Crowdworker sind im Regelfall keine Arbeitnehmer (vgl. unser Beitrag vom 16.10.2019). Dies hat nunmehr auch das LAG München mit Urteil vom 4.12.2019 klargestellt, allerdings auch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Zugleich mehren sich die Anzeichen, dass die „Plattformökonomie“ zunehmend in den Fokus der Politik gerät. Wird demnächst der Gesetzgeber aktiv?
Der Fall
Im vom LAG München entschiedenen Fall machte der Crowdworker – mit tatkräftiger Unterstützung einer Gewerkschaft – geltend, zwischen ihm und dem Plattformbetreiber sei ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dies durch eine mit dem Plattformbetreiber abgeschlossene „Basisvereinbarung“, die ihm ermöglichte, per App bestimmte Aufträge zu übernehmen.
Wie für Crowdworker üblich, bestand allerdings weder eine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, noch umgekehrt eine Verpflichtung für den Plattformbetreiber, Aufträge anzubieten. Dies sah das Gericht – zu Recht – als ausschlaggebend an und verneinte den Arbeitnehmerstatus. Daran ändere auch nichts, dass der Crowdworker vorliegend einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient hat.
Demnach konnte der Plattformbetreiber die Basisvereinbarung wirksam per E-Mail kündigen, ohne arbeitsrechtliche Kündigungsfristen oder das Kündigungsschutzgesetz beachten zu müssen.
Befristetes Arbeitsverhältnis durch Anklicken eines Auftrags?
Die erfreuliche Klarstellung des LAG München bezieht sich allerdings lediglich auf die Basisvereinbarung.
Ausdrücklich offen gelassen hat das Gericht, ob durch das Anklicken eines konkreten Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis (d.h. für die zur Abarbeitung des Auftrags benötigte Zeitdauer) begründet werden kann. Denn die für eine Entfristungsklage maßgebliche Drei-Wochen-Frist war bereits abgelaufen.
Insoweit wirft die Entscheidung eine interessante Frage auf: Wird der Crowdworker durch Übernahme eines konkreten Auftrags in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert und dessen Weisungen unterworfen, so dass er – zumindest mit Blick auf diesen bestimmten Auftrag – als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist? Auszuschließen ist dies nicht und dürfte letztlich von der konkreten Ausgestaltung abhängen. In der Regel dürfte sich jedoch die „Weisung“ des Auftraggebers auf eine bloße Leistungsbeschreibung des Inhalts und Umfangs des Auftrags beschränken und somit keine Ausübung eines Direktionsrechts darstellen. Auch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation dürfte eher die Ausnahme darstellen.
Wird der Gesetzgeber aktiv?
Auffallend häufig ist in den letzten Wochen von Seiten des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) davon die Rede, Regelungen für die „Plattformökonomie“ schaffen zu wollen. So wird eine Sprecherin des Ministeriums etwa wie folgt zitiert:
„Gute Arbeit in der Plattformökonomie braucht gute Regelungen. Entsprechend wird das BMAS Vorschläge machen, um Augenhöhe zwischen Plattformtätigen und Plattformen herzustellen. Gleichzeitig wollen wir damit Plattformbetreiber schützen, die faire Bedingungen gewährleisten, damit sie keinen Wettbewerbsnachteil erleiden.“
Die BMAS-interne Prüfung möglicher konkreter Maßnahmen laufe derzeit allerdings noch. Die beim Crowdworking typische Dreiecksbeziehung zwischen Auftraggeber, Plattformbetreiber und Crowdworker dürfte den Gesetzgeber jedoch vor erhebliche Herausforderungen stellen. Mit einer Regulierung dürfte somit zumindest nicht zeitnah zu rechnen sein, zumal ein Regulierungsbedarf ohnehin nicht ersichtlich ist.
Ausblick
Zunächst ist zu erwarten, dass sich – aufgrund der vom LAG München zugelassenen Revision – im kommenden Jahr nunmehr das Bundesarbeitsgericht mit den rechtlichen Rahmenbedingungen des Crowdworkings beschäftigen und möglicherweise neue Impulse setzen wird.
Derweil sind Auftraggeber und Plattformbetreiber gut beraten, potentielle Risiken durch sorgfältige Vertragsgestaltung einzudämmen. Lesen Sie für weiterführende Hinweise auch unseren Beitrag vom 16.10.2019.