open search
close
Betriebliche Altersvorsorge Neueste Beiträge

Die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen für Organmitglieder

Print Friendly, PDF & Email

Die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen ist seit einigen Jahren ein Dauerbrenner im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Im Fokus stehen dabei oftmals große Rentnerbestände, die im Wege einer umwandlungsrechtlichen Spaltung auf eine sogenannte Rentnergesellschaft übertragen werden sollen. Immer häufiger beschäftigen sich Unternehmen indes auch mit der Frage, wie sie einzelne Versorgungsverbindlichkeiten auslagern können, insbesondere die (oftmals besonders kostspieligen) Rentenzusagen an Geschäftsführer oder Vorstände. Wir zeigen auf, welche Gestaltungsmöglichkeiten hierbei bestehen.

Die umwandlungsrechtliche Lösung

Genauso wie bei einer Vielzahl von Versorgungsverpflichtungen kommt theoretisch auch bei einer einzelnen Pensionszusage die Auslagerung auf eine Rentnergesellschaft im Wege der umwandlungsrechtlichen Spaltung in Betracht.

Der damit einhergehende Kosten- und Zeitaufwand für den Abschluss des erforderlichen Spaltungsvertrages und die Eintragung der Spaltung im Handelsregister erscheint den betroffenen Unternehmen jedoch oftmals unverhältnismäßig hoch. Zudem hat die umwandlungsrechtliche Auslagerung generell einen Haken: Die übertragende Gesellschaft wird nicht sofort von sämtlichen Verpflichtungen aus der Zusage frei. Vielmehr unterliegt sie nach § 133 Abs. 3 Satz 3 UmwG einer zehnjährigen gesamtschuldnerischen Nachhaftung (hierzu bereits unser Blogbeitrag vom 14. Februar 2024).

Übertragung der Versorgungszusage im Wege eines dreiseitigen Vertrags

Als pragmatische Alternative zur umwandlungsrechtlichen Lösung kommt vor diesem Hintergrund die Übertragung der einzelnen Zusage auf eine Rentnergesellschaft im Wege eines dreiseitigen Vertrags zwischen Unternehmen, Rentnergesellschaft und Geschäftsführer/Vorstand in Betracht. Dieser dreiseitige Vertrag beinhaltet eine befreiende Schuldübernahme durch die aufnehmende (Rentner-)Gesellschaft. Der Vorteil: Die abgebende Gesellschaft wird sofort von der Haftung frei.

Was so simpel klingt, scheint bei einem kurzen Blick ins Gesetz überhaupt nicht zulässig. Denn die einzelvertragliche Übertragung von Pensionszusagen lässt das BetrAVG nur in engen Grenzen zu. Das Gesetz selbst sieht in § 4 Abs. 2 und 3 BetrAVG lediglich die Übertragung auf einen neuen Arbeitgeber des Versorgungsberechtigten vor. Eine Rentnergesellschaft ist jedoch gerade kein Folgearbeitgeber. Demnach müsste eine einzelvertragliche Übertragung nach § 4 Abs. 2 und 3 BetrAVG eigentlich ausscheiden, zumal die Regelungen des BetrAVG – und damit auch die Schranken des § 4 BetrAVG – gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG auch für Geschäftsführer einer GmbH und Vorstände einer AG gelten (jedenfalls dann, wenn sie nicht zugleich eine Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft halten, die ihnen einen beherrschenden Einfluss ermöglicht).

BGH und BAG geht allerdings übereinstimmend davon aus, dass bei Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft von den in  § 19 Abs. 1 BetrAVG genannten tarifdispositiven Regelungen des BetrAVG einzelvertraglich abgewichen werden kann (vgl. hierzu unseren Blogbeitrag vom 17. August 2017). Der Gedanke dahinter: Die Versorgung von Organmitgliedern soll nicht besser geschützt sein als die der Arbeitnehmer. Wenn jedoch nach § 19 Abs. 1 BetrAVG durch Tarifvertrag zu Lasten der Arbeitnehmer von bestimmten Regelungen abgewichen werden darf, müssen diese auch bei Organmitgliedern zur Disposition stehen – mangels Einschlägigkeit von Tarifverträgen dann eben per Einzelvertrag.

Zu diesen tarifdispositiven Regelungen zählt auch der § 4 BetrAVG. Diese Regelung sollte einer einzelvertraglichen Übertragung der Versorgungszusagen von Geschäftsführern und Vorständen auf eine Rentnergesellschaft daher nicht im Wege stehen.

Besonderheiten bei Statuswechsel

Für eine solche unkomplizierte Übertragung kann allerdings ein in der Vergangenheit erfolgter Statuswechsel zum Hindernis werden. War das Organmitglied ursprünglich Arbeitnehmer und hat als solcher Versorgungsanwartschaften erworben, unterliegt dieser Teil der Versorgung dem uneingeschränkten Schutz des BetrAVG. Diese Anwartschaften können daher nicht außerhalb der Grenzen des § 4 BetrAVG im Wege eines dreiseitigen Vertrages auf einen Dritten übertragen werden.

Fazit

Die Auslagerung von Pensionsverbindlichkeiten muss nicht immer kompliziert sein. Bei Organmitgliedern lassen sich durchaus pragmatische Lösung außerhalb der engen Grenzen des BetrAVG finden, beispielsweise die Übertragung auf eine Rentnergesellschaft per dreiseitigem Vertrag. Um dabei die passgenaue Lösung für die Auslagerung zu finden, ist allerdings ein Blick in die individuelle Versorgungshistorie unerlässlich. Zudem empfiehlt sich stets auch eine flankierende steuerrechtliche Prüfung der beabsichtigten Übertragung, um z.B. bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung abschätzen zu können.

Jochen Saal

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Jochen Saal berät Arbeitgeber und Füh­rungs­kräfte vor allem bei der Umsetzung jeglicher Umstruk­tu­rie­rungsmaßnahmen. Besondere Expertise besitzt Jochen Saal zudem im Bereich der betrieb­li­chen Alters­ver­sor­gung. Hier unterstützt er unter anderem bei der Ver­ein­heit­li­chung von Pen­si­ons­plä­nen, dem Out­sour­cing von Pensionsverpflichtungen sowie betriebs­ren­ten­recht­li­chen Fragen im Zusam­men­hang mit Betriebs­über­gän­gen. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Betriebliche Altersversorgung".
Verwandte Beiträge
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Top-Management Unternehmensführung

Zum Geschäftsführer „befördert“ – doch wo ist der Geschäftsführerdienstvertrag?

Zeichnet sich ein als Führungskraft bewährter Arbeitnehmer besonders aus, kommt es nicht selten vor, dass er zum (Fremd-)Geschäftsführer „befördert“, d.h. zum Organ der Gesellschaft bestellt wird. Wir zeigen auf, welche Folgen die „Beförderung“ eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer für das Rechtsverhältnis zur Gesellschaft hat. Wird ein Arbeitnehmer zum (Fremd-)Geschäftsführer „befördert“, schließen der neu zu bestellende Geschäftsführer und die Gesellschaft erstaunlich häufig keinen schriftlichen Geschäftsführerdienstvertrag ab. Die…
Individualarbeitsrecht Neueste Beiträge Top-Management Unternehmensführung

Zum Geschäftsführer „befördert“ und dennoch Arbeitnehmer - typische Formfehler

Ein in der Praxis nicht selten anzutreffender Fall: Ein Geschäftsführer beruft sich nach erfolgter Kündigung auf ein „ruhendes Arbeitsverhältnis“ und beansprucht arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz. Dieser Beitrag zeigt, wie sich die Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis auswirkt und welche Formvorschriften gelten. Die Aufhebung des bestehenden Arbeitsverhältnisses eines zum Geschäftsführer einer GmbH beförderten Arbeitnehmers beschäftigt Literatur und Arbeitsgerichte immer wieder – nur leider immer…
Neueste Beiträge Top-Management Vorstand und Aufsichtsrat

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – bei Organmitgliedern auch ohne Karenzentschädigung möglich

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern sind von großer praktischer Bedeutung. Da hier – anders als bei Arbeitnehmern – klare gesetzliche Regelungen fehlen, besteht aber vielfach Rechtsunsicherheit. Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt nunmehr die Vertragsfreiheit der Parteien: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss bei Organmitgliedern keine Gegenleistung in Form einer Karenzentschädigung vorsehen. Wird dennoch eine Karenzentschädigung vereinbart, kann wirksam vertraglich geregelt werden, dass diese bei Verstößen gegen das…
Abonnieren Sie den kostenfreien KLIEMT-Newsletter.
Jetzt anmelden und informiert bleiben.

 

Die Abmeldung ist jederzeit möglich.