Am 1.1.2016 ist das „Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung“ in Kraft getreten. Was so unscheinbar klingt, ist durchaus als historisch zu bezeichnen. Denn mit dem Gesetz wird der berufsrechtliche Status des Syndikusrechtsanwalts erstmals kodifiziert. Was macht nun den „neuen“ Syndikus (-rechtsanwalt) aus und welche Fragestellungen ergeben sich im Hinblick auf die vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse von Syndizi?
Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt
Nach der gesetzlichen Definition in § 46 Abs. 2 BRAO n.F. ist Syndikusrechtsanwalt, wer als Angestellter eines nichtanwaltlichen Arbeitgebers eine anwaltliche Tätigkeit ausübt. Für die Ausübung seiner Tätigkeit bedarf der Syndikusrechtsanwalt der Zulassung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer. Die Zulassung ermöglicht es dem Syndikus zugleich, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten einer Versorgung in den berufsständischen Versorgungswerken befreien zu lassen.
Zwingende Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist die Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit, deren Kernelemente die fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit bilden. Zudem muss die Tätigkeit durch die vier in § 46 Abs. 3 BRAO n.F. genannten Merkmale geprägt sein. Diese entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den vier Kriterien (rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsgestaltend, rechtsentscheidend), die die DRV in langjähriger Veraltungspraxis für die Entscheidung über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht herangezogen hatte, bis das Bundessozialgericht der Befreiungsfähigkeit von Syndizi in seinen Urteilen vom 3.4.2014 eine klare Absage erteilte.
Durch die Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte ergeben sich in der arbeitsrechtlichen Praxis spannende Fragestellungen. Drei aus unserer Sicht besonders interessante Aspekte werden im Folgenden näher beleuchtet.
Variable Vergütung
Ist die Zulassung erfolgt, unterliegt der Syndikusrechtsanwalt auf Grundlage des neuen Gesetzes grundsätzlich denselben berufsrechtlichen Pflichten wie ein freiberuflicher Rechtsanwalt. Es gilt insbesondere auch das in § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO verankerte Verbot der erfolgsabhängigen Vergütung Dieses Verbot könnte sich bei der Gestaltung von Zielvereinbarungen mit Syndikusrechtsanwälten als problematisch erweisen. Unzulässig wäre sicherlich eine Abrede, die die variable Vergütung an den Ausgang vom Syndikus betreuter Gerichtsverfahrens knüpft. Allerdings umfasst das Verbot des § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO nicht nur die Prozessvertretung, es gilt grundsätzlich für jede anwaltliche Tätigkeit. Daher dürften Zielvereinbarungen, die beispielsweise auf den erfolgreichen Abschluss einer Betriebsvereinbarung oder die gelungene Durchführung einer Restrukturierungsmaßnahme abstellen, ebenso von dem Verbot erfasst sein. Möchte der Arbeitgeber auch zukünftig seinen Syndizi eine erfolgsabhängige variable Vergütung gewähren, sollte er bei der Formulierung der Ziele vor diesem Hintergrund besondere Sorgfalt walten lassen.
Versetzungsmöglichkeiten
Anlässlich der gesetzlichen Neuregelungen stellt sich zudem die Frage, ob und inwieweit die Versetzungsmöglichkeiten des Arbeitgebers bei Syndikusrechtsanwälten eingeschränkt sind. Ist arbeitsvertraglich nichts Abweichendes vereinbart, kann der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter grundsätzlich eine dessen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende, zumindest gleichwertige Tätigkeit zuweisen, soweit dies bei Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar ist. Zwar dürften im Rahmen künftiger Versetzungen eines Syndikusrechtsanwalts per se nicht nur solche Tätigkeiten als gleichwertig anzusehen sein, die sämtliche Merkmale einer anwaltlichen Tätigkeit i.S.v. § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO n.F. erfüllen. Im Falle einer Versetzung auf eine nicht-anwaltliche Tätigkeit wird der Abwägung der beiderseitigen Interessen indes erhebliche Bedeutung zukommen. Denn eine solche Versetzung wäre als wesentliche Tätigkeitsänderung i.S.v. § 46 Abs. 3 BRAO n.F. zu qualifizieren und würde sowohl die Rechtsanwaltskammer zum Widerruf der Zulassung berechtigten als auch zum Verlust der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht führen. Der Umstand, dass die Zuweisung anderer als anwaltlicher Tätigkeiten demnach erhebliche Auswirkungen auf die Versorgungsbiografie des betroffenen Mitarbeiters haben kann, muss bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Tätigkeitsänderung berücksichtigt werden. Die Hürden für eine Versetzung auf eine nicht-anwaltliche Position werden daher hoch sein.
Vorübergehende Abordnungen
Ungeklärt ist derzeit auch, wie sich die vorübergehende Abordnung eines Syndikus, beispielsweise im Rahmen eines Secondments oder einer Entsendung, auf dessen berufs- und sozialversicherungsrechtlichen Status auswirken wird, wenn im Rahmen der Abordnung keine anwaltliche Tätigkeit ausgeübt wird. Eine Erstreckung der Zulassung auf die (vorübergehende) anwaltsfremde Tätigkeit scheidet nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut aus. Sollten die Rechtsanwaltskammern bei einer Abordnung, die mehrere Monate oder einen noch längeren Zeitraum andauern soll, überdies zu dem Ergebnis gelangen, es liege insgesamt keine anwaltliche Tätigkeit mehr vor, könnte sogar die ursprünglich erteilte Zulassung in Gefahr sein.
Anders als die Zulassung kann die Befreiung von der Versicherungspflicht zwar grundsätzlich auf eine zeitlich begrenzte anwaltsfremde Tätigkeit erstreckt werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Betroffene während dieser Tätigkeit einkommensbezogene Anwartschaften im Versorgungswerk erwirbt. Hieran könnte eine Befreiungserstreckung bei länger andauernden Abordnungen zukünftig scheitern. Wird die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nämlich widerrufen, entfällt in der Regel auch die Mitgliedschaft im Versorgungswerk, sodass keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben werden können.