Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt – sondern ein massiver Vertrauensbruch im Arbeitsverhältnis. Für Arbeitgeber steht in solchen Fällen nicht nur der unmittelbare Schaden im Raum, sondern auch die Frage, ob und wie man die Pflichtverletzung aufklären darf – etwa durch Einschaltung eines Detektivs. Diese Frage kann sich auch in anderen Konstellationen stellen, z. B. beim Verdacht einer Konkurrenztätigkeit oder bei Compliance Verstößen. Immer häufiger lassen sich Unternehmen daher bei einem konkreten Verdacht einer vom Arbeitnehmer begangenen Pflichtverletzung professionell unterstützen. Doch ist dies zulässig und vor allem, wer trägt die Kosten? Können diese bei einem überführten Arbeitnehmer geltend gemacht werden?
Nach der Rechtsprechung zeichnet sich folgendes Bild ab: Ein Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber Detektivkosten regelmäßig dann zu ersetzen, wenn es zuvor einen konkreten Tatverdacht gegeben hat und der Mitarbeiter am Ende überführt wird.
Im Einzelnen: Wann muss ein Arbeitnehmer Detektivkosten erstatten?
Die Beauftragung eines Detektivs ist für Unternehmen nicht nur mit erheblichem Aufwand, sondern auch mit erheblichen Kosten verbunden. Daher stellt sich regelmäßig die Frage, ob ein (überführter) Arbeitnehmer diese Kosten ersetzen muss. Die Rechtsprechung hat hierzu in den letzten Jahren eine Linie entwickelt und prüft die Kostentragungspflicht mit den nachfolgenden Voraussetzungen. Es bedarf zunächst eines konkreten Verdachts: Der Arbeitgeber muss bereits vor dem Einsatz des Detektivs über tatsächliche Anhaltspunkte verfügen, die den Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung – oder gar einer Straftat – begründen. Die Maßnahme, hier also konkret der Detektiveinsatz, muss zudem erforderlich sein: Erstattungsfähig sind nur solche Kosten, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde. Schließlich muss das Fehlverhalten festgestellt werden können: Die Ermittlungen müssen zu einer Überführung des Arbeitnehmers wegen einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führen.
Aktuell: Urteil des LAG Köln vom 11. Februar 2025
Diese Grundsätze bestätigt das LAG Köln in einer Entscheidung vom 11. Februar 2025 (7 Sa 635/23). In dem aktuellen Fall hatte ein Verkehrsunternehmen einen Detektiv beauftragt – nachdem Zeugen von privaten Tätigkeiten des Mitarbeiters während dessen Arbeitszeit berichtet hatten –, um das Verhalten eines Fahrkartenkontrolleurs zu überprüfen. Über knapp drei Wochen wurde dieser im öffentlichen Raum während seiner Arbeitszeiten an einzelnen Tagen observiert. Ergebnis: Der Mitarbeiter hatte erhebliche Pausenzeiten nicht im Zeiterfassungssystem dokumentiert und tatsächlich private Tätigkeiten während der Arbeitszeit ausgeübt. Das stellte nach Ansicht des Gerichts einen schweren Vertrauensmissbrauch dar, was die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar machte. Die Observation des Mitarbeiters durch die Detektei war zulässig gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG und ein Beweisverwertungsverbot bestand nicht. Insbesondere datenschutzrechtliche Bedenken ließ das Gericht nicht gelten, da die Überwachung ausschließlich im öffentlichen Raum während der Arbeitszeit stattfand und somit keine unzulässige Überwachung des Privatlebens vorlag. Daher sah das Gericht im Ergebnis nicht nur die außerordentliche Kündigung als wirksam an, sondern sprach dem Arbeitgeber auch einen Anspruch (aus §§ 280 Abs. 1, 249 BGB) auf Erstattung der Detektivkosten gegen den Mitarbeiter in Höhe von über 21.000,00 EUR zu.
Darüber hinaus tat das LAG Köln auch seine Meinung zur Frage eines Verwertungsverbots im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Falle einer datenschutzrechtlich unzulässigen (im entschiedenen Fall verneint) Überwachungsmaßnahme kund. Unter Bezugnahme auf die neuere Rechtsprechung des BAG vom 29. Juni 2023 – 2 AZR 297/22 – komme, so das LAG, ein Beweisverwertungsverbot nur dann in Betracht, wenn die Nichtberücksichtigung von Vorbringen oder eines Beweismittels wegen einer durch Unionsrecht oder Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition des Arbeitnehmers zwingend geboten sei. Das setze aber in aller Regel voraus, dass die betroffenen Schutzzwecke des bei der Gewinnung verletzten Grundrechts der Verwertung der Erkenntnis oder des Beweismittels im Rechtsstreit entgegenstehen und deshalb die Verwertung selbst einen Grundrechtsverstoß darstellen würde. Das sei im entschiedenen Fall – selbst bei unzulässiger Überwachung – nicht der Fall. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters sei von geringer Intensität gewesen – weil die Überwachung nur während seiner Schichtzeiten im öffentlichen Verkehrsraum über einen Zeitraum von wenigen Tagen erfolgt und praktisch nur das dokumentiert worden sei, was jeder beliebige Passant ebenfalls hätte wahrnehmen können. Eine solche Maßnahme sei nicht geeignet, ein Beweisverwertungsverbot zu begründen.
Achtung: BAG vom 27. Mai 2020
Im Urteil vom 27. Mai 2020 (5 AZR 387/19) zeigt das BAG allerdings noch einmal deutlich die Grenzen der Rechtmäßigkeit eines Detektiveinsatzes auf und stellte klar, dass Detektivkosten nicht auf Verdacht „ins Blaue hinein“ erstattungsfähig sind. Erforderlich ist der konkrete Verdacht einer schweren Pflichtverletzung. Zudem muss die Überwachung einer Überprüfung am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes standhalten. Der Detektiveinsatz muss das praktisch letzte Mittel zur Aufklärung darstellen. Dieses Urteil mahnt also zur Zurückhaltung: Ein „Bauchgefühl“ oder allgemeines Misstrauen reichen nicht aus, um eine Erstattungspflicht zu begründen.
Fazit und Vorgehen
Arbeitgeber sollten die wichtige arbeitsrechtliche Grundlinie beachten: Ja, Arbeitnehmer müssen Detektivkosten ersetzen – aber nur, wenn der Arbeitgeber im Vorfeld über hinreichend konkrete Verdachtsmomente verfügt und der Arbeitnehmer sodann durch einen Detektiveinsatz tatsächlich der vorsätzlichen Pflichtverletzung überführt wird. Nein, eine bloße Vermutung ohne Substanz reicht nicht – in solchen Fällen bleibt der Arbeitgeber auf den Kosten sitzen. Für Unternehmen bedeutet das im ersten Schritt: Bei einem Verdacht – z. B. auf Arbeitszeitbetrug oder vergleichbare Pflichtverletzungen – sollte gut dokumentiert werden, worauf sich der Verdacht stützt. Erst dann sollte im zweiten Schritt geprüft werden, ob der Einsatz eines Detektivs verhältnismäßig und rechtlich tragfähig ist und daher eine Beauftragung erfolgen sollte. Die juristische Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt dreistufig: Die Überwachung muss (1) geeignet sein zur Zweckerreichung an sich; (2) erforderlich sein, d. h. das mildeste aller gleich effektiven Mittel darstellen; (3) die Persönlichkeitsrechte der von der Ermittlung betroffenen Personen angemessen berücksichtigten.
Wer als Arbeitgeber hingegen zu schnell zu einem Detektiveinsatz greift, riskiert hohe Kosten – nicht nur durch die Rechnung des Detektivs, sondern auch durch mögliche Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche des betroffenen Arbeitnehmers. Im schlimmsten Fall droht nicht zuletzt ein Imageschaden.