Gesetzesänderungen in diesem Jahr bieten für Arbeitgeber die Möglichkeit, ein paar arbeitsrechtliche Prozesse zu vereinfachen und zu digitalisieren. Unternehmen sollten sich aber auch auf neue Verpflichtungen, z.B. aufgrund des AI Acts der EU, einstellen.
Digitaler Abschluss von Arbeitsverträgen kann zukünftig praktikabel sein
Ein Arbeitsvertrag kann formfrei geschlossen werden, also z.B. auch per E-Mail. Allerdings ergab dies bisher wenig Sinn, weil die wesentlichen Vertragsbedingungen sowieso nach § 2 Nachweisgesetz schriftlich festgehalten werden mussten. Diese Hürde des schriftlichen Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen besteht nun nicht mehr in allen Fällen. Ab dem 1. Januar 2025 sieht § 2 Nachweisgesetz vor, dass der Nachweis auch in Textform gemäß § 126b BGB erbracht werden kann. Damit genügt für den Nachweis jede Erklärung, die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Eine handschriftliche Unterschrift, die bei der Schriftform erforderlich ist, ist nicht mehr zwingend vonnöten. Daher kann es nun praktikabel sein, einen Arbeitsvertrag als PDF-Datei im Anhang einer E-Mail, anstatt mit der Post, zu versenden. Ein zukünftiger Mitarbeiter muss dann nur diese PDF-Datei unterschreiben. Besondere Voraussetzungen, wie die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur, bestehen dabei nicht. Allerdings gilt diese Formerleichterung nicht in allen Fällen. So kann ein Mitarbeiter einen schriftlichen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen verlangen. Unter diesen Umständen dürfte es wieder wenig Sinn ergeben, den Arbeitsvertrag selbst nicht schriftlich abzuschließen und als Nachweis zu verwenden. Von der Formerleichterung werden zudem bestimmte Branchen nach § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ausgenommen. Zu diesen zählen unter anderen das Baugewerbe, das Hotel- und Gaststättengewerbe oder das Logistikgewerbe. Außerdem müssen nachvertragliche Wettbewerbsabreden nach § 74 Abs. 1 HGB weiterhin schriftlich festgehalten werden. Arbeitsverträge, die diese Klauseln enthalten, sollten daher sinnvollerweise insgesamt schriftlich abgeschlossen werden, um ein einheitliches Dokument über alle vertraglichen Regeln zu haben. Zudem setzen wirksame Befristungsklauseln nach § 14 Abs. 4 TzBfG weiterhin die Schriftform voraus. Auch Arbeitsverträge mit diesen Klauseln sollten daher insgesamt schriftlich abgeschlossen werden. Das BAG geht zwar davon aus, dass ein Vertrag, in dem geregelt ist, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze endet, befristet ist. Der Gesetzgeber hat aber in § 41 Abs. 2 SGB VI geregelt, dass diese spezifische Befristungsvereinbarung nur der Text- und nicht der Schriftform bedarf. Damit bleibt ein Anwendungsbereich für die Formerleichterung.
Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter bei der Übermittlung der wesentlichen Vertragsbedingungen auffordern, einen Empfangsnachweis abzugeben. Daher sollte bei der Versendung eines Arbeitsvertrages eine Lesebestätigung angefordert werden, worauf im besten Falle in einer Begleit-E-Mail hingewiesen wird, damit der Mitarbeiter den Zweck der Lesebestätigung nachvollziehen kann und kooperiert. Das Dokument über die wesentlichen Vertragsbedingungen muss dem Mitarbeiter zugänglich und gespeichert sein. Daher bietet es sich an, das Dokument dem Mitarbeiter auch an seinen dienstlichen E-Mail-Account zu senden und es in einem firmeninternen HR-Tool zu hinterlegen. Beim Vorhandensein eines Betriebsrates sollte geprüft werden, ob der Betriebsrat wegen der Anforderung der Lesebestätigung ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG haben könnte.
Digitale Arbeitszeugnisse können zukünftig erteilt werden
Arbeitszeugnisse können ab dem 01.01.2025 nach § 109 Abs. 3 der Gewerbeordnung auch in elektronischer Form erstellt werden, wenn der Mitarbeiter in dieses Vorgehen einwilligt. Vor dem Rückgriff auf diese Form sollte aber bedacht werden, dass die elektronische Form nach § 126a Abs. 1 BGB eine qualifizierte elektronische Signatur des Ausstellers voraussetzt. Damit müssen die Voraussetzungen der Artikel 26 ff. der eIDAS-Verordnung erfüllt werden. Vor diesem Hintergrund dürfte die elektronische Erstellung eines Zeugnisses nur praktikabel sein, wenn die technischen Voraussetzungen für qualifizierte elektronische Signaturen im Unternehmen bereits bestehen.
Ersetzung der Schriftform durch die Textform bei Elternzeit, Pflegezeit, Arbeitnehmerüberlassungen
Schriftformerfordernisse wurden auch in anderen Fällen aufgehoben. So können Arbeitnehmerüberlassungsverträge zwischen Verleih- und Entleihunternehmen nach § 12 Abs. 1 S. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ab jetzt in Textform abgeschlossen werden. Dementsprechend wurde gemäß § 14 Abs. 3 S. 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz auch die Mitteilungspflicht des Entleihers an seinen Betriebsrat angepasst. Dem Betriebsrat muss keine schriftliche Erklärung des Verleihers über seine Erlaubnis zum Verleih mehr vorgelegt werden. Die Vorlage einer in Textform gehaltenen Erklärung über die Erlaubnis aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag reicht zur Beteiligung des Betriebsrates aus.
Zudem können Mitarbeiter ab diesem Jahr nach § 3 Abs. 3 Pflegezeitgesetz bzw. § 2a Abs. 1 Familienpflegezeitgesetz ihre Rechte auf Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit in Textform geltend machen.
Mitarbeiter können des Weiteren ab dem 1. Mai 2025 ihren Anspruch auf Elternzeit nach §§ 16 Abs. 1, 15 Abs. 5,7 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in Textform, also z.B. per E-Mail, geltend machen. Umgekehrt kann der Arbeitgeber das Verlangen zukünftig in Textform mit Begründung ablehnen, § 15 Abs. 7 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes. Bei einer Ablehnung per E-Mail sollte allerdings zu Beweiszwecken eine Lesebestätigung angefordert werden.
Zukünftige Verpflichtungen aus dem AI Act der EU
Unternehmen sollten sich kurz- und mittelfristig darauf einstellen, die Verpflichtungen aus dem AI Act der EU einzuhalten. Diese Verordnung wird in unterschiedlichen Schritten geltendes Recht. Ab dem 1. Februar 2025 müssen Betreiber von KI-Systemen nach Artikel 4 Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass ihr Personal und andere beauftragte Personen über ein ausreichendes Maß an KI-Kompetenz verfügen. Zudem sind ab diesem Zeitpunkt nach Artikel 5 bestimmte Praktiken verboten, z.B. die Inbetriebnahme oder Verwendung von KI-Systemen zur Ableitung von Emotionen einer natürlichen Person am Arbeitsplatz oder die Inbetriebnahme oder Verwendung von Systemen zur biometrischen Kategorisierung, mit denen Personen kategorisiert werden, um ihre Gewerkschaftszugehörigkeit zu erschließen oder abzuleiten. Ab dem 1. August 2025 gelten sodann weitere Pflichten, vor allem für Anbieter von KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck, die z.B. Informationen dokumentieren müssen. Diese Verpflichtung mag auf den ersten Blick nicht viele Unternehmen betreffen, allerdings sollte beachtet werden, dass ein Unternehmen nach Artikel 3 der Verordnung z.B. dadurch zum Anbieter wird, dass es ein KI-System unter seinem Unternehmensnamen in Betrieb nimmt. Zudem sind ab diesem Datum die nach Artikel 5 verbotenen KI-Praktiken bußgeldbewehrt. Mittelfristig, ab dem 2. August 2026, gelten weitere Pflichten, z.B. nach Art. 26 der Verordnung Aufbewahrungspflichten für die Betreiber von Hochrisiko-KI-Systemen. Als Hochrisiko-KI-Systeme gelten dabei nach Anhang III der Verordnung KI-Systeme, die bestimmungsgemäß für die Einstellung oder Auswahl natürlicher Personen verwendet werden sollen, insbesondere um gezielte Stellenanzeigen zu schalten, Bewerbungen zu sichten oder zu filtern und Bewerber zu bewerten oder KI-Systeme, die bestimmungsgemäß für Entscheidungen, die die Bedingungen von Arbeitsverhältnissen, Beförderungen und Kündigungen von Arbeitsvertragsverhältnissen beeinflussen, verwendet werden sollen. Die Pflichten der Betreiber sind bußgeldbewehrt, daher sollten sich Unternehmen mit genügend Vorlauf vorbereiten, um die erforderlichen Prozesse einzuleiten.