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Flexible Gestaltung von Arbeitsverhältnissen durch auflösende Bedingungen

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Ein Arbeitsverhältnis, das automatisch mit dem Eintritt eines ungewissen Ereignisses endet, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen werden muss und die damit verbundenen Unsicherheiten entstehen. Das klingt nach einer flexiblen Lösung für Arbeitgeber, um eine dauerhafte Bindung in bestimmten Konstellationen zu vermeiden. Gerade diese Flexibilität ist aber auch die Ursache dafür, dass auflösende Bedingungen nur mit Sachgrund verwendet werden können. Zudem müssen einige überwindbare Hürden und Formalien berücksichtigt werden. Nachfolgend ein Überblick dazu, was es zu beachten gilt, welche auflösenden Bedingungen die Rechtsprechung anerkennt und welche Vorteile zu erwarten sind.

Rechtsrahmen für auflösende Bedingungen – früher und heute

Vor Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) galt der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Unterfall des befristeten Arbeitsvertrags gemäß § 620 Abs. 1 BGB (BAG v. 15.3.1991 – 2 AZR 516/90). Dabei unterlagen auflösende Bedingungen jedoch besonders strengen Anforderungen. Dies vor allem, weil sie zur unmittelbaren Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen (insbes. § 1 KSchG, § 626 BGB) einzuhalten sind. Mit Einführung des TzBfG sind diese Voraussetzungen nunmehr klar gesetzlich normiert. Seitdem unterfallen auflösende Bedingungen im Wesentlichen, aber nicht uneingeschränkt, denselben Regelungen wie befristete Arbeitsverhältnisse. Überdies werden auflösende Bedingungen regelmäßig in Formulararbeitsverträgen gebraucht, sodass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Dann müssen diese zudem einer AGB-Kontrolle standhalten.

Checkliste für auflösende Bedingungen

21 TzBfG erklärt eine Reihe von Vorschriften des TzBfG für die Befristungskontrolle für anwendbar. Damit eine auflösende Bedingung bei einer Überprüfung durch Gerichte Bestand hat, bedürfen nachfolgende Punkte besonderer Beachtung.

Wichtigste Voraussetzung der auflösenden Bedingung: Sie bedarf stets eines sachlichen Grundes. Eine „sachgrundlose Bedingung“ ist im Gesetz nicht vorgesehen. Grundsätzlich können alle Gründe, die eine Befristung rechtfertigen, auch eine auflösende Bedingung legitimieren. Dazu zählen die in § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG genannten, nicht abschließenden Gründe. Es kann auch ein unbenannter sachlicher Grund zur Rechtfertigung herangezogen, sofern dieser den darin festgelegten Wertmaßstäben entspricht. Dabei ist jedoch besondere Vorsicht walten zu lassen und die einschlägige Rechtsprechung zu überprüfen. Bedeutendster Sachgrund ist in der Praxis der in der Person des Arbeitnehmers liegende Grund (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG).

Ein auflösend bedingter Arbeitsvertrag muss zu seiner Wirksamkeit überdies stets schriftlich, d.h. eigenhändig mit Namensunterschrift unterzeichnet, abgeschlossen werden (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Dies gilt es insbesondere auch bei der nachträglichen Aufnahme einer auflösenden Bedingung in den Arbeitsvertrag zu berücksichtigen. Wichtig ist zudem, dass die auflösende Bedingung selbst, also das Ereignis, dass zur Beendigung führen soll, ausdrücklich und objektiv bestimmbar schriftlich niedergelegt wird – und zwar so, dass aus dem Text der Klausel im Streitfall ohne relevante Zweifel ersichtlich ist, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht.

Denn da es sich regelmäßig um AGB handelt, gilt für die Formulierung auflösender Bedingungen auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.  Wertungsspielräume oder die Verwendung zweideutiger Begriffe und Formulierungen, die auch eine andere Lesart zulassen, machen die Klausel intransparent und damit unwirksam.

Blick in die Praxis

Auflösende Bedingungen können in der Praxis häufig Sinn ergeben. Ein Blick auf die Rechtsprechung zeigt, welche Anwendungsfälle die Praxis beschäftigen.

Als Sachgrund für eine auflösende Bedingung kommt vor allem der Wegfall persönlicher Eignungsmerkmale oder der Entzug für den Job notwendiger Erlaubnisse oder Lizenzen in Betracht. Beispiele sind hier etwa die Flugdienstuntauglichkeit bei Flugbegleitern oder der Entzug einer Bewachungserlaubnis eines Wachmanns. Dies jedenfalls dann, wenn im Unternehmen keine sonstige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht (vgl. z.B. BAG v. 20.5.2020 – 7 AZR 100/19). Auch ist der Einsatz einer auflösenden Bedingung im Fall des Nichtbestehens einer notwendigen Einstellungsuntersuchung denkbar.

Der Arbeitsvertrag kann und wird häufig ferner zulässigerweise auch unter die auflösende Bedingung gestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu dem Zeitpunkt endet, an dem der zuständige Rentenversicherungsträger dem Arbeitnehmer eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt (BAG v. 20.6.2018 – 7 AZR 737/16).  Offen gelassen hat das BAG dabei, ob auch schon die abstrakte Möglichkeit zur Beantragung einer solchen als Sachgrund ausreichen kann.

Vorsicht ist hingegen bei Klauseln geboten, die ein Ausscheiden aufgrund des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze vorsehen. Diese ist insbesondere aufgrund europarechtlicher Bestimmung zur Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung nur noch in besonderen Ausnahmefällen als Sachgrund anerkannt.

Flexibilität und Rechtssicherheit bei sorgsamer Ausgestaltung

Wird die auflösende Bedingung sorgfältig und nach Maßgabe der vorbenannten Eckpunkte ausgestaltet, bietet sie eine rechtssichere und schnelle Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne viel „Papierkram“. Eine Formalie ist dabei jedoch zu berücksichtigen: Der Arbeitsvertrag endet mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung, aber frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers über diesen Zeitpunkt (§ 15 Abs. 2 TzBfG). Für beide Vertragsparteien ist mit Aufnahme einer auflösenden Bedingung genau absehbar und damit planbar, in welchem Fall das Arbeitsverhältnis endet. Der Arbeitgeber vermeidet zudem fehleranfällige Kündigungen und eine Auseinandersetzung in langwierigen Kündigungsschutzverfahren. Neben der Befristung kann daher auch der Einsatz auflösender Bedingungen eine sinnvolle Gestaltungsoption sein. Zur ebenfalls flexiblen und praxisnahen Befristung einzelner Arbeitsbedingungen siehe hier: Aufstieg auf Zeit: Wie die flexible Befristung einzelner Arbeitsbedingungen gelingt – Kliemt.blog.

Lukas Forte

Rechtsanwalt

Associate
Lukas Forte berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät er seine Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung".
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