Wenn sich Unternehmen und Mitarbeitende einvernehmlich trennen wollen, ist der Aufhebungsvertrag oft das Mittel der Wahl. Klar geregelt, schnell umsetzbar, kein Streit über Kündigungsgründe. Doch Vorsicht: Wer im Vertrag ein zu spätes Beendigungsdatum festlegt, läuft Gefahr, das Gegenteil dessen zu erreichen, was eigentlich beabsichtigt war – nämlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Nicht selten wünschen sich Arbeitnehmer – sei es im Rahmen eines Aufhebungsvertrags oder auch bei gerichtlichen Vergleichen – ein späteres Beendigungsdatum. Die Gründe dafür sind vielfältig: Manche möchten sich aus einem laufenden Arbeitsverhältnis heraus bewerben, um bei der Jobsuche bessere Karten zu haben. Andere versuchen, die Zeit bis zum Renteneintritt oder zu einem bestimmten Stichtag zu überbrücken. Wieder andere verzichten auf eine Abfindung und handeln stattdessen eine „verlängerte Bezugsdauer“ von Gehalt und Sozialversicherungsschutz aus.
Was viele dabei nicht bedenken – und was Arbeitgeber mit Blick auf die Vertragsgestaltung unbedingt im Blick behalten sollten: Die Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses – insbesondere über die Kündigungsfrist hinaus – kann rechtlich nach hinten losgehen.
Das Risiko: Ungewollte Befristung statt Beendigung
Wird in einem Aufhebungsvertrag ein Beendigungszeitpunkt vereinbart, der deutlich nach Ablauf der geltenden Kündigungsfrist liegt, kann dies nach der Rechtsprechung des BAG als befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gewertet werden und damit genau das Gegenteil erreicht werden, was bezweckt war.
Denn auch in diesem Fall bedarf die Befristung eines sachlichen Grundes, um das fortgesetzte Arbeitsverhältnis wirksam zu befristen. Eine sachgrundlose Befristung ist aufgrund des bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht möglich; es greift das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot. Fehlt ein solcher Sachgrund – was in der Praxis fast immer der Fall ist – ist die Befristung unwirksam. Die Konsequenz: Das Arbeitsverhältnis endet nicht zum vereinbarten Termin, sondern läuft unbefristet weiter.
Worauf es rechtlich ankommt
Zunächst einmal worauf es nicht ankommt: Auf die Bezeichnung des Vertragsdokuments. Denn die von den Parteien gewählte Bezeichnung als „Aufhebungsvertrag“ ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages nicht entscheidend. Nach gefestigter Rechtsprechung des BAG ist auch nicht allein die Dauer der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die rechtliche Einordnung maßgebend.
Entscheidend ist vielmehr, was im Vertrag konkret geregelt wurde. Die Gerichte stellen hier eine Gesamtwürdigung der Vereinbarung an: Überwiegen Regelungen, die typischerweise im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses stehen, spricht dies für einen wirksamen Aufhebungsvertrag.
Praxisbeispiel
Die Relevanz einer Gesamtwürdigung kommt bei dieser Entscheidung des BAGs (Urteil vom 15. Februar 2007 – 6 AZR 286/06) besonders gut zum Ausdruck:
In diesem Fall haben die Parteien bei einer anwendbaren Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Verzögerung von 12 Monaten vereinbart – somit wurde die anwendbare Kündigungsfrist um das Elffache überschritten! Dennoch kam das BAG zu dem Ergebnis, dass ein Aufhebungsvertrag und keine Befristungsvereinbarung vorliegt. Denn der Vertrag enthielt ausreichend Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere bestand keine Arbeitspflicht der Arbeitnehmerin mehr, es wurden die Zahlung einer Abfindung sowie die Erteilung eines Zeugnisses vereinbart und die Rückgabe von Firmeneigentum wurde geregelt.
Empfehlungen für die Praxis:
Um das Risiko zu vermeiden, dass eine gewollte Beendigung als unzulässige befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gewertet wird, sollten bei einem verspäteten Austrittsdatum möglichst viele typische Elemente eines Aufhebungsvertrags aufgenommen werden:
- Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung
- Vereinbarung einer sog. Sprinterklausel (Zu den Anforderungen an die Ausübung einer „Sprinterklausel“ lesen Sie hier)
- Zahlung einer Abfindung
- Urlaubsregelung
- Zeugniserteilung
- Rückgabepflichten für Arbeitsmittel
Je nach Einzelfall müssen nicht sämtliche der vorgenannten Regelungen in dem Aufhebungsvertrag enthalten sein, um das Risiko einer Befristungsabrede ausreichend zu reduzieren. Da die Gerichte für die rechtliche Einordnung eine Gesamtwürdigung des Vereinbarten vornehmen, gilt: Je deutlicher der Charakter als Beendigungsvereinbarung erkennbar ist, desto geringer das Risiko einer ungewollten unbefristeten Weiterbeschäftigung. Bei einer besonders starken Überschreitung der Kündigungsfrist sollten möglichst mehrere – im besten Falle sogar sämtliche – der vorgenannten Regelungen getroffen werden.