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Kündigung, allgemein Neueste Beiträge

„Low Performer adé?“ – Die verhaltensbedingte ordentliche Kündigung bei „Low Performance“

Der richtige Umgang mit leistungsschwachen Mitarbeitern, stellt Arbeitgeber oft vor Herausforderungen. Stellt sich im laufenden Arbeitsverhältnis heraus, dass das Potential des Mitarbeiters für die gestellten Aufgaben nicht ausreicht, so ist die nachträgliche Korrektur der fehlerhaften Personalentscheidung oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. In der Praxis erweist es sich insbesondere als schwierig, das Arbeitsverhältnis eines „Low Performers“ durch Kündigung zu beenden. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an die Wirksamkeit einer solchen verhaltensbedingten Kündigung wegen einer pflichtwidrigen Schlechtleistung. Wird diese im Vorfeld nicht sorgfältig vorbereitet, hält sie einer gerichtlichen Überprüfung meist nicht stand. Wie es dennoch gelingen kann, zeigt ein aktuelles Urteil des LAG Köln (Urteil vom 18. Februar 2025 – 7 Sa 558/23).

„Low Performance“ bedeutet nicht gleich „Low Performance“

Die pflichtwidrige Schlechtleistung des Arbeitnehmers stellt eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, die den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigen kann. Doch woran genau bemisst sich der Leistungsumfang, den ein Arbeitnehmer vertraglich schuldet und ab wann gilt ein Arbeitnehmer als „Low Performer“? Nach der Rechtsprechung des BAG muss ein Arbeitnehmer „tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann“. Vorwerfbar ist dabei nur die willentliche Zurückhaltung zumutbarer Arbeitsleistung. Dies hat der Arbeitgeber in einem etwaigen Rechtsstreit darzulegen und zu beweisen.

Die Festlegung von Arbeitsaufgaben und Arbeitsabläufen im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ermöglicht dabei auf der ersten Ebene die Darlegung der konkreten vertraglichen Pflichten und aufgrund dessen, was der Mitarbeiter „tun soll“ und gelingt durch konsequente Ausübung des Direktionsrechts.

Für den beweisbelasteten Arbeitgeber liegt die Herausforderung darin, den zweiten Teil der obigen Definition („…, und zwar so gut, wie er kann“) darzulegen, da dieser Wertungsmöglichkeiten eröffnet. In einem Kündigungsschutzverfahren muss er zunächst substantiiert zu den Leistungsmängeln vortragen – also alles darlegen, was ihm bekannt ist. Der Arbeitgeber erfüllt seine Darlegungslast, wenn er plausibel und nachvollziehbar darlegen kann, dass die Leistung des Arbeitnehmers die durchschnittlichen Leistungen vergleichbarer Arbeitnehmer um mindestens ein Drittel unterschreitet. Dies kann beispielsweise anhand geringerer Stück- oder Fallzahlen, rückläufiger Umsätze oder abnehmender Kundenzufriedenheit erfolgen. Bei qualitativen Minderleistungen gibt es eine solche Grenze jedoch nicht. Hier ist vielmehr eine einzelfallbezogene Betrachtungsweise erforderlich, die auch die konkreten Arbeitsanforderungen und die konkreten Gegebenheiten des Arbeitsplatzes berücksichtigt. Fehlen objektive Kennzahlen, sollte der Arbeitgeber mit dem Mitarbeiter realistische Zielvereinbarungen treffen, deren Erreichung sich anhand einer nachgelagerten Auswertung nachprüfen lässt. Dann ist der Arbeitnehmer am Zug. Er muss darlegen, warum er trotz seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung seine persönliche Leistungsfähigkeit voll ausgeschöpft hat.

Vorherige einschlägige Abmahnung(en) erforderlich

Selbst bei einer nachgewiesenen schuldhaften Minderleistung setzt eine verhaltensbedingte Kündigung regelmäßig eine oder mehrere vorherige, einschlägige Abmahnung(en) voraus. Die Abmahnung muss die mangelhafte Leistung konkret benennen und aufzeigen, welche vertraglich geschuldete Arbeitsleistung in welchem Umfang nicht erbracht wurde.

Im aktuellen Fall des LAG Köln hatte der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Änderungskündigung ausgesprochen und angeboten, das Arbeitsverhältnis mit Tätigkeiten einer niedrigeren Vergütungsgruppe fortzusetzen. Zudem erhielt die Klägerin insgesamt acht Abmahnungen, von denen vier einer gerichtlichen Überprüfung standhielten. Zudem hatten die Vorgesetzten der Klägerin versucht, sie durch enge Führung und kleinteilige Anleitung an die arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben heranzuführen – allerdings ohne Erfolg. Eine nachhaltige Leistungsverbesserung war nicht erkennbar. Alle Abmahnungen stammten außerdem aus demselben Pflichtenkreis, nämlich dem Arbeits- und Kommunikationsverhalten der Klägerin.

Wirksamkeitsvoraussetzungen der verhaltensbedingten ordentlichen (Änderungs-)Kündigung wegen Schlechtleistung

Der Arbeitnehmer muss in erheblichem Maße gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen haben:

Dazu zählen die Verletzung der Hauptleistungspflicht, beispielsweise durch eine quantitativ oder qualitativ unzureichende Arbeitsleistung, sowie sonstige Verstöße gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten. Im Falle des LAG Köln stellte das Gericht mehrere verhaltensbedingte Gründe fest. So leitete die Arbeitnehmerin beispielsweise Dokumente „1:1” an externe Organisationen weiter, obwohl diese teilweise noch die „Ich”-Form der kommentierenden Mitarbeiter der anderen Referate sowie offensichtlich nicht für die externen Nutzer bestimmten Kommentare enthielten. Zudem meldete sie sich zu einem Forschungsbericht erst nach Monaten zurück, statt dies wie aufgetragen innerhalb von sechs Wochen zu tun. Schließlich versäumte sie es, über nahezu drei Monate hinweg einen vereinbarten monatlichen Jour fixe einzurichten.

Einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes:

Das Interesse des Arbeitnehmers am Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses ist gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung abzuwägen. Dabei sind alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Interessenabwägung muss ergeben, dass der Kündigungsgrund so gewichtig ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar wäre. Bei einer Änderungskündigung dürfen die Vertragsänderungen zudem nur insoweit vom bisherigen Inhalt abweichen, wie es zur Erreichung des Ziels zwingend erforderlich ist.

Im Fall des LAG Köln überwog das Interesse des Arbeitgebers. Alle zuvor ausgesprochenen Abmahnungen betrafen das wiederholt unzureichende Arbeits- und Kommunikationsverhalten der Klägerin, ohne dass diese ihr Verhalten nachhaltig änderte. Auch die Einlassungen der Klägerin im Prozess zeigten laut Auffassung des Gerichts ihr fehlendes Problembewusstsein und ihre fehlende Einsicht. Die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin, also die Zuweisung von Tätigkeiten der Entgeltgruppe 12 statt wie bisher der Entgeltgruppe 14, war verhältnismäßig. Aufgrund ihrer Studienabschlüsse und Erfahrungen war die Klägerin qualifiziert genug, die geänderten Tätigkeiten auszuüben. Bei der Ausübung von Tätigkeiten der Entgeltgruppe 12 hat die Klägerin zudem weniger Außenkontakt (weshalb eine Eingruppierung in die unmittelbar niedrigere Entgeltgruppe 13 nicht in Betracht kam) und ihre Arbeitsleistung kann von Vorgesetzten besser gesteuert werden.

Fazit

Das in seiner Begründung überzeugende Urteil des LAG Köln zeigt, dass die Kündigung eines „Low Performers” eine sorgfältige und langwierige „Vorarbeit” des Arbeitgebers erfordert. Die Besonderheit im vorliegenden Fall lag darin, dass die Defizite der Klägerin nicht fachlicher, sondern verhaltens- und kommunikationsbezogener Natur waren. Soll einem Arbeitnehmer wegen Minderleistung gekündigt werden, muss der Arbeitgeber im Prozess darlegen, dass dieser die Durchschnittsleistung über einen längeren Zeitraum um mehr als ein Drittel unterschreitet. Auch ein jahrelanges Ignorieren der weit unterdurchschnittlichen Leistungen oder überoptimistische, gut gemeinte Leistungsbeurteilungen können bei einer Kündigung wegen Minderleistung zu entscheidenden Stolperfallen werden und eine Kündigung mittelfristig erst einmal vereiteln.

Leon Winkler

Rechtsanwalt

Associate
Leon Winkler berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben der Führung von Kündigungsrechtsstreitigkeiten berät er seine Mandanten im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung.
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