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Die GbR als Arbeitgeber – was hat sich 2024 bei der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses geändert?

Viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) und auch Zusammenschlüsse von Freiberuflern, wie zum Beispiel Arztpraxen, Architektenbüros oder auch Anwälten, sind als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert. Sie spielen als Arbeitgeber eine wichtige Rolle und gar nicht so selten kommt es vor, dass sich nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die Gesellschafter im Unklaren darüber befinden, wie die Gesellschaft nach außen wirksam handeln, etwa wirksame Kündigungen erklären kann. Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) hat zum 1. Januar 2024 arbeitsrechtlich relevante Neuerungen gebracht, die wir nachfolgend erläutern und in den bisherigen Kontext stellen.

A. Die Neuerung: Ein Gesellschaftsregister für die GbR

Bisher war die GbR eine eher „unsichtbare“ Gesellschaftsform – es gab keine Pflicht, sie ins Handelsregister einzutragen, was für Außenstehende oft zu Unklarheiten etwa zur Vertretungsmacht im Außenverhältnis führte. Mit dem MoPeG hat sich dies geändert: Seit diesem Jahr kann eine GbR freiwillig in das neu geschaffene Gesellschaftsregister eingetragen werden, § 707 BGB. Eine eingetragene GbR muss dann den Zusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder auch nur kurz „eGbR“ führen, der auf ihre neue Rechtsform hinweist, § 707a BGB.

Die Eintragung schafft mehr Transparenz, vor allem in Bezug auf den Gesellschaftsnamen, die Gesellschafter und – aus Sicht des Arbeitsrechts besonders wichtig – die Vertretungsbefugnis der einzelnen Gesellschafter. Arbeitnehmer können so schneller erkennen, wer in einer eGbR tatsächlich berechtigt ist, eine Kündigung auszusprechen. Doch was bedeutet das konkret für Kündigungen?

B. Kündigung durch eine GbR: Wer kann kündigen?
  1. Kündigung durch eine nicht eingetragene GbR

Wird eine GbR nicht im Gesellschaftsregister eingetragen, gelten die bisherigen Regelungen weiter. Es liegt dann in der Zuständigkeit aller Gesellschafter, gemeinsam eine Kündigung zu erklären und diese auch wirksam handschriftlich zu unterzeichnen. Denn das ist in der GbR der gesetzliche Regelfall. Etwas anderes gilt dann, wenn im Gesellschaftsvertrag das Alleinvertretungsrecht eines bestimmten Gesellschafters geregelt ist. In diesem Fall muss jener alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter jedoch dem zu kündigenden Arbeitnehmer nachweisen, dass er tatsächlich dazu befugt ist, zum Beispiel durch eine Vollmacht, handschriftlich unterzeichnet von allen anderen Gesellschaftern, die dem Gekündigten zusammen mit dem Kündigungsschreiben übergeben wird. Wichtig ist es zu wissen, dass der Gesellschaftsvertrag als solcher als Vertretungsnachweis nicht genügt, denn dessen Inhalt ist ja dem Arbeitnehmer nur selten bekannt und liegt ihm schon gar nicht im Original mit den erforderlichen Unterschriften vor. Fehlt es an einem ausreichenden Nachweis der Kündigungsvollmacht im Moment der Kündigungserklärung, so kann der Arbeitnehmer die Kündigung (unverzüglich) zurückweisen (§174 BGB), weil es sich in diesem Fall um eine rechtsgeschäftliche Vertretung der GbR handelt. Ausgeschlossen wäre die Zurückweisung nur, wenn der Gekündigte anderweitig von der Vertretungsbefugnis des unterzeichnenden Gesellschafters erfahren hätte, etwa durch eine formwirksame und dem Arbeitnehmer auch nachweislich zugegangene Erklärung im Vorfeld. Die Praxis zeigt: Hier entbrennt regelmäßig Streit (vor dem Arbeitsgericht)!

  1. Besonderheit für die eingetragene GbR (eGbR)

Bei einer eGbR kann die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter im neuen Gesellschaftsregister eingetragen werden. Das schafft Klarheit und Sicherheit: Ein Arbeitnehmer kann die Kündigung nicht mehr mit der Begründung zurückweisen, es habe keine Vollmachtsurkunde vorgelegen. Das Gesellschaftsregister übernimmt diese Nachweisfunktion. Ob der Arbeitnehmer ins Gesellschaftsregister Einblick genommen hat, spielt dabei keine Rolle. Er könnte Einblick nehmen und das genügt für die sogenannte Publizitätswirkung.

C. Was bedeutet die eGbR für Arbeitnehmer?

Die Eintragung in das Gesellschaftsregister bedeutet für Arbeitnehmer mehr Klarheit, da die Vertretungsverhältnisse öffentlich einsehbar sind. Gleichzeitig wird es schwieriger, einseitige Rechtsgeschäfte wie beispielsweise eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund vermeintlich fehlender Vollmacht des Kündigenden zurückzuweisen.

D. Was bedeutet die eGbR für Arbeitgeber?

Für Arbeitgeber, die als GbR organisiert sind, bietet die Eintragung in das Gesellschaftsregister deutliche Vorteile. Besonders nützlich ist das Register in Fällen, die eine schnelle Entscheidung erfordern, etwa bei einer fristlosen Kündigung, bei der nach Feststellung der Kündigungsumstände die Kündigung innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden muss: Einer der alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter kann die Kündigung aussprechen und unterzeichnen, ohne auf ggf. ortsabwesende Gesellschafter zur Erteilung einer Vollmachturkunde warten zu müssen, da sich seine Befugnis hierzu bereits transparent aus dem Register ergibt. Die Eintragung ist freiwillig, aber sie könnte für viele Unternehmen attraktiv sein, die häufig Entscheidungen in kleiner Besetzung treffen müssen. Etwaige Vereinbarungen im Innenverhältnis der Gesellschafter, etwa wann von der Alleinvertretungsbefugnis Gebrauch gemacht werden darf und ob nicht zumindest eine telefonische Beratung vorab erforderlich ist, haben keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der einmal erklärten Kündigung.

E. Fazit

Das MoPeG und das neue Gesellschaftsregister haben Transparenz und Rechtssicherheit für eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts gebracht. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist dies ein Vorteil: Arbeitnehmer wissen genau, wer berechtigt ist, eine Kündigung auszusprechen, und Arbeitgeber profitieren von einfacheren Prozessen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen.

Stefan Fischer

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Stefan Fischer berät nationale und internationale Unternehmen umfassend vor allem in betriebsverfassungsrechtlichen und tarifrechtlichen Themen, etwa bei Restrukturierungs- einschließlich Integrationsmaßnahmen oder bei (Sanierungs-)Tarifverträgen, sowie bei der Verhandlung von Betriebsvereinbarungen (u.a. zur Vergütung, zur Arbeitszeit, zu IT-Einführung, Einführung neuer Arbeitsmethoden). Er ist außerdem sehr erfahren in der arbeitsgerichtlichen Prozessführung, u.a. im Zusammenhang mit Compliance-Fragen, sowie in der Gestaltung und Beendigung von Dienstverträgen von Vorständen und Geschäftsführern. Stefan Fischer ist aktives Mitglied in der International Practice Group für Global Mobility/Immigration von Ius Laboris. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Aufsichtsratsberatung".
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