Die Betriebsratswahlen 2026 stehen vor der Tür, viele Arbeitnehmervertretungen befinden sich bereits jetzt in den Vorbereitungen für den kommenden Wahlprozess. Die regelmäßigen Betriebsratswahlen sind jedoch nicht nur eine Möglichkeit für die Arbeitnehmer, ihre neuen Vertreter zu wählen, vielmehr bergen die Betriebsratswahlen bekanntlich auch viele rechtliche Risiken und Fehlerquellen. Dies zeigt auch eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die unter der Kategorie „Gut gemeint ist nicht gleich rechtlich geboten“ einzuordnen ist.
Wahlverfahren
Das Wahlverfahren sowie der konkrete Ablauf einer Betriebsratswahl sind im Betriebsverfassungsgesetz sowie der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes, kurz Wahlordnung genannt, geregelt. Hauptsächlich verantwortlich für die Einhaltung der Verfahrensregeln ist der von dem amtierenden Betriebsrat zu bestellende Wahlvorstand.
Ist der Wahlvorstand bestellt, ist dieser für die Durchführung der Wahl anhand der Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung verantwortlich. Den Beginn einer jeden Wahl markieren die Erstellung und Auslegung der Wählerliste sowie die Fertigung und Veröffentlichung des Wahlausschreibens.
Vorschlagslisten
Werden mehr als fünf Betriebsratsmitglieder im normalen Wahlverfahren gewählt, sind innerhalb von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens die Arbeitnehmer gefragt, ihre jeweiligen Wahlvorschläge (sog. „Vorschlagslisten“) beim Wahlvorstand einzureichen (§ 6 Abs. 1 WO). Erreicht den Wahlvorstand innerhalb dieser Frist keine einzige gültige Vorschlagsliste, hat der Betriebsrat die Belegschaft hierauf in einer Bekanntmachung aufmerksam zu machen und der Belegschaft eine Nachfrist von einer Woche zu setzen, um eine solche Vorschlagsliste einzureichen (§ 9 Abs. 1 WO). Wenn auch innerhalb dieser Nachfrist kein gültiger Wahlvorschlag eingeht, hat der Wahlvorstand die Belegschaft darüber und über die Tatsache, dass keine Wahl stattfindet, zu informieren.
Besetzung der einzigen Vorschlagsliste mit nicht ausreichender Anzahl an Kandidatinnen und Kandidaten
Was gilt aber, wenn eine gültige Vorschlagsliste eingereicht wird, jedoch scheinbar nicht ausreichend Arbeitnehmer bereit sind, Betriebsratsmitglied zu werden, und die Vorschlagsliste deshalb nicht mit der erforderlichen Anzahl an Wahlbewerbern besetzt wurde? Hierzu hatte jüngst das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.
In einem Gemeinschaftsbetrieb sollte ein Betriebsrat mit neun Mitgliedern gewählt werden. Bis zum Ablauf der Frist nach Erlass des Wahlausschreibens ging eine einzige Vorschlagsliste ein, die lediglich sechs Wahlbewerber führte. Der Wahlvorstand veröffentlichte infolgedessen eine Bekanntmachung, wonach innerhalb der Frist von zwei Wochen ab Erlass des Wahlausschreibens kein Wahlvorschlag mit der nötigen Wahlbewerberanzahl eingegangen sei. Er setzte kurzerhand eine Nachfrist von einer Woche – in der Hoffnung, noch ein paar Bewerber zu gewinnen. Doch: Fehlanzeige. Es blieb bei den sechs Kandidaten, die dann auch gewählt wurden. Die Arbeitgeber fochten die Wahl an. Die Nachfrist sei zu kurz gewesen, jedenfalls wäre sie schon gar nicht erforderlich gewesen.
Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 22. Mai 2025 – 7 ABR 10/24) stellte nun klar: Eine Nachfrist ist durch den Wahlvorstand nur zu setzen, wenn gar keine gültige Vorschlagsliste eingereicht wird. Eine entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 1 WO im Fall nur einer gültigen Vorschlagsliste mit zu wenigen Wahlbewerbern sei nicht vorgesehen. Denn in diesem Fall könne die Wahl trotzdem stattfinden. Eine Nachfrist zum „Auffüllen“ der Liste sei weder erforderlich noch gesetzlich vorgesehen. Die Nachfristsetzung stelle einen Verstoß gegen das Wahlverfahren dar, da die Frist für die Einreichung von Vorschlagslisten (§ 6 Absatz 1 Satz 2 WO) nicht zur Disposition des Wahlvorstandes stehe und auch nicht mittels Nachfristverlängerung verlängert werden könne.
Fazit
Im zu entscheidenden Fall hatte die Entscheidung des Wahlvorstands keine Auswirkung auf das Wahlergebnis, schließlich gingen innerhalb der Nachfrist keine neuen Vorschläge ein. Die von den Arbeitgebern betriebene Wahlanfechtung griff deshalb im vorliegenden Fall nicht. Die Betriebsratswahl bleibt jedoch ein fehleranfälliges Verfahren mit hoher rechtlicher Relevanz. Der BAG-Beschluss vom 22. Mai 2025 zeigt: Gut gemeint ist nicht immer rechtlich geboten.










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