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Politikwandel in den USA: Die Abschaffung von DEI-Maßnahmen und ihre möglichen Folgen

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Im Januar 2025 leitete US-Präsident Donald Trump mit zwei weitreichenden Exekutivanordnungen einen deutlichen Kurswechsel in der US-amerikanischen Politik zur Förderung von Diversität ein. Die Anordnungen zielen darauf ab, sowohl bestehende bundesweite Maßnahmen zur Förderung von Diversität und Inklusion (sogenannte Diversity, Equity, and Inclusion-Maßnahmen, kurz DEI) abzuschaffen, als auch den Rückbau von DEI-Maßnahmen in privaten Unternehmen zu erzwingen.

I. Inhalt der Exekutivanordnungen vom 20. und 21. Januar 2025

Die am 20. Januar 2025 erlassene Exekutivanordnung „Ending Radical and Wasteful Government DEI Programs and Preferencing“ beendet sämtliche DEI-bezogenen Programme, Initiativen und Mandate in allen staatlichen Bereichen. Zu diesem Zwecke werden sämtliche Mitarbeiter in DEI-bezogenen Positionen beurlaubt und später entlassen. Zudem sollen interne DEI-Maßnahmen, wie spezielle Büros, Trainings- und Förderprogramme, abgeschafft werden.

Mit der Exekutivanordnung „Ending Illegal Discrimination And Restoring Merit-Based Opportunity” vom 21. Januar 2025 wird das Ziel der Abschaffung von DEI-Förderung auf den privaten Sektor ausgeweitet. Der Anordnung zufolge verstoßen DEI-Programme in Unternehmen gegen Bundesbürgerrechtsgesetze, untergraben die nationale Einheit und gefährden die Sicherheit der Amerikaner, „da sie die traditionellen amerikanischen Werte harter Arbeit, hervorragender Leistungen und individueller Errungenschaften zugunsten eines ungesetzlichen, zersetzenden und schädlichen identitätsbasierten Ausbeutungssystems leugnen, diskreditieren und untergraben.“ Die vor allem unter der Regierung Biden eingeführten DEI-Maßnahmen hätten demnach ihren Zweck verfehlt und stattdessen zu einer „umgekehrten Diskriminierung“ geführt.

Der Generalstaatsanwalt soll nun innerhalb von 120 Tagen nach Erlass der Exekutivanordnung einen Bericht vorlegen, in dem unter anderem die „diskriminierenden DEI-Praktiken“ identifiziert werden und Strategien vorgeschlagen werden, um den privaten Sektor zur Beendigung solcher „Diskriminierungen“ anzuhalten. Die Anordnung verlangt dabei ausdrücklich, dass der Bericht Empfehlungen jeder Bundesbehörde enthält. Diese sollen bis zu neun potenzielle Compliance-Untersuchungen gegen börsennotierte Unternehmen, Verbände oder Stiftungen mit einem Vermögen von mehr als 500 Millionen Dollar benennen.

II. Neue Anforderungen an US-Unternehmen

Die Exekutivanordnungen haben weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, die auf dem US-Markt tätig sind. Da der Kampf der neuen US-Regierung gegen DEI-Maßnahmen ausdrücklich auch den privaten Sektor betrifft, stehen Unternehmen vor einem erheblichen finanziellen Risiko, wenn sie an solchen Programmen festhalten. Zum einen drohen potenzielle Klagen wegen „umgekehrter Diskriminierung“, die die Exekutivanordnung vom 21. Januar 2025 ausdrücklich als potenzielles Mittel zur Durchsetzung der neuen Politik nennt. Zum anderen soll im Rahmen des Bundesbeschaffungswesens künftig verpflichtend sichergestellt werden, dass Personalentscheidungen ausschließlich auf Grundlage von Verdienst und Leistung getroffen werden – DEI-Kriterien dürfen dabei keine Rolle spielen. Unternehmen, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, riskieren den Ausschluss von staatlichen Aufträgen.

III. Auswirkungen in Deutschland

Eine Auswirkung der Exekutivanordnungen auf multinationale Unternehmen, die sowohl in den USA als auch in Deutschland tätig sind, erscheint nicht ausgeschlossen. Diese Unternehmen sind gehalten, ihre internen DEI-Maßnahmen zumindest für die USA zu überprüfen. So könnten aber auch DEI-Programme außerhalb der USA und damit zum Beispiel in Deutschland in den Fokus geraten, insbesondere im Rahmen der angekündigten Compliance-Untersuchungen börsennotierter Unternehmen mit einem Vermögen von mehr als 500 Millionen Dollar. Es ist nicht auszuschließen, dass US-Behörden DEI-Maßnahmen im Ausland – einschließlich Deutschland – kritisch betrachten. Allerdings dürften sich die Untersuchungen hinsichtlich „umgekehrter Diskriminierung“ vorrangig auf Maßnahmen in den USA konzentrieren.

Zu beachten ist insoweit, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland erheblich unterscheiden und weiterhin eine Vielzahl von Gesetzen in Deutschland bestehen, die Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion fördern und Diskriminierung verhindern sollen. Ein zentrales Gesetz ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Benachteiligungen aufgrund von Merkmalen wie ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung im privaten Rechtsverkehr verbietet. Arbeitgeber, die gegen dieses Verbot verstoßen, können gemäß § 15 AGG zu Schadensersatz verpflichtet werden. Des Weiteren regelt beispielsweise das Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II), dass börsennotierte Unternehmen mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern mindestens eine Frau in den Vorstand berufen müssen. Für Menschen mit Behinderungen schafft das Neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) Regelungen zur Förderung der Inklusion und verpflichtet größere Unternehmen, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Im öffentlichen Sektor sorgt das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) für Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen innerhalb der Bundesverwaltung. Ergänzend dazu existieren Landesgleichstellungsgesetze, die vergleichbare Regelungen für die Verwaltungen der Bundesländer vorsehen.

In Deutschland gibt es also weiterhin zahlreiche gesetzliche DEI-Vorgaben, die einzuhalten sind. Das birgt Konfliktpotential für die neue Politik aus den USA. Es könnte diesbezüglich eine Möglichkeit darstellen, die bisherigen Programme begrifflich anzupassen. Bestehende Abteilungen in Deutschland, die unter dem Begriff „Diversity, Equity and Inclusion“ (DEI) oder ähnlichen Bezeichnungen geführt werden, könnten umbenannt werden. Die neue Bezeichnung sollte deutlich machen, dass der Fokus der Abteilung nicht auf politisch motivierten Maßnahmen liegt, sondern auf der praktischen Umsetzung bestehender deutscher Gesetze.

Für Initiativen in den USA selbst scheint diese Umformulierung jedenfalls keine Alternative zu sein – als beispielsweise die Aktionäre von Apple am 25. Februar 2025 auf der Hauptversammlung für die Beibehaltung der Diversitätsprogramme gestimmt haben, fand Präsident Trump hierzu am Folgetag, den 26. Februar 2025, klare Worte über die Plattform Truth Social: „APPLE SHOULD GET RID OF DEI RULES, NOT JUST MAKE ADJUSTMENTS TO THEM. DIE WAS A HOAX THAT HAS BEEN VERY BAD FOR OUR COUNTRY. DEI IS DONE!!!”. Eine einfache Anpassung in den USA ist damit jedenfalls scheinbar keine Möglichkeit.

Dr. Burkard Göpfert, LL.M.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Burkard Göpfert berät und verhandelt komplexe Transformations-, Integrations- und Restruk­tu­rierungs­pro­jekte und unterstützt Sozialpartner bei der Lösung schwieriger Herausforderungen. Seine Schwerpunkte liegen in der Metall-, Montan- und Chemieindustrie und decken Sozialplan-, Sozialtarif- und Tarifverhandlungen wie auch die Entwicklung moderner Transformationseinheiten und -gesellschaften. Er ist Autor und (Mit)-Herausgeber zahl­rei­cher Fachbücher zu den Themen Umstruk­tu­rie­rung und Arbeitsrecht sowie Lehr­be­auf­trag­ter an der Frankfurt School of Finance und an der Universität Passau. Er leitet seit 20 Jahren die Jahrestagung „Restrukturierung“ des Han­dels­blatts. Burkard Göpfert ist u.a. Mitherausgeber der ZIP.

Maximilian Melles

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Counsel
Maximilian Melles berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen in sämtlichen Bereichen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Neben Restrukturierungsprojekten berät er seine Mandanten zudem in Kündigungsrechtsstreitigkeiten, im Bereich des Betriebsverfassungsrechts sowie in der Vertragsgestaltung. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Private Equity / M&A".
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