Eine der umstrittensten und meistdiskutierten Vorschriften im Bereich der betrieblichen Altersversorgung ist zweifellos § 16 BetrAVG. Diese Norm statuiert die Pflicht des Arbeitgebers, die Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung regelmäßig zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Abgesehen von den erheblichen finanziellen Auswirkungen, die eine Anpassungsentscheidung nach sich ziehen kann, hält § 16 BetrAVG für die betroffenen Unternehmen eine Vielzahl von Stolpersteinen und Fallstricken parat, die es möglichst zu vermeiden gilt. Hierzu soll unsere vierteilige Serie zur Anpassung von Betriebsrenten Hilfestellung leisten, wobei sich Teil 1 zunächst mit Fragen rund um den Prüfungsstichtag beschäftigt.
Grundsatz: Prüfungsstichtag drei Jahre nach individuellem Rentenbeginn
Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Anpassungsprüfungen haben grundsätzlich im Abstand von jeweils drei Jahren nach dem individuellen Rentenbeginn des jeweiligen Versorgungsberechtigten stattzufinden. Ausgehend von einem Renteneintritt am 1.11.2013 muss die Anpassungsprüfung mithin erstmals am 1.11.2016 (und sodann erneut am 1.11.2019, 1.11.2022 usw.) erfolgen.
Bei diesem Prüfungsturnus bleibt es im Übrigen auch dann, wenn die ursprüngliche Altersrente nach dem Tod des Berechtigten durch eine Hinterbliebenenrente abgelöst wird. Der Beginn der Hinterbliebenenleistungen löst insoweit keinen neuen Prüfungsturnus aus. Gleiches gilt beispielsweise beim Wechsel von einer Invaliditätsrente zu einer Altersrente.
Das Abstellen auf den jeweils individuellen Prüfungszeitpunkt kann bei Arbeitgebern mit großem Betriebsrentnerbestand zu einem enormen Verwaltungsaufwand führen, da über das gesamte Jahr verteilt eine Vielzahl von Anpassungsprüfungen vorgenommen werden müssen. Diesem Problem hat sich die Rechtsprechung bereits frühzeitig angenommen.
Bündelung der Stichtage zu einem einheitlichen Prüfungstermin
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts zwingt der gesetzlich vorgeschriebene Drei-Jahres-Turnus nicht zu starren, individuellen Prüfungsterminen. Vielmehr können sämtliche in einem (Wirtschaft- oder Kalender-)Jahr anfallenden Anpassungsprüfungen zu einem einheitlichen Jahrestermin zusammengefasst werden, beispielsweise dem 1. Januar oder dem 1. Juli eines jeden Jahres. (vgl. zuletzt: BAG v. 8.12.2015 – 3 AZR 475/14). Ebenfalls zulässig ist die Bündelung der Anpassungsprüfung zu einem einheitlichen Stichtag alle drei Jahre, z.B. am 1.7.2012, 1.7.2015, 1.7.2018 etc. (vgl. BAG v. 30.8.2005 – 3 AZR 395/04) Durch die Zusammenfassung der Prüfungsstichtage darf sich die erste Anpassungsprüfung allerdings um höchstens sechs Monate verzögern, d.h. sie darf maximal dreieinhalb Jahre nach dem individuellen Rentenbeginn liegen. In diesem Fall sieht das Bundesarbeitsgericht die Interessen der Betriebsrentner nur geringfügig belastet, da allenfalls die erste Anpassungsprüfung betroffen und der Dreijahreszeitraum in der Folgezeit zwingend einzuhalten ist. Eine Vorverlegung des ersten Prüfungstermins ist im Rahmen einer Anpassungsbündelung hingegen unbeschränkt möglich, da sie für den Versorgungsempfänger in der Regel vorteilhaft ist (vgl. BAG v. 30.8.2005 – 3 AZR 395/04).
Zur Verdeutlichung der unterschiedlichen Bündelungsoptionen soll das nachfolgende Beispiel dienen: Ein Mitarbeiter bezieht ab dem 1.3.2014 betriebliche Altersrente vom seinem Arbeitgeber. Verzichtet der Arbeitgeber in diesem Fall auf eine Bündelung der Prüfungstermine, ist eine Anpassung der Altersrente des Mitarbeiters erstmalig zum 1.3.2017 zu prüfen. Weitere Anpassungsprüfungen sind sodann zum 1.3.2020, 1.3.2023 usw. vorzunehmen.
Entscheidet sich der Arbeitgeber demgegenüber, die Prüfungstermine aller Betriebsrentner am 1. Juli eines jeden Jahres zu bündeln, ist eine Anpassung der Altersrente des Mitarbeiters zum 1.7.2017 zu prüfen. Die Verzögerung von drei Monaten ist zulässig, da sie unter den maximal möglichen sechs Monaten liegt. Der nächste Prüfungstermin ist der 1.7.2020.
Trifft der Arbeitgeber die Entscheidung, die Anpassungsprüfungen alle drei Jahre (z.B. zum 1.7.2015, 1.7.2018 und 1.7.2021 usw.) vorzunehmen, steht die erstmalige Anpassungsprüfung des Mitarbeiters zum 1.7.2015 an. Die Vorverlegung der ersten Anpassungsprüfung um acht Monate ist unproblematisch möglich. Die nächste Anpassungsprüfung erfolgt zum 1.7.2018.
Keine Dispositionsbefugnis der Parteien
Abgesehen von den vorbeschriebenen Bündelungsoptionen steht der Anpassungsprüfungsstichtag nicht zur Disposition der Beteiligten. Eine Abweichung ist daher selbst mit Zustimmung des Versorgungsberechtigten nicht möglich (vgl. BAG v. 8.12.2015 – 3 AZR 475/14).
Fazit: Bereits beim ersten Schritt der Anpassungsprüfung, der Festlegung des korrekten Prüfungsstichtags, gilt es Fehler zu vermeiden. Wählt der Arbeitgeber einen falschen Stichtag, kann sich der Versorgungsberechtigte hiergegen gerichtlich zur Wehr setzen. Dies wird er insbesondere dann tun, wenn ihm am korrekten Prüfungsstichtag eine höhere Anpassung zugestanden hätte. Wie der Anpassungsbedarf zu berechnen ist, wird im zweiten Teil unserer Serie beleuchtet.