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Reine Beitragszusage und Sozialpartnermodell – ein Update zum aktuellen Umsetzungsstand

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Vor über vier Jahren hat der Gesetzgeber als neue Zusageart die reine Beitragszusage eingeführt – Gamechanger für die betriebliche Altersversorgung oder doch eher Ladenhüter?

„Die Rente ist sicher!“ – Rund 25 Jahre nach diesem legendären Satz des seinerzeitigen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, Norbert Blüm, sieht die Realität bedauerlicherweise anders aus. Inzwischen ist allen Akteuren aus Politik und Wirtschaft klar, dass der Lebensstandard allein mit der gesetzlichen Rente für viele heute noch Erwerbstätige nicht zu halten sein wird. Die Absicherung im Alter braucht daher dringend zusätzliche Stützen. Hoffnungsträger der Politik ist dabei seit geraumer Zeit die betriebliche Altersversorgung – die allerdings gerade in Zeiten des Niedrigzinsumfelds für viele Unternehmen deutlich an Attraktivität verloren hat. Erlebt die bAV durch das sogenannte Sozialpartnermodell und die damit mögliche reine Beitragszusage nun endlich ein Comeback? Ein Update zum aktuellen Umsetzungsstand.

Die reine Beitragszusage

Bis in das Jahr 2018 hinein kannte das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) ausschließlich Zusageformen der betrieblichen Altersversorgung, bei denen der Arbeitgeber im Versorgungsfall zur Erbringung einer bestimmten (Mindest-)Versorgungsleistung verpflichtet ist. Selbst im Falle der Durchführung der Versorgung über einen externen Versorgungsträger (bspw. eine Pensionskasse) musste stets im Voraus feststehen, welche (Mindest-)Leistung der Arbeitnehmer aus den vom Arbeitgeber bereitgestellten Versorgungsbeiträgen erhalten wird. Blieben die Leistungen des Versorgungsträgers hinter dem zugesagten Niveau zurück, hatte der Arbeitgeber für den Ausfall einzustehen. Damit trug der Arbeitgeber letztlich stets das Anlagerisiko für die zugesagten Leistungen – ein Umstand, der in Zeiten fortdauernder Niedrigzinspolitik und den damit einhergehenden Schwierigkeiten, Kapital ohne hohes Risiko gewinnbringend anzulegen, die betriebliche Altersversorgung für viele Arbeitgeber zunehmend unattraktiv gemacht hat.

Im Gegensatz zu diesen „klassischen“ Formen der betrieblichen Altersversorgung verpflichtet sich der Arbeitgeber bei der reinen Beitragszusage lediglich zur Erbringung bestimmter Versorgungsbeiträge an einen externen Versorgungsträger (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung), ohne jedoch eine bestimmte Versorgungsleistung zu garantieren. Das Anlagerisiko trägt mithin der Arbeitnehmer. Dies ermöglicht es, Beiträge risikoorientierter als bislang anzulegen, wodurch höhere Renditen erzielt werden können. Bei der reinen Beitragszusage entfällt außerdem die Pflicht des Arbeitgebers, Beiträge zur Insolvenzsicherung an den Pensionssicherungsverein zu zahlen oder nach § 16 BetrAVG eine Anpassungsprüfung vorzunehmen.

Die reine Beitragszusage, die in vielen anderen Ländern seit jeher gang und gäbe ist, wurde in Deutschland erst 2018 im Zuge des sog. Betriebsrentenstärkungsgesetzes eingeführt, um die Betriebsrente für Arbeitgeber attraktiver zu machen und dadurch ihre Verbreitung zu fördern.

Das Sozialpartnermodell

Selbst nach der Gesetzesänderung kann ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern jedoch nicht ohne weiteres individualvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung eine reine Beitragszusage erteilen. Bei der Einführung der reinen Beitragszusage hat sich der Gesetzgeber stattdessen für das sogenannte Sozialpartnermodell entschieden: Die neue Zusageart darf nur durch oder auf Grund eines Tarifvertrages vereinbart werden. Die Umsetzung und konkrete Ausgestaltung der reinen Beitragszusage hat der Gesetzgeber damit den Gewerkschaften und Arbeitgeber(verbände)n überlassen. Ihnen obliegt es, den Spagat zwischen fehlenden Leistungsgarantien und hohen Renditechancen zu meistern. Dies kann insbesondere durch die Vereinbarung eines Sicherungsbeitrags erfolgen (§ 23 Abs. 1 BetrAVG). Hierdurch lassen sich Schwankungen des Anlagevermögens – insbesondere in der letzten Phase vor dem Renteneintritt – abfedern. Erfolgt die reine Beitragszusage im Wege der Entgeltumwandlung, d.h. vom Arbeitnehmer mit eigenen Beiträgen finanziert, ist die Vereinbarung eines zusätzlichen Arbeitgeberzuschusses in Höhe von 15 % des umgewandelten Entgelts sogar zwingend.

Flankierende finanzaufsichtsrechtliche Regelungen

Um das der reinen Beitragszusage immanente Risiko der volatilen Rentenhöhe zumindest zu verringern, wurden flankierende finanzaufsichtsrechtliche Regelungen geschaffen. Insbesondere die Verordnung betreffend die Aufsicht über die Pensionsfonds und über die Durchführung reiner Beitragszusagen in der betrieblichen Altersversorgung (PFAV) stellt Anlagegrundsätze sowie Vorgaben zum Risikomanagement auf, die die Pensionsfonds, Pensionskassen oder Lebensversicherungsunternehmen als sogenannte durchführende Einrichtungen zu beachten haben.

Startschwierigkeiten

Von der reinen Beitragszusage erhoffte sich der Gesetzgeber die Lösung des Attraktivitätsproblems der betrieblichen Altersversorgung. Ihre Einführung war jedoch ein Startschuss, auf den lange kein Rennen folgte. Hierfür gab es verschieden Gründe:

Auf Seiten der Gewerkschaften wurde die reine Beitragszusage zum Teil mit großer Skepsis betrachtet, widerspricht dieses Modell doch der seit Jahrzehnten in den Köpfen verankerten bAV-Maxime „Safety first“. Die Vorstellung, das Anlagerisiko auf die Arbeitnehmer zu verlagern, war einigen Gewerkschaftsvertretern ein Dorn im Auge. Daher verwundert es kaum, dass bislang weniger als eine Handvoll Sozialpartnermodelle verhandelt wurden bzw. werden.

Umgesetzt wurde davon aktuell noch keines – die aufsichtsrechtlichen Hürden waren höher als von den Sozialpartnern erwartet. Nach zweijährigen Verhandlungen präsentierten beispielsweise die Gewerkschaft Ver.di und der Versicherungskonzern Talanx bereits im März 2021 einen Haustarifvertrag über das erste Sozialpartnermodell. Die anfängliche Hoffnung der Verhandlungspartner, noch im Sommer 2021 mit ihrer „Deutschen Betriebsrente“ an den Start zu gehen, wurde jedoch jäh enttäuscht. Die Prüfung des konkreten Pensionsplans durch die BaFin zog sich weit über ein Jahr hin. Die Umsetzung soll nun jedoch unmittelbar bevorstehen.

Ein weiteres Sozialpartnerprojekt haben der Chemie-Arbeitgeberverband BAVC und die Gewerkschaft IG BCE angestoßen. Sie haben sich Mitte dieses Jahres auf einen Tarifvertrag zur Einführung der reinen Beitragszusage verständigt. Da sie bereits frühzeitig die BaFin eingebunden haben, erhoffen sie sich, noch im Herbst mit ihrem Modell an den Start gehen zu können. Auch die IG Metall Baden-Württemberg und der Arbeitgeberverband Südwestmetall stehen derzeit in vielversprechenden Verhandlungen um ein Sozialpartnermodell.

Ausblick

Ob die reine Beitragszusage der betrieblichen Altersversorgung wirklich zum erhofften Aufschwung verhelfen kann, wird sich zeigen, wenn die ersten Sozialpartnermodelle in der Praxis angekommen sind. Ein kurzfristiger Boom für Zusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist jedoch kaum zu erwarten. Dafür scheinen die Hürden in der Umsetzung (noch) zu hoch.

Jochen Saal

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Jochen Saal berät Arbeitgeber und Füh­rungs­kräfte vor allem bei der Umsetzung jeglicher Umstruk­tu­rie­rungsmaßnahmen. Besondere Expertise besitzt Jochen Saal zudem im Bereich der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung. Hier unterstützt er unter anderem bei der Ver­ein­heit­li­chung von Pen­si­ons­plä­nen, dem Out­sour­cing von Pensionsverpflichtungen sowie betriebs­ren­ten­recht­li­chen Fragen im Zusam­men­hang mit Betriebs­über­gän­gen. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Betriebliche Altersversorgung".
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