KLIEMT und KÖLN – das passt, oder? Neben Kölsch, Kölner Dom und Effzeh gibt es da auch noch die Kölner Arbeitsgerichtsbarkeit. Ein nicht ganz unironischer Streifzug durchs „Kölner Arbeitsrecht“.
Arbeitsgericht Köln definiert Dauer der Kölner Karnevalszeit
An der Karnevalszeit kommt der Kölner im Grunde nicht vorbei. Insofern ist es nur konsequent, dass das Arbeitsgericht Köln die Dauer der Karnevalszeit definiert:
„Als ‚Karnevalszeit‘ gilt die Zeit von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch.“
Da die Arbeitsbelastung in der Gastronomie in der Karnevalszeit gerichtsbekannt besonders hoch sei, hätten Arbeitnehmer aus der Gastronomie ein berechtigtes Interesse daran, dass die Arbeit während der Karnevalszeit im Arbeitszeugnis besondere Erwähnung fände, so das Arbeitsgericht Köln.
Anspruch auf bezahlte Freistellung an Rosenmontag?
Bis vor das Landesarbeitsgericht Köln schaffte es die Frage nach dem Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlte Arbeitsbefreiung an Rosenmontag. In diesem Einzelfall entschied das Gericht zugunsten des Arbeitgebers: Auch durch die wiederholte vorbehaltlose Gewährung eines arbeitsfeien Rosenmontags sei kein Anspruch für die Zukunft entstanden. Zwar könne grundsätzlich ein Anspruch auf arbeitsfreie Tage aus einer betrieblichen Übung entstehen. Im konkreten Fall stand der betrieblichen Übung jedoch eine tarifvertragliche Regelung entgegen. Die Arbeitsbefreiung an Rosenmontag sei nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln nur eine mündliche Nebenabrede gewesen. Diese sei formunwirksam, weil der einschlägige Tarifvertrag eine Schriftformklausel beinhalte.
Toilettengang ist Arbeitszeit
Während das Landesarbeitsgericht Köln keine Arbeitsbefreiung für Rosenmontag gewähren wollte, stellte das Arbeitsgericht Köln fest:
„Grundsätzlich gehört der Gang zur Toilette zur Arbeitszeit.“
Ein Rechtsanwalt hatte dem in seiner Kanzlei angestellten Kollegen wegen ungebührlich lang verbrachter Zeiten auf der Toilette EUR 682,40 vom Gehalt abgezogen. Auf Grund minutiöser Aufzeichnung stellte er für den Zeitraum von 14 Tagen eine Verweildauer von 384 Minuten fest. Diese Zeit rechnete der beklagte Rechtsanwalt auf die Dauer des wenig später beendeten Arbeitsverhältnisses hoch und kam so auf insgesamt 90 Stunden, was einem Stundenlohn von EUR 7,58 entspräche.
Das Arbeitsgericht Köln entschied zu Gunsten des Klägers. Der Gang zur Toilette darf zwar nicht unnötig in die Länge gezogen werden. Wenn der Mitarbeiter zum Beispiel auf der Toilette mit seinem Smartphone private Nachrichten liest oder ein kleines Nickerchen macht, kann dies als Arbeitsverweigerung zu klassifizieren sein. Das Gehalt darf der Arbeitgeber allerdings nicht kürzen, weil der „normale“ Toilettengang Arbeitszeit ist. Im vorliegenden Fall scheiterte ein etwaiger Kürzungsanspruch des beklagten Rechtsanwalts bereits an einem hinreichend substantiierten Sachvortrag. Lassen wir an dieser Stelle dahinstehen, wie eine erfolgreiche Beweisführung hätte gelingen können.
Lästern über Vorgesetzte rechtfertigt nicht immer eine außerordentliche Kündigung
Zwar ist der Kölner für sein herzliches und fröhliches Wesen bekannt. Dies hielt einen Arbeitnehmer jedoch nicht davon ab, seinen Vorgesetzten in dessen Abwesenheit als „Verbrecher“ zu betiteln. Das Landesarbeitsgericht Köln war in dieser Einzelfallentscheidung der Auffassung, dass die „bloße Formalbeleidigung des Arbeitgebers ohne Tatsachenhintergrund“ eine Kündigung nicht rechtfertige – jedenfalls nicht ohne vorherige Abmahnung. Entscheidend war, dass die Äußerung nur im Kollegenkreis getätigt worden sei und der Arbeitnehmer nicht damit gerechnet habe, dass diese Äußerung an den Vorgesetzten weitergetragen werde.
Wer seinen Chef in der Freizeit trifft, ist nicht verpflichtet, diesen zu grüßen
Nicht nur hinterrücks wie im zuvor beschriebenen „Verbrecher“-Fall, sondern ganz offen verweigerte ein Arbeitnehmer seine Zuneigung gegenüber dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber warf seinem Arbeitnehmer vor, kurz vor Ausspruch der Kündigung bei zwei Begegnungen außerhalb des Betriebes den Geschäftsführer nicht gegrüßt zu haben. Das Landesarbeitsgericht Köln entschied:
„Die mehrfache Verweigerung des Grußes gegenüber dem Arbeitgeber nach dessen vorherigem Gruß stellt keine – grobe – Beleidigung dar, die zum Ausspruch einer Kündigung berechtigen könnte oder jedenfalls einen Auflösungsantrag begründet.“
Geisterstunde beim Arbeitsgericht Köln
Eine „Kölner Geisterstunde“ ereignete sich in einer Videoverhandlung am 11. Mai 2023 vor dem Arbeitsgericht Köln: Der Vorsitzende Richter war sich sicher, eine gewöhnliche mündliche Verhandlung per Videokonferenz durchgeführt zu haben. Die Anwälte beider Seiten halten das für ausgeschlossen. Nach Schilderung der beteiligten Anwälte hätten diese 45 Minuten im Videoraum des Gerichts ausgeharrt, ohne dass eine Verhandlung stattfand. Dennoch übersandte das Gericht ein Protokoll der mündlichen Verhandlung. Dort war festgehalten, wie der Richter nachgefragt habe, ob die Anträge aus den Schriftsätzen gestellt werden. Später erklärte der Richter, er habe daraufhin „ein leichtes Nicken“ wahrgenommen.
Das Landesarbeitsgericht Köln konnte den Sachverhalt in der 2. Instanz nicht aufklären. Auch die beiden ehrenamtlichen Richter gaben an, keine genaue Erinnerung mehr an die Videokonferenz zu haben. Im Beschluss zum Befangenheitsantrag der unterlegenen Anwältin gegen den Richter heißt es jedoch:
„Es hat keine Kommunikation mit dem Vorsitzenden stattgefunden, welche als Antragstellung oder Verhandlung verstanden werden konnte. Die Kammer hat keinen Anlass, an dieser übereinstimmenden Sachverhaltsschilderung der nicht im Sitzungssaal anwesenden Beteiligten zu zweifeln.“
Kölle Alaaf!