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Internal Investigations – gute Planung ist (fast) alles

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Internal Investigations betreffen mehr als die Aufklärung strafrechtlich relevanter Sachverhalte zum Schutz des Unternehmens. Eine saubere Aufarbeitung von Problemthemen kann bereits auf weit „harmloserer“ Ebene angezeigt sein. Eine gezielte Planung der Untersuchungen beeinflusst die Qualität der Ergebnisse sowie deren rechtliche Verwertbarkeit.

Internal Investigations werden in Unternehmen immer häufiger durchgeführt und sind zum Alltag in der Beratungspraxis geworden. Ihr Anlass kann verschiedenster Art und Schwere sein – von schlechter Stimmung in der Belegschaft über Diskriminierungsvorwürfe hin zu strafrechtlich relevanten Sachverhalten.

Eine funktionierende Compliance-Struktur, ein Whistleblower-System oder der Staatsanwalt in der Tür können hervorbringen, dass ein Sachverhalt aufgeklärt werden muss. Dann gilt es, interne Untersuchungen zu planen und zu strukturieren.

Konkrete gesetzliche Vorgaben zur Durchführung von Aufklärungsmaßnahmen existieren aktuell nicht. Der Entwurf des Verbandssanktionengesetzes enthielt Regelungen zu unternehmensinternen Untersuchungen und insbesondere zu Mitarbeiterbefragungen. Die Verabschiedung ist in der letzten Legislaturperiode jedoch gescheitert. Nach dem Koalitionsvertrag der neuen Regierung soll das Thema wieder aufgegriffen werden und für interne Untersuchungen ein präziser Rechtsrahmen geschaffen werden.

Dennoch findet eine interne Untersuchung nicht im „gesetzesfreien Raum“ statt. Es spielen Vorschriften unterschiedlicher Gesetze eine Rolle, die zu berücksichtigen sind. Zum Beispiel sind kündigungsschutzrechtliche, mitbestimmungsrechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten. Worauf ist vor diesem Hintergrund bei der Planung zu achten?

Was sind Ziel und Zweck?

Zunächst sollte konkret bestimmt werden, was durch die Ermittlungen erreicht werden soll. Sollen die Ergebnisse in einem Bericht an Vorstand oder Aufsichtsrat münden? Dient die Aufklärung der Vorbereitung oder Unterstützung behördlicher Prüfungen? Ist Fehlverhalten von Arbeitnehmern aufzudecken, das in arbeitsrechtlichen Maßnahmen münden kann? Soll das Engagement der Belegschaft vermitteln, dass ein Thema erkannt und ernst genommen wird?

Besteht Zeitdruck?

Muss es schnell gehen und müssen Ergebnisse zu einem bestimmten Termin vorliegen? Steht etwa eine Transaktion an, deren Durchführung nicht belastet werden soll? Hat eine Behörde eine Betriebsprüfung angekündigt? Müssen Beweise gesichert werden?

Geht es um Pflichtverletzungen von Mitarbeitern, ist die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist beim Ausspruch außerordentlicher Kündigungen im Blick zu behalten. Hiermit befasst sich Dr. Jan Heuer in unserem Blog-Beitrag.

Wer ist für was zuständig?

Das Unternehmen muss die grundlegende Entscheidung treffen, durch wen die Ermittlungen und einzelne Ermittlungsschritte durchgeführt werden sollen. Wird eigenes Personal eingesetzt, stellt sich die Frage, welche Abteilung die Leitung übernehmen soll – Compliance, Revision, HR, Geschäftsführung?

Hierbei ist relevant, ob besonderes Knowhow für den Themenkomplex erforderlich ist, ebenso wie der Umstand, wer im Fokus der Ermittlung steht. Dabei kann es sinnvoll sein, externe Berater zur Unterstützung hinzuzuziehen. So können Anwälte Mitarbeitergespräche vorbereiten, bei diesen anwesend sein oder diese durchführen. Bei einer forensischen Untersuchung technischer Geräte bedarf es regelmäßig professioneller Hilfe, die zugleich den Datenschutz und die Verwertbarkeit im Auge behält. Wesentlich ist, dass eine Entscheidung zur Zuständigkeit getroffen wird und Rollen klar verteilt werden.

Ist der Betriebsrat zu beteiligen?

Die Durchführung von Internal Investigations kann Beteiligungsrechte des Betriebsrats auslösen, von Informations- bis hin zu Zustimmungsrechten. Dafür muss ein kollektiver Sachverhalt gegeben sein, was eher der Fall ist, wenn verhaltens- statt rein arbeitsbezogene Themen den Untersuchungsgegenstand bilden, und je mehr Mitarbeiter betroffen sind. Dies muss im jeweiligen Einzelfall bewertet werden.

Wer wird wann befragt?

Mitarbeiterbefragungen sind regelmäßig naheliegende Ermittlungsmaßnahmen. Vor einer ersten Befragung wird festgelegt, wer befragt werden soll sowie auch, wer (zunächst) nicht befragt werden sollte. Eine bestimmte Reihenfolge ist fast immer sinnvoll. Vorab sollte ein Fragenkatalog und ein Fahrplan zur Durchführung der Gespräche erarbeitet werden.

Besondere Bedeutung kommt bei Mitarbeiterbefragungen der befragenden Person zu. Taktik und die richtige Sensibilität in Gesprächen können den Ablauf und die Erkenntnisse maßgeblich beeinflussen. Es darf nicht vorausgesetzt werden, dass eigene Mitarbeiter des Unternehmens sich als „Verhörstalente“ entpuppen. Für unternehmensangehörige Interviewer kann die Situation gerade bei heiklen Themen wie etwa Vorwürfen sexueller Belästigung unangenehm sein. Vor diesem Hintergrund sollte die Entscheidung, wer die Befragung durchführt, gut durchdacht sein.

Fazit

Internal Investigations können ungewohnt und ressourcenbindend sein. Zielführend sind eine gute Planung und eine strukturierte Vorgehensweise. Fehler können die Qualität der Ergebnisse und deren rechtliche Verwertbarkeit beeinträchtigen. Erfolgreich durchgeführte Untersuchungen bieten hingegen eine Grundlage zur Bewältigung aufgedeckter Probleme.

In einem Folgebeitrag werden wir vertieft auf das Thema Mitarbeiterbefragungen, insbesondere Anwesenheits-, Mitwirkungs- und Aussagepflichten eingehen.

Zu weiteren Themen aus diesem Bereich werden wir Sie unter dem Fokusthema Whistleblowing und interne Untersuchungen in Zukunft auf unserem Blog auf dem Laufenden halten.

Stephan Nakszynski


Rechtsanwalt
Associate
Stephan Nakszynski berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät er seine Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Whistleblowing und Compliance".
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