Strukturtarifverträge ermöglichen es Unternehmen, von den festen Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes abzuweichen und maßgeschneiderte Arbeitnehmervertretungsstrukturen zu schaffen. Doch was passiert, wenn die gewählte Struktur nicht mehr zur Unternehmensrealität passt? Dieser Beitrag zeigt, wie sich Tarifvertragsparteien von Strukturtarifverträgen lösen können und welche Folgen das für bestehende Arbeitnehmervertretungen hat.
Die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG erlaubt, in Tarifverträgen vom Betriebsverfassungsgesetz abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen zu vereinbaren (zu den Voraussetzungen siehe bereits unseren Blogbeitrag Betriebsratswahl 2026: Alternative Betriebsratsstrukturen – Strukturtarifverträge als sinnvolle Option? – Kliemt.blog). Solche Strukturtarifverträge ermöglichen beispielsweise die Einrichtung eines unternehmensübergreifenden Betriebsrats.
Mit der Möglichkeit, Strukturtarifverträge zu vereinbaren, erhalten Unternehmen und Konzerne ein wirkungsvolles Instrument, die Arbeitnehmervertretung individuell auf die jeweilige Unternehmensstruktur anzupassen.
Wege aus dem Strukturtarifvertrag
Doch auch wenn Strukturtarifverträge Flexibilität schaffen – Tarifvertragsparteien können das Bedürfnis haben, die Vereinbarungen wieder rückgängig zu machen. Das ist durch die allgemein tarifrechtlich zulässigen Beendigungsmöglichkeiten möglich.
- Einvernehmliche Aufhebungsmöglichkeiten
Die Tarifvertragsparteien können den Tarifvertrag jederzeit durch Aufhebungsvertrag beenden. Zur Vermeidung späterer Rechtsunsicherheiten, sollte der Aufhebungsvertrag in Schriftform vereinbart werden.
Alternativ kann ein neuer Tarifvertrag die bisherigen Regelungen ablösen. Der neue, ablösende Tarifvertrag kann ausdrücklich die Ablösung festlegen, konkludent die ursprünglichen Regelungen abändern oder „stillschweigend“ einen Komplex insgesamt neu regeln.
- Kündigung
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Tarifvertrag ordentlich oder außerordentlich zu kündigen.
Eine ordentliche Kündigung ist unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Fristen möglich. Fehlen solche Regelungen, wird regelmäßig eine Frist von drei Monaten angenommen.
Für eine außerordentliche Kündigung muss ein wichtiger Grund vorliegen. Darüber hinaus hat die außerordentliche Kündigung binnen einer angemessenen Frist zu erfolgen.
- Vereinbarung eines befristeten Tarifvertrags
Haben die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag befristet, endet dieser bereits mit Ablauf des vereinbarten Zeitpunkts. Ein besonderer Grund für die Befristung muss nicht vorliegen. Zu beachten ist jedoch, dass befristete Tarifverträge für die Dauer ihrer Laufzeit nicht ordentlich kündbar sind. Das gilt nicht, wenn die Tarifvertragsparteien etwas Abweichendes vereinbaren.
Auswirkungen auf die gewählten Arbeitnehmervertretungen
Welche Folgen die Beendigung eines Strukturtarifvertrags für die auf seiner Grundlage gewählten Arbeitnehmervertretungen hat, ist bislang nicht abschließend geklärt.
Nach überwiegender Auffassung behalten die bestehenden Betriebsräte ein Übergangsmandat in entsprechender Anwendung des § 21a BetrVG, bis neue Gremien nach den gesetzlichen Vorschriften gewählt sind.
Teilweise wird ein solches Übergangsmandat allerdings nur bejaht, wenn die Beendigung des Strukturtarifvertrags mit einer organisatorischen Umstrukturierung des Unternehmens oder Konzerns einhergeht. In diesem Fall änderten sich auch die Grundlagen der betroffenen Organisationseinheiten, sodass die Vorschriften über das Übergangsmandat entsprechend anwendbar erscheinen.
Fehlt es dagegen an einer solchen Umstrukturierung, bleibe der bestehende Betriebsrat bis zum Ende seiner Amtszeit im Amt, die Betriebsratswahl sei aber anfechtbar.
Klar ist in jedem Fall: mit der Beendigung des Strukturtarifvertrags tritt nicht automatisch die Beendigung des Betriebsratsamts ein. In der Praxis ist daher sorgsam abzuwägen und vorzubereiten, ob, wann und wie ein Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG beendet werden soll.










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