Rauchen ist gesundheitsschädlich. An den direkten Folgen des Rauchens sterben in Deutschland jährlich rund 110.000 Menschen. Die Zahl der jährlichen Todesfälle durch Passivrauchen wird auf ca. 3.300 geschätzt. Nach wie vor rauchen fast 30 % der 18- bis 79-jährigen Erwachsenen in Deutschland. Es überrascht daher nicht, dass Tabakrauch, welcher von Arbeitskollegen oder Kunden ausgeht, zuweilen für „dicke Luft“ am Arbeitsplatz sorgt. Daher stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zugewiesen zu bekommen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einen derartigen Anspruch eines in einer Spielbank beschäftigten Croupiers jüngst verneint.
Rechtsgrundlagen des betrieblichen Nichtraucherschutzes
Nach § 618 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist der Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsräume so einzurichten und zu unterhalten, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leib und Leben soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Diese gesetzliche Fürsorgepflicht wird für den betrieblichen Nichtraucherschutz durch § 5 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStV) konkretisiert, wonach der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen. Für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr wird diese Verpflichtung durch § 5 Abs. 2 ArbStV eingeschränkt: Dort hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen. Obwohl Deutschland dem Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (BGBl. 2004 II, 1538) beigetreten ist, in dessen Art. 8 die Vertragsparteien anerkannt haben, dass Passivrauchen Tod, Krankheit und Invalidität verursacht, und sich zu wirksamen gesetzgeberischen Maßnahmen zum Schutz vor Passivrauchen am Arbeitsplatz verpflichtet haben, existiert nach wie vor kein generelles gesetzliches Rauchverbot am Arbeitsplatz. Stattdessen enthalten die von den Ländern erlassenen Nichtraucherschutzgesetze sogar eine Reihe von Ausnahmen vom Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen.
Eine derartige Ausnahmevorschrift wurde dem eingangs erwähnten Croupier zum „Verhängnis“: Nach § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) gilt in Spielbanken des Landes Hessen kein Rauchverbot. Unter Verweis auf diese Vorschrift hat das BAG in seinem Urteil vom 10.05.2016 (9 AZR 347/15) einen Anspruch des Croupiers verneint, ihm ausschließlich einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Sachverhalt und Entscheidung des BAG
Der Kläger arbeitet in Hessen als Croupier in einer Spielbank. Dort gibt es zwei getrennte Räume mit Spieltischen: einen größeren Raum, in welchem das Rauchen nicht gestattet ist, und einen kleineren Raum, welcher als Raucherraum ausgewiesen und mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet ist. Der Kläger, welcher wöchentlich durchschnittlich zweimal im Raucherraum eingesetzt wird, hat im Rechtsstreit nicht dargelegt, dass bei ihm eine besondere gesundheitliche Disposition bestehe und ein Einsatz im Raucherraum zu konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen führe. Er hat sich darauf beschränkt, auf die allgemeinen Gefahren des Passivrauchens hinzuweisen.
Dies genügte nach Ansicht des BAG nicht, um dem Kläger einen Anspruch auf Beschäftigung ausschließlich im Nichtraucherbereich zuzuerkennen. Die Beklagte habe in ihrer Spielbank von der Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 5 Nr. 5 HessNRSG Gebrauch gemacht, wonach in Spielbanken kein Rauchverbot gilt. Zwar sei die Beklagte nach § 5 Abs. 2 ArbStV gehalten, die vom Tabakrauch ausgehende Gesundheitsgefährdung zu minimieren. Diese Verpflichtung habe sie jedoch mit der baulichen Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich, die Be- und Entlüftung des Raucherraums und die zeitliche Begrenzung der Tätigkeit des Klägers im Raucherraum erfüllt.
Rechtsprechung zum betrieblichen Rauchverbot
Anders hat das BAG noch in 2009 entschieden und einen Anspruch eines Spielbankmitarbeiters auf Zuweisung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes bejaht: Hintergrund war, dass es im Spielsaal der Spielbank einen räumlich nicht abgetrennten Barbereich gab, mithin zugleich eine Spielbank und eine Gaststätte (Mischbetrieb) betrieben wurden, und daher das im LandesNRSG verankerte Rauchverbot für Gaststätten galt. Das BAG hat freilich zugleich klargestellt, dass § 618 Abs. 1 BGB i.V.m. § 5 Abs. 1 ArbStV keine Generalklausel ist, welche im Interesse des Arbeitnehmerschutzes das Verbot solcher Beschäftigungen ermöglicht, die gewerberechtlich und nach anderen Vorschriften erlaubt sind. Der Unternehmer kann daher im Grundsatz frei darüber entscheiden, ob er eine erlaubte Tätigkeit ausüben will; der Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens muss danach zurücktreten, sofern die unternehmerische Entscheidung nicht offenbar unsachlich oder willkürlich ist (BAG v. 19.05.2009 – 9 AZR 241/08). Im Einzelfall kann daher die Unternehmerfreiheit Vorrang vor dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten haben (so bereits BAG v. 08.05.1996 – 5 AZR 971/94, für eine Flugbegleiterin). Allerdings ist der Arbeitgeber im Rahmen des ihm Zumutbaren verpflichtet, die Arbeitsplätze durch geeignete Maßnahmen (z.B. Installation von Be- und Entlüftungsanlagen) so zu gestalten, dass Gesundheitsgefährdungen nicht entstehen, wobei eine erhöhte gesundheitliche Anfälligkeit von nichtrauchenden Arbeitnehmern besondere Schutzmaßnahmen gebieten kann (BAG v. 17.02.1998 – 9 AZR 84/97, zur Arbeit im Großraumbüro).
Ausblick
Die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens wird heutzutage nicht mehr in Zweifel gezogen. Einen wissenschaftlich anerkannten Grenzwert, unterhalb dessen die Belastung der Atemluft mit Tabakrauch gesundheitlich unbedenklich ist, gibt es nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat denn auch jüngst ausdrücklich die Sozialadäquanz der durch Rauchen verursachten Immissionen verneint und deutlich wahrnehmbaren Tabakrauch als wesentliche Beeinträchtigung gewertet, auch wenn sie „nur eine Zigarettenlänge“ andauert (BGH v. 16.01.2015 – V ZR 110/14, zum Abwehranspruch eines Mieters). Die Abgrenzung zwischen einer bloßen Belästigung und einer Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch ist damit an sich überholt. Es bleibt abzuwarten, ob diese Erkenntnis auch Eingang in die Rechtsprechung zum Schutz vor Tabakrauch am Arbeitsplatz finden wird. Mehr zum Thema finden Sie in dem Beitrag von Bergwitz, NZA-RR 2004, 169 ff.