagsregelung des Bundeslandes, in dem der Arbeitnehmer sich bei Ausführung der Arbeit befindet.

Streng genommen ist das Prinzip auch auf den Arbeitnehmer anwendbar, der während eines Arbeitstages durch mehrere Bundesländer reist.

6. Welchen Einfluss hat der vertragliche Arbeitsort des Arbeitnehmers?

Unter dem Arbeitsort wird per Definition der Ort verstanden, an dem die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen ist (sog. Leistungsort).

Die Festlegung des Arbeitsorts zieht verschiedenste Konsequenzen nach sich: Der Arbeitsort kann die Zuordnung zu einem Betrieb beeinflussen und damit ggf. bei Umstrukturierungen und Personalabbau entscheidend sein. Die sog. Erste Betriebsstätte hat steuerrechtliche Bedeutung, u.a. in Bezug auf Entfernungspauschalen. Außerdem beeinflusst der Arbeitsort Fragen zur Arbeitszeit (wann und wo beginnt die Arbeitszeit?) und den Anspruch auf Aufwendungsersatz (was sind Dienstfahrten?).

Bezogen auf Sonn- und Feiertage gilt jedoch der Grundsatz, dass der tatsächliche Ort der Arbeitsleistung entscheidend ist. Wenn der regelmäßige Einsatzort im Betrieb in Schleswig-Holstein liegt, aber ausnahmsweise ein dienstlicher Einsatz am Weltkindertag in Thüringen erforderlich ist, dann besteht für diesen Tag ein Arbeitsverbot. Unabhängig davon, was der (arbeitsvertraglich) festgelegte Arbeitsort des Arbeitnehmers ist.

7. Wer bestimmt den Ort der Arbeitsleistung?

Der Arbeitgeber hat ein Weisungsrecht (§ 106 GewO), von wo aus der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringen soll. Das Weisungsrecht reicht so weit, wie arbeitsvertraglich nichts Gegenteiliges geregelt ist und der Arbeitgeber das billige Ermessen wahrt.

Ungleichgewichte können im Arbeitsvertrag oder durch Betriebsvereinbarung abgefedert werden. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber nicht zuungunsten des Arbeitnehmers vereinbaren darf, dass bestimmte gesetzliche Feiertage nicht gefeiert werden. Dagegen kann es zulässig sein, die Arbeit im Homeoffice- an bestimmten Tagen auszuschließen, auch wenn der Arbeitnehmer an dem Tag wegen seines Wohnsitzes von einem Feiertag profitieren würde.

8. Ist Feiertags-Hopping zulässig?

Am Internationalen Frauentag arbeite ich aus Berlin, an Mariä Himmelfahrt bin ich in München. Ein solches „Feiertags-Hopping“ wäre theoretisch möglich, wenn der Arbeitgeber es bei mobilem Arbeiten dem Arbeitnehmer überließe, den Arbeitsort frei zu wählen. Dieses Vorgehen dürfte jedoch rechtsmissbräuchlich sein und muss daher von Arbeitgebern nicht hingenommen werden – jedenfalls dann nicht, wenn das Hopping ausschließlich dazu dient, möglichst viele Feiertage nutzen zu können.

Dem umgekehrten Fall hat das LAG Hamm (11. Januar 2024 – 11 Sa 936/23) einen Riegel vorgeschoben: Der Arbeitgeber habe zu beachten, dass eine Gestaltung des Einsatzes des Arbeitnehmers, durch die Freizeit an bestimmten Feiertage umgangen werden soll, treuwidrig wäre. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer kurzerhand in einem anderen Bundesland eingesetzt, damit er nicht in den Genuss des Feiertages kam.

9. Welchen Einfluss hat remote work im Ausland auf das Arbeitsverbot an Feiertagen?

Aus dem Territorialprinzip folgt, dass an einem gesetzlichen Feiertag im Inland im Ausland tatsächlich gearbeitet werden muss. Hat der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz beispielsweise in Dubai, wird er am Neujahrstag ins Büro kommen müssen, auch wenn sein Wohnort in NRW liegt. Jedenfalls, wenn der Arbeitgeber nicht frei gibt.

10. Was sind die wesentlichen Punkte, die Arbeitgeber mit Blick auf Feiertage beachten sollten?
  • in den Arbeitsverträgen klare Regelungen zu Homeoffice, Arbeitsort, Betriebstätte und Weisungsrecht treffen
  • Weisungsrecht im Blick haben und den jeweiligen Dienstort entsprechend anweisen
  • Vorausschauend und teamübergreifend den Einsatz an nicht bundesweit geltenden Feiertagen planen
  • Betriebsvereinbarungen zur Arbeit an Feiertagen treffen
  • Ausnahmegenehmigungen beantragen, wenn Arbeit an Feiertagen notwendig ist

Tobias Vößing

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Senior Associate
Tobias Vößing berät deutsche wie internationale Unternehmen und Führungskräfte in allen Fragen des Arbeitsrechts. Schwerpunkte bilden Arbeitsgerichtsprozesse und Vertragsgestaltungen sowie Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Außerdem unterstützt er seine Mandantschaft bei Kündigungsschutzverfahren, Umstrukturierungen und Outsourcing-Projekten.
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