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Chief Human Resources Officer als Werttreiber insbesondere bei Private-Equity-Unternehmen

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Moderne Dienstleistungsunternehmen investieren nur wenig in Maschinen, Gebäude oder den Fuhrpark. Sie leben fast ausschließlich von den Ideen ihrer Mitarbeiter, ihrem Markennamen und ihrer Schnelligkeit. Daher gelten „produktive Mitarbeiter“ als der wichtigste Wert schaffende Faktor. Selbst bei den traditionellen Dax-Konzernen betragen die Personalkosten inzwischen ein Vielfaches der Kapitalkosten, wie die Unternehmensberatung Boston Consulting zuletzt in einer Studie feststellte. Angesichts des kurzen Anlagehorizonts setzen Portfoliogesellschaften von Private-Equity-Unternehmen in besonderem Maße auf die Unterstützung des Chief Human Resources Officer (CHRO).

Unter Private Equity wird eine (Mehrheits-)Beteiligung auf Zeit an nicht börsennotierten (privaten) Unternehmen mit dem Ziel der Wertsteigerung verstanden. Nach einem begrenzten Zeitraum von regelmäßig drei bis sieben Jahren wird das Portfoliounternehmen wieder veräußert. In dieser Zeit wird eine Wertsteigerung angestrebt, die im Verkauf als Gewinn realisiert und dann an die Investoren ausgeschüttet wird. Die Verantwortung für alle Personalangelegenheiten im Unternehmen trägt der CHRO. Anders als der klassische Personalleiter ist der CHRO auf Vorstandsebene angesiedelt und berichtet an den CEO. Ein CHRO übernimmt die Rolle des Strategen im HR-Bereich und vertritt die Personalabteilung im Management.

Aufgaben des CHRO

Der CHRO entwickelt und implementiert eine HR-Strategie unter Berücksichtigung von Marktanalysen und HR-Analysen zur Entscheidungsfindung. Er hat im besonderen Maße Trends und Technologien im HR-Bereich im Blick und übernimmt auch die Aufgabe als Berater der Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder. Er überwacht die Mitarbeiterbindung und -gewinnung und die Umsetzung von Innovationen im Personalbereich und stellt die Umsetzung der Personalpolitik mit Blick auf die Unternehmensziele sicher. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, Unternehmenswerte, auf denen eine Unternehmenskultur aufbaut, gemeinsam mit dem Vorstand und den Mitarbeitern zu definieren und zu entwickeln. 

Eigenschaften des CHRO

Wie sich anhand der zu erfüllenden Aufgaben zeigt, ist die Rolle des CHRO anspruchsvoll und betrifft viele verschiedene Unternehmensbereiche. Welche Eigenschaften sollte ein CHRO also mitbringen um als Werttreiber in Portfoliounternehmen zu agieren?

Vorerfahrung und internationale Erfahrung

Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, verfügt der CHRO regelmäßig über Vorerfahrung im Bereich HR-Strategie, Personalplanung, Change Management, individuelles und kollektives Arbeitsrecht und Personalentwicklung sowie über eine große Affinität für digitale Prozesse und Analysen. Führungsqualitäten, analytisches Denken sowie innovative und kreative Herangehensweisen sind gefragt. Auch Softskills wie Verständnis, Empathie und Integrität steht beim CHRO im Fokus. Internationale Erfahrung ist nicht nur bei international agierenden Unternehmen gefragt. Der Blick über den Tellerrand eröffnet auch bei (noch) überwiegend inländisch agierenden Unternehmen neue Perspektiven.

Wirtschaftliches Verständnis

Um auf Augenhöhe mit den übrigen Vorstandsmitgliedern zu agieren, verfügt der CHRO zudem zwingend über ein umfassendes wirtschaftliches Verständnis. Durch das Verständnis der verschiedenen Aspekte des Geschäfts vom Marketing über den Vertrieb bis hin zu den Finanzen kann er im Vorstand als Mittler zwischen Personalzielen und Geschäftszielen wirken.

Talentmanagement und Kommunikationskompetenz

Eine Schlüsselaufgabe in Zeiten von Fachkräftemangel ist die Bindung der bereits beschäftigten Mitarbeitenden und die Gewinnung neuer Talente. Dies kann durch die Entwicklung von Unternehmenswerten und einer Unternehmenskultur unter Einbindung der Mitarbeitenden gelingen. In der heutigen Arbeitswelt legen viele Mitarbeitende den Fokus auf eine sinnstiftende Tätigkeit bei einem Unternehmen, für das Nachhaltigkeit und Diversität nicht nur Schlagworte sind, flexible Arbeitsbedingungen und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Diese Werte sollten sich in der Unternehmenskultur wiederfinden, um motivierte, produktive Mitarbeitende zu gewinnen und zu binden. Der CHRO sollte sie als starker empathischer Kommunikator nach innen und nach außen vertreten können. 

Change Manager

Die Arbeitskultur entwickelt sich ständig weiter und die Erwartungen der Mitarbeiter ändern sich. Ein CHRO muss in der Lage sein, sich an diese sich ständig ändernden Erwartungen und Bedürfnisse anzupassen. Er muss Trends erkennen und proaktiv HR-Anpassungen vornehmen, um bspw. die Digitalisierung von Arbeitsabläufen, die Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort, leistungsorientierte Vergütung und neue passgenaue Betriebs(rats)strukturen voranzutreiben. 

Fazit

Der CHRO bekleidet insbesondere bei Privat-Equity-Unternehmen eine Schlüsselfunktion. Erforderlich ist eine Persönlichkeit, die den Fokus auf Mitarbeitergewinnung und -bindung sowie Employer Branding legt und als Change Manager fungiert.

Dieser Beitrag ist mit freundlicher Unterstützung von Franziska Gerlach (wissenschaftliche Mitarbeiterin im Düsseldorfer Büro) entstanden.

Dr. Alexander Ulrich 

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht / Abogado (Madrid)
Partner
Alexander Ulrich besitzt besondere Expertise in der grenz­über­grei­fen­den arbeits­recht­li­chen Beratung inter­na­tio­na­ler Unter­neh­men und Private-Equity-Häuser in Zusam­men­hang mit Umstruk­tu­rie­run­gen, Ver­la­ge­run­gen und Unter­neh­mens­käu­fen. Des Weiteren verfügt er über jahrelange Erfahrung in der Beratung von Vorständen und Geschäfts­füh­rern und besondere Bran­chen­kennt­nisse im Healthcare-Sektor sowie im kirchlichen Arbeitsrecht. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Private Equity / M&A".
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