Im Rahmen flexibler Arbeitsmodelle wie mobiler Arbeit können sich Arbeitszeit und Freizeit am Arbeitsplatz permanent abwechseln. Die Umsetzung arbeitszeitrechtlicher Vorgaben, wie die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten oder Pausen, kann hierdurch erschwert werden. Denn diese erfolgt nicht mehr innerhalb klarer betrieblicher Abläufe (Öffnungszeiten, vorgegebene Pausenzeiten, etc.). Umso wichtiger ist es für die Arbeitsvertragsparteien, die gewonnene Flexibilität mit den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes in Einklang zu bringen.
Bei mobiler Arbeit übt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht an einem fest eingerichteten Arbeitsplatz aus. Er arbeitet vielmehr ortsunabhängig außerhalb des Betriebs mit mobilen Arbeitsmitteln. Der Arbeitnehmer, der im Zuge dessen etwa im Park, Freibad, Café, Verkehrsmittel oder von zu Hause aus seiner Tätigkeit nachgeht, ist hierdurch flexibel in der Lage, auch Freizeitaktivitäten in seinen Arbeitstag zu integrieren. Die Arbeit außerhalb des Betriebs entbindet die Arbeitsvertragsparteien jedoch nicht von der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. Dieses gilt bei Tätigkeiten im Inland unabhängig vom gewählten Arbeitsplatz und kann bei Verstößen als Grundlage für hohe Bußgelder zu Lasten des Arbeitgebers herangezogen werden. Welche arbeitszeitrechtlichen Vorgaben und besonderen Umstände bei der Umsetzung von mobiler Arbeit im Wesentlichen zu beachten sind, soll folgender Überblick vermitteln.
Höchstarbeitszeit von acht Stunden
Auch bei mobiler Arbeit darf der Arbeitnehmer in der Regel nicht mehr als acht Stunden am Tag arbeiten (vgl. § 3 ArbZG). Dabei ist auf den individuellen Arbeitstag des Arbeitnehmers (z. B. von 9:00 bis 21:00 Uhr), welcher flexibel beginnen kann, abzustellen und nicht auf den einzelnen Kalendertag mit einer Dauer von 0:00 bis 24:00 Uhr. Im Rahmen des individuellen Arbeitstages ist darauf zu achten, die konkreten Zeitspannen für die Bewältigung von Arbeitsaufgaben (zumindest gedanklich) zeitlich zu erfassen und von Tätigkeiten, die nicht Arbeits- sondern Freizeit sind, abzugrenzen. So kann ein Arbeitnehmer, der etwa am Vormittag von zu Hause aus, am Nachmittag im Park und am Abend auf einer Zugfahrt arbeitet, seine Arbeit möglicherweise beliebig oft unterbrechen und zwischenzeitlich anderen Aktivitäten nachgehen.
Den Überblick über die Dauer seiner Arbeitszeiten sollte er dabei jedoch nicht verlieren. Denn er darf am Ende seines Arbeitstages nach einer Addition der für die einzelnen Arbeitseinsätze aufgewendeten Zeitspannen nicht länger als die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit gearbeitet haben. Diese Höchstarbeitszeit beträgt bei einer 6-Tage Woche acht Stunden pro Arbeitstag. Sie kann auf bis zu zehn Stunden pro Arbeitstag verlängert werden, wenn sie innerhalb eines Ausgleichszeitraums (6 Kalendermonate oder 24 Wochen) im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschreitet. Dies bedeutet, dass etwa auch eine Tätigkeit von 9,6 Stunden pro Arbeitstag im Rahmen einer 5-Tage-Woche zulässig wäre. Mehr als zehn Stunden dürfen jedoch an einem Arbeitstag nicht gearbeitet werden.
Ruhezeit von mindestens elf Stunden
Arbeitnehmer müssen auch bei mobiler Arbeit nach Beendigung ihrer täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben (vgl. § 5 Abs. 1 ArbZG). Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Arbeit während der Ruhepause nicht – auch nicht kurzzeitig (z. B. zum Lesen und Beantworten einer E-Mail) – unterbrochen wird. Denn dies hätte zur Folge, dass die Ruhezeit nach der Unterbrechung erneut zu laufen beginnt und der Arbeitnehmer seine Arbeit am Folgetag gegebenenfalls erst später als geplant aufnehmen könnte. Zudem ist auch im Zusammenhang mit der Ruhezeit von Bedeutung, dass jede Tätigkeit unter die Ruhezeit fällt, die nicht Arbeitszeit ist. Der Arbeitnehmer, der entsprechend des obigen Beispiels am Vormittag von zu Hause aus und am Nachmittag im Park gearbeitet hat, könnte die Ruhezeit während der anschließenden Zugfahrt nur dann einhalten, wenn er dabei keine Arbeitsleistung (z. B. Aktenstudium) erbringt.
Ruhepausen von mindestens 30 Minuten
Arbeitet der Arbeitnehmer mehr als sechs Stunden an seinem individuellen Arbeitstag, muss er die Arbeit durch eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten unterbrechen (vgl. § 4 ArbZG). Aktivitäten, die nicht Arbeitszeit sind (z. B. die Einnahme eines Mittagessens oder das Abholen des Kindes aus der Schule) erfüllen die Voraussetzung einer Unterbrechung. Zu beachten ist jedoch, dass die Unterbrechungen in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden müssen. Eine über den Arbeitstag verteilte wiederholte Unterbrechung von beispielsweise 6 x 5 Minuten reicht demnach nicht aus. Mit Blick auf die Lage der Pausen müssen diese die Arbeit zudem auch tatsächlich unterbrechen. Damit ist eine Gestaltung ausgeschlossen, welche die Ruhepausen auf den Beginn oder das Ende der Arbeitszeit legt und dem Arbeitnehmer ein „Durcharbeiten“ (etwa in der Erwartung eines früheren Feierabends) ermöglicht.
Aufzeichnung der Arbeitszeit
Arbeitgeber sind bislang arbeitszeitgesetzlich lediglich dazu verpflichtet, die über die werktägliche Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Eine weitergehende Pflicht in Bezug auf Arbeitnehmer, die mobiler Arbeit nachgehen, besteht nicht. Allerdings steht eine Erweiterung der gesetzlichen Dokumentationspflicht auf der Grundlage der bekannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15.05.2019 – C-55/18 zu erwarten, wonach die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Solange eine entsprechende Anpassung des ArbZG durch den deutschen Gesetzgeber jedoch noch nicht erfolgt ist, haben Arbeitgeber keine Nachteile in Form von Bußgeldverpflichtungen zu befürchten, wenn sie die Einführung eines entsprechenden Systems vorerst unterlassen (vgl. der Beitrag der KLIEMT.Ideenschmiede zu den Auswirkungen des EuGH-Urteils).
Fazit
Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes sind auch bei flexiblen Arbeitsmodellen wie mobiler Arbeit zu beachten. Die zeitliche Flexibilität kann jedoch zu Verstößen führen, wenn die Arbeitsvertragsparteien den Überblick über den Wechsel zwischen Arbeitszeit und Freizeit verlieren. Es ist daher wichtig, Arbeitnehmer mit den wesentlichen arbeitszeitgesetzlichen Vorgaben vertraut zu machen. Da der Arbeitgeber für Verstöße gegen solche Vorgaben haftbar gemacht werden kann, sollte zudem in Erwägung gezogen werden, Arbeitnehmer zur Dokumentation ihrer Arbeitszeiten anzuhalten. Die Dokumentation kann auf vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten mobilen Geräten auch mithilfe von technischen Systemen erfolgen. Bei deren Implementierung wäre wiederum die betriebliche Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Blick zu behalten.