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Nachdem der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vorgestellt wurde, ist damit zu rechnen, dass die Themen Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung wieder Fahrt aufnehmen. Was jedoch in der Regel „stiefmütterlich“ behandelt wird, sind Ruhepausen. Dies sollte jedoch nicht der Fall sein – wie dieser Beitrag zeigt.

Laut einem Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vom 16. April 2024 zeigen Auswertungen der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2021, dass Ruhepausen bei 31 Prozent der abhängig Beschäftigten häufig ausfallen. Dies ist nicht nur deshalb bedenklich, weil damit mehr gesundheitliche Beschwerden sowie eine geringere Arbeitszufriedenheit einhergehen können, sondern auch weil nach §§ 22, 23 ArbZG Sanktionen vorgesehen sind, wenn Ruhepausen nicht, nicht mit der vorgeschriebenen Mindestdauer oder nicht rechtzeitig gewährt werden.

Recht zur Bestimmung der Ruhepausen

Den Arbeitgeber trifft die Organisationspflicht, Anzahl, Dauer und konkrete Lage der Ruhepausen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben festzulegen. Die Festlegung erfolgt nach billigem Ermessen kraft Direktionsrechts, wobei die Interessen der Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind. Arbeitstechnische Abläufe sowie betriebliche Gegebenheiten und die Gesunderhaltung der Beschäftigten sind in Einklang zu bringen. Der Arbeitgeber kann die Festlegung der konkreten Pausenzeiten auch an die Arbeitnehmer delegieren. Besteht ein Betriebsrat, hat dieser über Anzahl, Dauer und konkrete Lage der Pausen mitzubestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).

Basics

Der Arbeitgeber bzw. die Betriebsparteien sind bei der Gestaltung der Pausenzeiten insbesondere an die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 ArbZG gebunden.

  • Festlegung im Voraus
  • Unterbrechung der Arbeitszeit – Ruhepausen dürfen nicht zu Beginn oder am Ende des Arbeitseinsatzes liegen
  • Die Länge richtet sich nach der täglichen Arbeitszeit, erforderlich sind bei einer Arbeitszeit von
    • bis zu sechs Stunden = keine Pause
    • mehr als sechs bis zu neun Stunden = 30 Minuten Pause
    • mehr als neun Stunden = 45 Minuten Pause
  • Möglichkeit zur Aufteilung in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten
  • Keine Beschäftigung länger als sechs Stunden hintereinander ohne Ruhepause

Wer als Arbeitgeber entgegen § 4 ArbZG Ruhepausen nicht, nicht mit der vorgeschriebenen Mindestdauer oder nicht rechtzeitig gewährt, handelt ordnungswidrig und macht sich ggf. sogar strafbar (§§ 22, 23 ArbZG). Restriktivere Vorschriften finden sich zudem u.a. im JArbSchG.

Stolperfallen

Die Festlegung von Ruhepausen ist jedoch nicht immer unproblematisch, wie die nachfolgenden Beispiele eindrücklich zeigen:

  • Arbeitgeber sollten darauf achten, Pausenanordnungen für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer zu treffen, deren tägliche Arbeitszeit in der Regel eigentlich keine Pause erfordert, sofern diese Überstunden leisten. In dem zugrundeliegenden Fall (BAG vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 51/24), leistete eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin Überstunden über das im Dienstplan festgesetzte tägliche Arbeitsende hinaus. Die Pausenregelung der Betriebsvereinbarung erfasste die Arbeitnehmerin nicht. Die Betriebsvereinbarung sah weder bei einer nicht mehr als sechs Stunden dauernden Arbeitszeit eine Unterbrechung der Arbeitszeit für eine Ruhepause vor, noch enthielt sie eine Bestimmung zur Durchführung von Pausen für den Fall, dass ein Teilzeitbeschäftigter zu der definierten Festpausenzeit noch gar nicht erkennen kann, dass er an diesem Arbeitstag eine Pause in Anspruch nehmen muss.
  • Arbeitgeber können Mindestpausen nur dann pauschal von der Arbeitszeit in Abzug bringen, wenn eine verbindliche Regelung bezüglich der Lage der Pause Das LAG Köln entschied am 16. Februar 2017 (7 Sa 577/16), dass eine Arbeitgeberin zu einem pauschalen Zeitabzug der Mindestpause von 30 Minuten nicht berechtigt war. Diese konnte nicht darlegen und beweisen, dass sie gegenüber einer Arbeitnehmerin ordnungsgemäß Ruhepausen festgelegt bzw. angeordnet hat und/oder dass die Arbeitnehmerin solche Ruhepausen tatsächlich in Anspruch nehmen konnte und in Anspruch genommen hat.
  • Dass Arbeitgeber nicht nur verpflichtet sind, Pausenregelungen aufzustellen, sondern auch sicherstellen müssen, dass die Pausen von den Arbeitnehmern auch in Anspruch genommen werden können, hielt das BAG bereits in seiner Entscheidung vom 23. September 1992 – 4 AZR 562/91 Es war der Ansicht, dass eine Arbeitgeberin dieser Verpflichtung hinreichend nachgekommen ist, indem sie die Pausenzeiten verbindlich für die Nachtstunden festsetzte, in denen mit dem geringsten Arbeitsanfall zu rechnen war, und ihrem Pflegepersonal ausdrücklich gestattet, diese Zeiten beliebig zu gestalten und eventuelle Klingelzeichen der Heimbewohner außer Acht zu lassen.
  • Bei der Delegation des Rechts zur Bestimmung der Ruhepausen an einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, bleiben Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass eine Pausenregelung zustande kommt und durchgeführt In der Entscheidung des BAG vom 27. Februar 1992 (6 AZR 478/90) hatte ein Arbeitgeber seine Pflicht, eine Ruhepause zu gewähren, nicht erfüllt. Er hatte einer Gruppe von Arbeitnehmern überlassen, einvernehmlich die Ruhepause zu regeln. Die Arbeitnehmer hatten jedoch keine Regelung getroffen; sie blieben in Arbeitsbereitschaft.
Fazit

Arbeitgeber sollten das Thema Ruhepausen und deren Einhaltung daher nicht vernachlässigen. Dies ist nicht nur aus Gründen der HR-Compliance relevant, sondern auch mit Blick auf die dauerhafte Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung.

Franziska Wasem

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Senior Associate
Franziska Wasem berät und vertritt nationale wie internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der laufenden arbeitsrechtlichen Beratung von Unternehmen sowie in der Betreuung von Kündigungsschutzstreitigkeiten.
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