Die Kosten der Betriebsratstätigkeit sind ein häufiger Konfliktherd zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Erstmals musste sich die Rechtsprechung damit befassen, ob ein Arbeitgeber zu Unrecht erstattete Betriebsratskosten vom Gehalt eines Betriebsratsmitglieds einbehalten darf.
Ob für Reisen, Schulungen oder die Beauftragung eines Rechtsanwalts: Betriebsratsarbeit kostet Geld. Die Kosten trägt, so steht es in § 40 BetrVG, der Arbeitgeber. Ob und in welcher Höhe der Arbeitgeber für bestimmte Kosten aufkommen muss, ist nicht immer leicht zu beurteilen – wie so häufig liegt der Teufel im Detail. Im turbulenten Betriebsalltag kann es vorkommen, dass ein Arbeitgeber vom Betriebsrat verursachte Kosten zunächst zahlt und erst später prüft, ob er sie überhaupt hätte zahlen müssen. Mit den Konsequenzen eines solchen Falls hatte sich jüngst das BAG zu beschäftigen:
BAG: Keine Aufrechnung mit Gehaltsansprüchen der Betriebsratsmitglieder (Urteil vom 25.10.2023 – Az. 7 AZR 338/22).
Der Arbeitgeber im Falle des BAG kam zu der Erkenntnis, dass er Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Betriebsrat zu Unrecht erstattet hatte. Er entschied sich kurzum, die Kosten wieder „reinzuholen“, indem er sie im Wege einer Aufrechnung vom Gehalt eines Betriebsratsmitglieds abzog. Anlässlich der Klage des Betriebsratsmitglieds auf den einbehaltenen Lohn musste sich die Rechtsprechung erstmals mit der Zulässigkeit einer solchen Aufrechnung befassen. Das BAG hat dem Vorgehen des Arbeitgebers schließlich eine Absage erteilt und ihn verpflichtet, dem klagenden Betriebsratsmitglied den einbehaltenen Lohn nachzuzahlen.
Interessant dabei: Das BAG war ebenfalls der Ansicht, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kosten eigentlich nicht hätte erstatten müssen. Der Betriebsrat hatte es nämlich versäumt, über die streitige Beauftragung eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß zu beschließen. Das BAG hielt jedoch die Aufrechnung eines möglichen Rückforderungsanspruchs des Arbeitgebers mit dem Gehalt eines Betriebsratsmitglieds grundsätzlich für unzulässig. Die (eher rechtstechnische) Argumentation: Ob der Arbeitgeber vom Betriebsrat verursachte Kosten erstatten muss, könne gerichtlich nur im sog. Beschlussverfahren mit dem Betriebsrat geklärt werden. Ein Rechtsstreit über Gehaltsforderungen eines individuellen Betriebsratsmitglieds laufe jedoch im sog. Urteilsverfahren und somit nach anderen Verfahrensregeln.
Schlussfolgerungen für Arbeitgeber
Aus Arbeitgebersicht lassen sich der Entscheidung einige „Do´s and Don´ts“ entnehmen:
- Arbeitgeber sollten eine Situation, in der sie Kosten vom Betriebsrat rückfordern wollen, unbedingt vermeiden. Soweit nicht mit Vorschüssen gearbeitet wird, sollten interne Prozesse sicherstellen, dass Kosten erst gründlich auf Erstattungsfähigkeit geprüft und dann bezahlt werden. Handelt es sich um Kosten für Angelegenheiten, über die der Betriebsrat gesondert beschließen muss, sollten sich Arbeitgeber den Beschluss stets vorlegen lassen.
- Fordert der Betriebsrat die Übernahme nicht erstattungsfähiger Kosten vom Arbeitgeber, sollte der Arbeitgeber die Zahlung schlicht verweigern. Dem Betriebsrat sollte erläutert werden, warum und in welchem Umfang die Kosten nicht erstattungsfähig sind. Lässt sich der Betriebsrat nicht überzeugen, steht es ihm frei, die Kostenübernahme im Beschlussverfahren gegen den Arbeitgeber gerichtlich geltend zu machen.
- Wurden nicht erstattungsfähige Kosten vom Arbeitgeber bereits bezahlt, sollte der Betrag keinesfalls von dem Gehalt eines oder mehrerer Betriebsratsmitglieder abgezogen werden. Die Erfolgschancen eines Rechtsstreits sind für Arbeitgeber im Lichte des neuen BAG-Urteils denkbar gering. Neben einer Zerrüttung des Verhältnisses zum Betriebsrat drohen in Extremfällen auch sozial-, steuer- oder gar strafrechtliche Konsequenzen, wenn infolge des Einbehalts Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge in unzureichender Höhe abgeführt werden.
- Ergänzend: Die zu Unrecht gezahlten Kosten können auch nicht mit (sonstigen) Erstattungsansprüchen des Betriebsrats verrechnet werden (BAG, Beschluss vom 5.4.2000 – Az. 7 ABR 6/99). Ob überhaupt eine Rückforderung vom Betriebsrat möglich ist, ist zweifelhaft. Aus Arbeitgebersicht dürfte es nicht selten weitsichtig und ökonomisch sein, die Angelegenheit lediglich zum Anlass für ein Gespräch mit dem Betriebsrat über Kostenerstattung sowie für eine Optimierung der eigenen Erstattungsprozesse zu nehmen.